Wer nichts hat, kann alles geben
Sicherheit, oder anders gesagt: der Risikominimierung, zu treffen. Ich fragte mich in kniffligen Situationen: »Was ist das Schlimmste, was passieren kann?« Wenn das Schlimmste nur unbequem war, zum Beispiel eine Außenlandung auf einer Wiese statt auf einem Flugplatz, war dies für mich eine sichere Entscheidung.
Wenn jedoch das Risiko bestand, Gesundheit oder Leben zu verlieren, suchte ich nach Alternativen. Je selbstbewusster ich im Flugzeug wurde und je weniger ich deshalb anderen bloß hinterherflog, umso mehr kam es ja darauf an, meine eigenen Entscheidungsmuster zu entwickeln: Werde ich unter der Kumuluswolke, die ich am Horizont erkennen kann, tatsächlich einen Aufwind finden? Wie sieht die Situation wohl hinter dem Bergkamm aus, auf den ich gerade zufliege? Wie weit komme ich noch mit der Höhe, in der ich im Moment unterwegs bin? In solchen Momenten treffe ich meine Entscheidungen seitdem immer, indem ich sie mit allen möglichen Konsequenzen durchdenke und sie nur dann umsetze, wenn beim schlechtestmöglichen Verlauf weder Gesundheit noch Leben gefährdet sind.
Manchmal musste ich durch mein Entscheidungsprinzip der Risikominimierung andere Piloten vorbeiziehen lassen, aber in den meisten Fällen bin ich damit sehr gut gefahren. Oder besser gesagt: geflogen. Beim Segelfliegen liegt dieses Prinzip auf der Hand, die wenigsten sind ja bereit, ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Im Alltag sieht das schon anders aus: Viele treffen Entscheidungen, indem sie auf den bestmöglichen Verlauf einer Entwicklung setzen – und fallen bereits aus allen Wolken, wenn sie nur halb so gut verläuft. Ich wende mein Entscheidungsprinzip bis heute an: Nur wenn ich auch mit der schlechtestmöglichen Konsequenz leben kann, weiß ich, dass die Entscheidung richtig ist.
Mit zunehmender Sicherheit stieg damals auch meine Lust, andere Segelflugreviere kennenzulernen. Die Gegend um meinen Heimatflughafen in Linz kannte ich irgendwann bis in jeden Winkel. Es brauchte bergige Alternativen, es gibt für mich nichts Langweiligeres, als über Flachland zu fliegen. Das ist, als würde man sich ein Mountainbike mit Vollfederung und 18-Gang-Schaltung kaufen und damit dann über die geteerten Wege eines Großstadtparks rollen, wo einem schon ein Sprung vom Bordstein oder über eine Baumwurzel am Wegesrand wie ein Abenteuer vorkommt.
Umso mehr liebe ich es, Berglandschaften zu überqueren, egal, ob in Österreich, Frankreich oder in Südamerika. Diese Vorliebe sollte eine große Veränderung in meinem Leben bewirken: den Umzug in eine neu erbaute Luxusvilla in Tirol. Doch bevor es so weit kommen konnte, musste ich erst Millionär werden – was damals in Schilling zugegebenermaßen schneller ging als heute in Euro. Auf die erste Schilling-Million folgte die nächste, auf die zweite die dritte – so lange, bis ich auch ein Euro-Millionär wurde.
Was sich über die Jahre mehr und mehr abzeichnete, war, dass mein extrem hohes Qualitätsbewusstsein zu einer Art Alleinstellungsmerkmal für uns wurde. Unsere Firma lieferte einfach immer Spitzenleistung ab, auch dann, wenn wir durch die Absenkung des Niveaus mehr Gewinn hätten erwirtschaften können. Von den Sparphilosophien, einen möglichst niedrigen Preis zum Diktat des eigenen Handelns zu machen, habe ich nie etwas gehalten.
Ich war immer der Überzeugung, dass der Kunde das verdient, was er sich von mir erwartet. Wenn ich ihm Topqualität versprochen habe, muss ich auch Topqualität liefern. Vertue ich mich am Ende im Preis, ist das mein Problem, dann habe ich eben weniger verdient. Setze ich von vornherein einen höheren Preis an, muss mein Geschäftspartner eben bereit sein, ihn zu bezahlen. So habe ich das auch immer gegenüber den Einkäufern der Supermarktketten kommuniziert, mit denen wir zusammengearbeitet haben: »Sie können gern etwas Spottbilliges haben. Das kriegen Sie aber nicht von mir, kaufen Sie es irgendwo anders ein. Oder aber Sie wollen einen Rundum-sorglos-Service, bei dem alles wie am Schnürchen läuft, dann hat der seinen Preis. Der mag geringfügig über dem der anderen liegen, aber auch Ihre Kunden werden zufrieden sein.« Die Mehrzahl hat interessanterweise gesagt: »Wir machen das genau so, wie Sie es vorgeschlagen haben.«
Doch so sehr uns diese Haltung nach außen hin Respekt und damit Aufträge verschaffte, als ebenso problematisch erwies sie sich zum Teil für meinen Umgang mit unseren Mitarbeitern. Von ihnen forderte ich genau dasselbe
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