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Wer nichts hat, kann alles geben

Wer nichts hat, kann alles geben

Titel: Wer nichts hat, kann alles geben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Rabeder
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eigentlich gewesen, Physiotherapeutin zu werden, dazu kam es aber nach Beendigung ihres Studiums genauso wenig wie dazu, als Lehrerin vor einer Klasse zu stehen. Stattdessen fing sie bei mir in der Firma an zu arbeiten, mit einem Jobprofil, das zwischen Büroorganisation und dem Design neuer Produkte hin und her pendelte.
    Die Entwicklung von »Karl Rabeder Kunsthandwerk« schritt zügig voran. Durch unsere kreativen Designs, die sich deutlich vom Mainstream abhoben, und unsere Zuverlässigkeit bekamen wir mehr und mehr Aufträge. Ich wurde bei den Verhandlungen im Auftreten souveräner und wir erhielten von unseren Geschäftspartnern das Vertrauen, das wir auch verdient hatten. Denn auf eines konnte man sich bei uns tatsächlich immer verlassen: dass wir genau die Qualität
lieferten, die wir versprachen. Das war von Beginn an meine oberste Maxime gewesen: Es gibt bei uns keine halben Sachen, unsere Produkte müssen den höchsten Ansprüchen genügen. Die Einhaltung dieses Gebots forderte ich von mir selbst ein, ich verlangte aber auch von allen anderen, die mit mir zusammenarbeiteten, sich daran zu halten.
    Unser erster Großauftrag waren Glücksbringer für den Jahreswechsel, mit denen wir die österreichweit tätige Supermarktkette »Konsum« belieferten. Deren Einkäufer hatte unsere Produkte auf einer Messe gesehen und wollte ausprobieren, wie ihre Kunden darauf reagierten. Bis dahin wurden bei »Konsum« nur kleine Marzipanschweinchen verkauft; wir dagegen hatten Schornsteinfeger, Fliegenpilze, Schweinchen und Kleeblätter aus zusammengeklebten und bemalten Flusssteinen im Angebot. Als ich mir die Bestellung ansah, wurde ich allerdings stutzig. Zur Kette gehörten etwa vierzig Supermärkte. Um sie alle mit unseren Talismanen auszustatten, war die Liefermenge eigentlich zu klein, andererseits war sie aber zu groß, um sie nur in einem Markt absetzen zu wollen.
    Bei der Nachbesprechung fragte ich den Einkäufer deshalb, wie es gelaufen sei. Er antwortete, zu seiner Zufriedenheit sei fast alles an den Mann gekommen. Er hatte die Produkte nicht auf Kommission gekauft, sondern sie mir zu einem vorher vereinbarten Preis abgenommen. Ich aber hakte nach: »Worüber ich mir schon lange den Kopf zerbreche – auf wie viele Standorte haben Sie unsere Figuren denn aufgeteilt?«

    »Natürlich auf alle«, erwiderte er.
    »Das ist aber nicht Ihr Ernst«, antwortete ich, »Sie haben jeweils eine kleine Box mit ein paar Schilling Gegenwert in jeden Supermarkt schicken lassen? Da steckt doch viel mehr Potenzial drin.«
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Ich weiß es, weil ich solche Produkte selbst draußen verkauft habe, und sei es nur auf Marktständen. Supermärkte müssen doch noch besser laufen.«
    »Wenn Sie das glauben, entwickeln Sie doch selbst ein Konzept.«
    »Darf ich Sie beim Wort nehmen?«, fragte ich ihn.
    Er bejahte.
    Im folgenden Jahr machte ich ihm einen Vorschlag, wie er seine Märkte bestücken sollte. Außerdem bot ich ihm an, alle Waren zurückzunehmen, die er nicht verkaufen würde. Es ging aber fast alles weg. Wir setzten die zehnfache Menge dessen ab, was im Jahr davor verkauft worden war.
    Ich habe es sehr genossen, Artikel, Mengen und Verkaufspreise vorschlagen zu können. Damit ging ich zwar selbst ein Risiko ein, hatte dafür aber auch die volle Kontrolle über die gesamte Wertschöpfung. So hielt ich es seitdem auch bei allen anderen Großhandelskunden. Ich sagte ihnen: »Ich mache Ihnen einen Vorschlag und übernehme das volle Risiko – Sie müssen nur Ja sagen.« Das war den meisten natürlich sehr recht. So waren sie selbst dagegen gewappnet, einen Fehlgriff zu landen. Und auch ich hatte, was ich wollte: genau die Freiheit, die ich mir gewünscht hatte.

Die Millionen
    D ie Entwicklung unserer Firma überstieg alle Erwartungen. In den ersten Jahren hatte ich jeweils noch versucht, in Businessplänen Ziele zu formulieren, an denen wir uns orientieren konnten. Doch weil die Zahlen am Jahresende die Vorgaben jedes Mal bei weitem übertrafen, ließ ich das bald wieder bleiben. Trotzdem dachte ich, dass es nicht schaden könnte, mir mit einem Betriebswirtschaftsstudium das theoretische Rüstzeug für das anzueignen, was ich Tag für Tag in der Praxis tat.
    Der Ausflug in die reine Unternehmerlehre erwies sich in meinem Fall jedoch als genauso sinnlos wie das Formulieren von Businessplänen. Die Theorie besagt ja, dass man gerade am Anfang unheimlich viel arbeiten muss, um eine Firma zum Laufen zu

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