Wer nichts weiß, muss alles glauben (German Edition)
Neuronen synchronisiert – wir denken über die Ampel nicht nach.
Erst viel später werden wir uns über den Bewegungsablauf klar – die Entscheidung gelangt in den präfrontalen Cortex. Dort können wir uns dann noch denken, schade, eigentlich hätte ich mir heute gern einmal einen roten, runden Ball mitten ins Gesicht schießen lassen, aber mit der Entscheidung über ducken oder fangen hat das nichts mehr zu tun.
Vereinfacht lässt sich sagen, dass unbewusste Entscheidungen nur über die primären und sekundären sensorischen und die jeweiligen motorischen Areale abgehandelt werden. Bewusste Entscheidungen hingegen finden im präfrontalen Cortex statt, wobei man nach Ansicht der Neurowissenschaft eigentlich nur in der Lage ist, unbewusste Entscheidungen durch den präfrontalen Cortex zu hemmen.
Warum laufen die meisten Prozesse unbewusst ab? Na ja, es wäre ziemlich problematisch, wenn wir etwa jedes Mal, wenn wir bei einer Ampel stehen, uns bewusst fragten, ob wir bei Rot doch drübergehen sollen oder nicht. Das würde die Lebensqualität deutlich schmälern.
Abb . 13: Ein bewusster Gedanke: Die tertiären Areale werden aktiv, aus dem limbischen Areal werden Erinnerungen abgerufen, mit den Informationen im PTO-Areal verglichen – Synchronisation – und die finale Entscheidung findet dann im präfrontalen Cortex statt.
Das Libet-Experiment
Auslöser für die Aufregung um den freien Willen war unter anderem das sogenannte Libet-Experiment. Bei dem Experiment von Benjamin Libet handelte es sich um den Versuch, die zeitliche Abfolge einer bewussten Handlungsentscheidung und ihre motorische Ausführung zu messen.
Zwischen der ersten Vorbereitung einer Bewegung im Gehirn und der tatsächlichen Ausführung dieser Bewegung vergeht ungefähr eine Sekunde. Diese Vorbereitung wird als Bereitschaftspotenzial bezeichnet. Libet interessierte sich dafür, wie der Alltag funktionieren kann, wenn es eine Sekunde time-delay gibt. Dann hatte Libet die Idee mit der Uhr. Wenn die Versuchspersonen auf eine schnell gehende Uhr blicken und sich merken würden, wann sie den Entschluss für die Bewegung fassten, könnten sie diesen Wert nachher dem Versuchsleiter angeben. Die Probanden setzten sich auf einen Stuhl, Elektroden wurden an ihren Handgelenken befestigt, und auf einem Bildschirm kreiste ein Punkt mit 2,56 Sekunden pro Umdrehung. Zu einem frei gewählten Zeitpunkt sollten die Probanden die Hand bewegen – und sich den Stand der Uhr merken. Den genauen Zeitpunkt der Bewegung verriet die Spannungsänderung der Elektrode am Handgelenk, das Bereitschaftspotenzial lieferten die Elektroden am Kopf, den Zeitpunkt der bewussten Entscheidung erfuhr Libet nach jedem Versuch von den Probanden, die sich den Stand des kreisenden Punktes gemerkt hatten, als ihr Wille einsetzte.
Der Moment des Entschlusses für die Bewegung lag ungefähr 0,2 Sekunden vor der Bewegung selbst. Das Bereitschaftspotenzial setzte aber mindestens 0,55 Sekunden, teilweise auch schon eine Sekunde vor der Bewegung ein.
Also:
0 Sekunden – Bereitschaftspotenzial
0,8 Sekunden – Entscheidung gelangt ins Bewusstsein
1 Sekunde – Bewegung wird ausgeführt
Das Problem dabei:
Es handelt sich nicht um wirkliche Entscheidungen, sondern im Gehirn dreht sich alles nur um unbewusste Entscheidungen.
Abb. 14: Auf einer Uhr kann der Proband feststellen, wann er bewusst die Entscheidung getroffen hat, die Hand zu bewegen.
Was den naturwissenschaftlichen Witz betrifft, so ist natürlich Werner Gruber der unangefochtene Meister dieses Faches. Sein absoluter Topwitz geht so:
Treffen sich zwei Neuronen auf einer Party in der Großhirnrinde: ein langes mit einem pyramidenförmigen Zellkörper, vielen wunderbaren Verästelungen und einem langen schlanken geschmeidigen Axon, und ein kleines, pummeliges mit einem runden Zellkörper, kurzen Verästelungen und einem kurzen Axon. Das lange Neuron: „Na, wie wär’s, lass uns miteinander synchronisieren.“ Darauf das kleine empört: „Mit dir sicher nicht, du bist gabaerg.“
In den Shows der Science Busters sorgt dieser Knaller verlässlich für sofortige Funkstille im Auditorium. Werner Gruber schwört allerdings Stein und Bein, dass man, wenn man ein paar Semester Neurophysik studiert hat, bei diesem Witz kaum das Wasser halten kann vor lauter Vergnügen. Entscheiden Sie selbst, ob Sie das glauben wollen – ob bewusst oder unbewusst, ist bei diesem Witz vermutlich auch schon egal.
Die katholische
Weitere Kostenlose Bücher