Wer nichts weiß, muss alles glauben (German Edition)
gesteigerter Wachheit verbunden. Belanglose Ereignisse werden überinterpretiert. Im Prinzip handelt es sich um eine Stabilisierung der Synchronisation. Durch die Schizophrenie ausgelöst, können obskure Synchronisationen auftreten. Wenn ein und dasselbe Synchronisationsmuster beziehungsweise ein und dieselbe Assoziation öfter auftreten, bilden sich neue Synapsen.
Bei chronischem Wahn helfen keine Neuroleptika mehr. Es haben sich schon neue, die Informationsverarbeitung betreffende Synapsen gebildet.
Kapitel 6: Liebe
Wenn die Science Busters nach etwa 80 Minuten ihrer Show „Moderne Mythen – Von Mondlandungslügen, Schwarzen Minilöchern und Petting mit Außerirdischen“ im Rabenhof in die Pause gehen, kann das Publikum die Kulturleistung, die dahinter steht, nur im Einzelfall erahnen.
Die Vorform der Science Busters im Jahre 2006, gewissermaßen der Australopithecus der Science Busters, war unter viereinhalb Stunden nicht zu bekommen. Heinz Oberhummer und Werner Gruber begrüßten das Publikum mit einer dreiviertelstündigen Einleitung, zeigten dann einen zweistündigen Hollywoodfilm in voller Länge (während sie selber essen gingen), um im Anschluss eine Stunde über das Thema des Films zu referieren und danach eine Dreiviertelstunde Fragen zu beantworten. Das Publikum war danach mit Wissen gemästet – und gerädert.
Glücklicherweise erkannten die beiden Physiker, dass das Beenden eines Redeflusses nicht zu ihren Stärken zählt, und begaben sich auf die Suche nach einem Moderator. Es sollte ein Kabarettist sein, denn, so die Rechnung der gesprächigen Naturwissenschaftler, wenn man einen wissenschaftlichen Vortrag als Kabarett tarnt, verliert das Publikum die Scheu und kommt zur Futterkrippe. Und dann kann man es impfen. Das Auswahlverfahren verkürzte sich dadurch extrem, dass die beiden so gut wie keine Kabarettisten kannten. Die akademische Welt ist zwar kein Paralleluniversum im naturwissenschaftlichen Sinn, aber Verschränkungen mit der echten Welt finden mitunter nur punktuell statt.
Zufällig hatte Martin Puntigam Ende des letzten Jahrhunderts ein Solokabarettprogramm geschrieben, in dem es um Elementarteilchenphysik ging. Er spielte darin einen promovierten Physiker, der auf eine Anstellung im modernsten Teilchenbeschleuniger der Welt wartet (für den der damals in Planung befindliche LHC in Genf als Vorbild diente), bis zu seiner Berufung aber als Up-Quark in einem Vergnügungspark namens Teilchenbeschleunigerland im Elementarteilchenballett mittanzen muss. Das Programm erwarb sich einen gewissen Ruf in der Science Community und kam dank der Vermittlung von Joszko Strauss von der Akademie der Wissenschaften sogar in Genf unter anderem vor Physikerinnen und Physikern des CERN zur Aufführung. Und auch am Atominstitut in Wien gab es eine Darbietung – jenem Institut, an dem damals Heinz Oberhummer als Kernphysiker forschte. Und als der sich Jahre später mit Werner Gruber auf die Suche nach einem Kabarettisten mit naturwissenschaftlicher Schlagseite machte, schloss sich der Kreis zwangsläufig. Denn die Grundmenge „Kabarettisten, die sich für Physik interessieren“ ist schon klein, aber die Schnittmenge „Kabarettisten, die sich für Physik interessieren und Heinz Oberhummer und/oder Werner Gruber bekannt sind“ ist fast nur noch mit dem Rasterelektronenmikroskop zu erkennen.
Als Science Busters bekamen die drei in Tateinheit mit Christian Gallei das Problem der Überlänge in den Griff und konnten dann eben nach 80 Minuten in die Pause gehen. Mit der Zeit haben sich die Science Busters angewöhnt, das Publikum in der Pause mit Naschereien gefügig zu machen. In der Show „Moderne Mythen“ wird beispielweise in der Pause eine Scheibtruhe [26] voller Erdbeerjoghurts zur freien Entnahme angeboten. Und obwohl Fruchtjoghurt mit Erdbeergeschmack angeblich das beliebteste Joghurt in unseren Breiten ist, hält sich der Zustrom zur Scheibtruhe meist in Grenzen. Das liegt sicher auch daran, was die Science Busters davor über Erdbeerjoghurt erzählt haben. Denn das Blöde an Erdbeeraroma ist, dass es weltweit nicht einmal annähernd genug Erdbeeren gibt, um auch nur alle Joghurts damit zu aromatisieren. Da sind Erdbeertörtchen und Erdbeerkaugummis noch gar nicht mitgezählt. Wie schafft man es trotzdem, all diese Produkte mit Erdbeeraroma auf den Markt zu bringen? Ganz einfach, indem man sich mehr aufs Aroma konzentriert und weniger auf die Erdbeeren.
Erdbeeraroma und
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