Wer nichts weiß, muss alles glauben (German Edition)
Verhaltens. Personen mit einer Schizophrenie hören Stimmen oder sehen Dinge, die es nicht gibt. Sie haben Halluzinationen, wobei allein durch das Vorhandensein von Halluzinationen noch kein Rückschluss auf Schizophrenie gezogen werden darf. Es kommt zu einer Zersplitterung und Aufspaltung des Denkens, Fühlens und Wollens. Schizophrenie tritt mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 zu 100 auf. Damit ist sie eine relativ häufige Erkrankung. Als auslösende Ursachen gelten ein gestörtes soziales Umfeld und/oder eine Störung der Gehirnfunktion. Eine eindeutige Ursache ist bis heute nicht bekannt.
Eugen Bleuler definierte als Erster das Krankheitsbild über Wortassoziationen. Er stellte fest, dass eine Störung des Assoziierens typisch für diese Krankheit ist („Heu ist ein Unterhaltungsmittel für Kühe“). Über den semantischen Bahnungseffekt kann relativ leicht das Assoziationsverhalten überprüft werden. Der Proband muss ein Wortpaar lesen und angeben, ob das zweite Wort aus dem Deutschen stammt oder nicht. Verwendet wurden assoziative Wortpaare wie weiß::schwarz oder Bruder::Schwester und nicht-assoziative Wortpaare wie Wolke::Käse oder Kaffee::Benzin. [25] Der Proband musste über Fingerdruck bestimmen, ob das zweite Wort assoziativ oder nicht-assoziativ ist. Es wurden nur die „Ja“-Entscheidungen gewertet und der jeweilige Mittelwert gebildet. Im Regelfall werden assoziative Wortpaare schneller erkannt als nicht assoziierte Wörter. Das bezeichnet man als den semantischen Bahnungseffekt. Bei Personen mit einer denkgestörten Schizophrenie ist der Bahnungseffekt besonders groß.
Bei schizophrenen Personen können oft indirekte Assoziationen beobachtet werden. Das heißt, es gibt ein nicht ausgesprochenes Bindeglied. Assoziation zu Nikotin – Forelle. Erklärung: Nikotin im Rauch verursacht Krebs, Krebse leben im Wasser wie Forellen.
Bei Patienten mit Schizophrenie erscheinen vorher vertraute Dinge unheimlich. Dadurch werden die Patienten misstrau-
Abb. 16: Abweichung der Zeitunterschiede beim Assoziieren von Wörtern zwischen gesunden und denkgestörten Personen. Die Messkurve mit den Rechtecken wurde von Spitzer et al. er stellt. (Nachbearbeitet aus: Manfred Spitzer: Geist im Netz. Modelle für Lernen, Denken und Handeln. Heidelberg: Spektrum 2000)
isch und ziehen sich noch mehr zurück. Sie empfinden sich manchmal als ferngesteuert. Es kommt zu einer Störung des Ich-Erlebens. Interessanterweise kann die Störung des Ich-Erlebens plötzlich auftreten und auch wieder plötzlich verschwinden. Bei manchen Patienten ergeben sich sehr regelmäßige Rhythmen. Diese Störung des Ich-Erlebens kann zu Selbstmord führen. Bei rund zehn bis 15 Prozent aller Schizophrenen kommt es zu einem Suizid.
Für Personen mit dem Krankheitsbild Schizophrenie sind Halluzinationen charakteristisch. Meist treten akustische Halluzinationen auf. Dies kann bei rund 80 Prozent der Patienten beobachtet werden.
Viele Betroffene leiden in einer akuten Phase an Schlafstörungen. Nach dem Abklingen eines Schubs kann eine depressive Phase auftreten. Die Schizophrenie kann sowohl schubweise als auch chronisch verlaufen. Ein Schub kann von ein paar Wochen bis zu ein paar Monaten dauern. Zwischen den Schüben kann es zu einer vollständigen Rückbildung aller Symptome kommen, oder aber manche Restsymptome bleiben erhalten. Dazu zählen vor allem soziale Isolation, Beeinträchtigung der körperlichen Hygiene, Depressivität und Antriebsmangel. Der erste Schub tritt – bei Männern – in der Regel vor dem 30. Lebensjahr auf. Bei Frauen erfolgt der erste Schub meist später, und zwar ab dem 40. Lebensjahr. Typischerweise treten die ersten Schübe bei belastenden oder verändernden Lebenssituationen, etwa Auszug aus dem Elternhaus, Heirat oder Arbeitsplatzwechsel, auf.
Möglicherweise wird die Schizophrenie durch das Stresssystem beeinflusst. Genaue Daten liegen aber noch nicht vor. Man geht davon aus, dass bei schizophrenen Patienten eine Störung der fokussierten Aufmerksamkeit vorliegt. Verschiedene Systeme im Gehirn versuchen die Synchronisationen zwischen verschiedenen Gebieten im Zaum zu halten. Nur so können wir uns auf etwas konzentrieren. Wenn die Assoziationsfähigkeit zu groß wird, werden nicht korrelierte Reize miteinander verknüpft. Damit können wir die Umwelt nicht mehr sinnvoll einschätzen. Genau diese fokussierte Aufmerksamkeit wird über den Neurotransmitter Dopamin gesteuert. Die Neuronen des Dopaminsystems
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