Wer nie die Wahrheit sagt
werde mich nicht hinter dir aus dem Haus schleichen und dir wie ein Narr nachlaufen. Ich bin echt müde. Geh ruhig und hör dir an, was dir dein Informant zu sagen hat. Aber sei vorsichtig. Wenn du zurückkommst, werde ich noch wach sein. Dann sagst du mir, was du rausgefunden hast, ja?«
Er nickte und war um zehn Minuten vor elf bereits beim Plaza Hotel.
LouLou war schon da und lief unruhig wie ein Tiger in dem auf den Central Park hinausweisenden Foyer auf und ab. Er war todschick angezogen, sah aus wie ein Mafia-Don. Die uniformierten Türsteher des Plaza beachteten ihn kaum.
Er nickte Simon zu und wies dann mit einer Handbewegung auf den Eingang zur Oak Room Bar. Ein dunkler, mit kostbarem Holz vertäfelter Raum voller Menschen in angeregter Unterhaltung. Sie fanden einen kleinen Tisch und bestellten zwei Bier. Simon lehnte sich zurück, verschränkte die Arme und sagte: »Wie läuft’s so, LouLou?«
»Kann nicht klagen. He, geht dieses Bier auf dich? Die Getränke sind hier nicht gerade billig, weißt du.«
»Da wir hier in New York sind, dachte ich mir schon, dass es auf den Oak Room als Treffpunkt rauslaufen würde. Ja, das Bier geht auf mich. Also, was hast du für mich?«
»Hab rausgefunden, dass Abe Turkle die Elliotts gemacht hat. Es geht das Gerücht, dass er den Auftrag hatte, acht zu fälschen. Weißt du vielleicht, welche acht?«
»Ja, aber das brauchst du nicht zu wissen. Abe Turkle hätte ich mir als Zweiten vorgeknöpft. Bist du sicher, dass es nicht Billy Gross ist?«
»Der ist krank. Die Lunge, wahrscheinlich Krebs. Hat schon immer zu viel geraucht. Na, jedenfalls hat er sein ganzes Geld genommen und ist nach Italien abgezischt. Jetzt lebt er unten an der Küste von Amalfi, dem Tode nahe. Also ist Abe dein Mann.«
»Und wo kann ich ihn finden?«
»In Kalifornien, stell dir das mal vor.«
»Zufällig in Eureka?«
»Weiß nicht. Er ist jetzt in so ’nem kleinen Nest namens Hemlock Bay, am Meer. Weiß nicht, wo das ist. Wer immer ihn auch bezahlt, er will ihn in der Nähe haben.«
»Du bist gut, LouLou. Ich nehme an, du willst mir nicht sagen, woher du das weißt?«
»Du solltest mich besser kennen, Simon.« Er trank den Rest seines Biers auf einen Zug aus, tupfte sich geziert den Mund an einer Serviette ab und sagte dann: »Abe ist ein fieser Schläger, Simon, ganz anders als die meisten Künstler. Sei vorsichtig, wenn du mit ihm redest, okay?«
»Ja, ich werde sehr vorsichtig sein. Irgendwas über die Identität unseres Kunstsammlers?«
LouLou spielte mit einer Zigarette herum, die er hier nicht anzünden durfte – obwohl das hier eine Bar war, verflucht noch mal. »Es geht das Gerücht, dass es Olaf Jorgenson sein soll.«
Das überraschte Simon, sehr sogar. An Olaf hätte er nie und nimmer gedacht. »Der reichste Schwede der Welt, ganz groß im Spediteurgeschäft. Aber ich habe gehört, er soll fast blind sein und fast tot und dass seine Sammlerjahre vorbei sind.«
LouLou meinte: »Ja, das hört man. Wieso ein Bild kaufen, wenn man blind ist wie ’n Maulwurf und es nicht mal sehen kann? Aber das ist es nun mal, was ich von meinem Mädel im Met gehört habe. Sie ist eine der Kuratorinnen und hört so ziemlich alles, was da draußen rumschwirrt. Hat zuvor auch schon mal Recht gehabt. Wenn sie das sagt, glaube ich ihr.«
»Olaf Jorgenson«, sagte Simon langsam und nahm einen Schluck von seinem Coors. »Der muss jetzt schon weit über achtzig sein. Hat in den letzten fünfzig Jahren meist europäische Kunst gesammelt, Mittelalter bis neunzehntes Jahrhundert. Hat, wie ich höre, nach dem Zweiten Weltkrieg ein paar Sammlungen von Beutekunst aus Frankreich und Italien in die Finger gekriegt. Soweit ich weiß, hat der noch nie ein Kunstwerk auf legalem Weg erworben. Der Typ ist irre, wenn’s um seine Sammlungen geht, bewahrt alle Bilder in klimatisierten Tresorkammern auf, und er hat als Einziger ’nen Schlüssel. Wusste gar nicht, dass er angefangen hat, moderne Künstler wie Sarah Elliott zu sammeln. Den hätte ich nie auf meiner Liste gehabt.«
LouLou zuckte mit den Schultern. »Wie du sagst, Simon, der Kerl ist irre. Vielleicht noch irrer, jetzt wo er sich allmählich den hundert nähert. Sein Sohn scheint genauso irre zu sein wie er, immer draußen auf seiner Jacht, lebt da die meiste Zeit. Heißt Ian – der Alte hat eine Schottin geheiratet, und so kam er zu seinem Namen. Na, jedenfalls leitet der Sohn jetzt das Speditionsgeschäft. Von der verdammten Jacht aus.«
Simon,
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