Wer nichts weiß, muss alles glauben (German Edition)
Kirche wiederum geht davon aus, dass im Falle einer Besessenheit durch Dämonen der freie Wille der Besessenen eingeschränkt oder aufgehoben ist. Aber die Frage nach dem freien Willen ist sicherlich eines der geringeren Probleme, die jene bedauernswerten Menschen zu gewärtigen haben, die einem Exorzisten in die Hände fallen. Wenn sie nämlich glauben, wenn sie glauben, der Teufel existiert nicht, glauben das andere auch, dann wissen sie gar nichts.
TEIL II
... muss alles glauben
Hinweise zum Daumenkino
Meine Damen und Herren, wir präsentieren Ihnen jetzt eine Sensation: das erste Neuronendaumenkino der Welt.
Die Synchronisation von Neuronen ist ein Prozess, der von der Zeit abhängt: Neuronen feuern synchron, dann pausieren sie kurz, um wiederum gleichzeitig aktiv zu werden. In der rechten oberen Ecke wird anhand von Martin Puntigam gezeigt, was Neuronen tatsächlich machen, wenn nichts passiert (S. 107–129), wenn sie Martin Puntigam erkennen (S. 131–141), wenn das Muster Martin Puntigam vom „Gehirn“ gelernt wird (S. 143– 159), wenn das Muster von hemmenden Neuronen zerstört wird (S. 161–171), wenn das Muster Martin Puntigam vervollständigt wird (S. 173–197). Und wer einen einfacheren Synchronisationszustand sehen möchte, für den wird in der rechten unteren Ecke der zeitliche Verlauf von Epilepsie gezeigt.
Lassen Sie die einzelnen Seiten zwischen Daumen und Zeigefinger – dieser sollte sich hinter der Seite 198 befinden – der rechten Hand schnell durchlaufen. Also Daumen aktivieren und viel Spaß mit den Videos auf Papierbasis!
Kapitel 5: Glaube
Am 1. Mai 2010, um 16:30 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit hätte es wieder einmal so weit sein sollen. Nach bisher mindestens circa 900 Gastspielen, unter anderem in Lourdes, Fatima und Medjugorje, hätte die weltberühmte Muttergottes wieder einmal als Headliner eines designierten Topevents auf den Planeten Erde kommen sollen. Ort der Handlung: Bad St. Leonhard im Kärntner Lavanttal. Der aus Sizilien stammende „Seher“ Salvatore Caputa hatte behauptet, er habe bereits im November 2009 ein Aviso über die Reiseabsichten der Himmelskönigin bekommen, der ortsansässige Stadtrat und Tourismusreferent zeigte bei einem Lokalaugenschein grundsätzliches Interesse an der zusätzlichen Einnahmequelle, die Gemeinde ließ vorsorglich ein Kreuz aufstellen.
Die Vorzeichen standen nicht schlecht. In Kärnten, dem südlichsten Bundesland Österreichs, war am 11. Oktober 2008 angeblich die Sonne vom Himmel gefallen [17] , da müsste eine Marienerscheinung eine vergleichsweise leichte Übung sein. Anlass für den Höflichkeitsbesuch der Gottesgebärerin war eine Änderung der Raumordnung, eine Mariengrotte sollte einer Autobahnumfahrung weichen.
Gekommen ist der Publikumsliebling natürlich nicht. Vielleicht war ihr der Weg auf die Erde zu weit. Vielleicht hätte das Stelldichein stattgefunden, wenn man der sogenannten Gnadenmutter ein wenig entgegengekommen wäre beim Erscheinen, indem man den Erscheinungsort ins Weltall verlegt hätte. Das hätte möglicherweise das Erscheinen erleichtert, aber die Schwierigkeiten beim Errichten eines neuen Wallfahrtsortes wären beträchtlich gewesen.
Was müsste man dabei berücksichtigen? Man müsste vor allem schauen, dass sich alle Kräfte aufheben, sonst müsste der Wallfahrtsort dauernd mittels Raketenschub auf der Umlaufbahn gehalten werden. Genauer betrachtet, gibt es drei sinnvolle Möglichkeiten, um im Weltall einen Gnadenort zu installieren.
Erstens an einem der fünf Lagrange-Punkte.
Abb. 15: Die Lagrange-Punkte des Systems Sonne-Erde.
Diese nach dem italienischen Mathematiker und Astronomen Joseph-Louis de Lagrange benannten Punkte im Weltall drehen sich mit der Erde um die Sonne mit. In ihnen heben sich alle Kräfte völlig auf. Was einmal dort ist, bleibt auch dort und braucht keine Energie, um seine Position zu halten. Es handelt sich quasi um einen Space-Parkplatz. Das wäre der Vorteil dieses Standorts. Leider befinden sich diese Punkte nicht gerade in der Nähe, der nächste Lagrange-Punkt ist rund 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt in Richtung Sonne.
Eine zweite Möglichkeit wäre auf einer geostationären Bahn in etwa 35.000 Kilometer Höhe, dort, wo sich auch die Fernmeldesatelliten befinden. Der Wallfahrtsort würde sich immer über demselben Ort über der Erde bewegen, etwa über Lourdes, und man hätte durch die unmittelbare Nähe zu den
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