Wer nie die Wahrheit sagt
der schon seit einigen Minuten von einer bildhübschen Dame an der Bar beäugt wurde, schüttelte, an sie gewandt, andeutungsweise den Kopf. Er beugte sich weiter zu LouLou vor, um zu zeigen, dass er in ein wichtiges Gespräch vertieft und nicht interessiert war. »LouLou, bist du sicher, dass es Olaf ist, der die Bilder gekauft hat?«
»Hab mich nicht nur auf die Aussage meines Mädels im Met verlassen, o nein. Du kennst ja meine kleinen Vögelchen, die alles rauszwitschern, was in der Welt der Kunst so vor sich geht, Simon. Hab ein paar Saatkörner gepflanzt, und da haben sie noch lauter gesungen, und ich habe drei Liedchen gehört, alle mit demselben Text. Hundert Prozent sicher? Nein, das nicht gerade, aber es ist ein Anfang. Hat mich glatte tausend Mäuse gekostet, um die Vögel zum Singen zu bringen.«
»Also gut, LouLou, du hast deine Sache gut gemacht.« Simon reichte ihm einen Umschlag, der fünftausend Dollar enthielt. LouLou zählte nicht nach, ließ den fetten Umschlag einfach in der Innentasche seiner Kaschmirjacke verschwinden. »He, weißt du den Namen von Ian Jorgensons Jacht?«
Simon schüttelte den Kopf.
»Nachtwache. «
Langsam sagte Simon: »So heißt doch dieses Gemälde von Rembrandt. Es hängt im Rijksmuseum in Amsterdam. Hab’s vor ein paar Jahren dort gesehen.«
LouLou legte den Kopf ein wenig schief, wobei sein Toupé kein bisschen verrutschte, weil es sündteuer und gut gemacht war, und schenkte Simon ein zynisches Lächeln. »Wer weiß? Vielleicht hängt Nachtwache ja auf Ians Jacht, direkt über seinem Bett. Habe mich oft gefragt, wie viele richtige Bilder eigentlich noch in den Museen der Welt hängen, und nicht hervorragend gemachte Fälschungen.«
»Weißt du, LouLou, die Antwort auf diese Frage möchte ich lieber nicht wissen.«
»Da Sarah Elliott erst vor sieben Jahren starb, sind alle ihre Materialien noch verfügbar – die Farben, die Pinsel, alles. Nimm einen wirklich talentierten Maler mit einer Neigung zu ihrer Technik und Visualisierung, und was dabei herauskommt, ist dem Echten so nahe, dass es den meisten Leuten egal wäre, selbst wenn sie es wüssten.«
»Ich hasse das.«
»Ich auch«, sagte LouLou. »Ich brauche noch ein Bier.«
Simon bestellte noch eine Runde für sie, aß ein paar Erdnüsse aus der Schüssel, die auf dem Tisch stand, und sagte: »Weißt du noch, dieser Fälscher, Eric Hebborn, der dieses Buch geschrieben hat, in dem er jungen, ambitionierten Fälschertalenten genau erklärt, wie’s gemacht wird – welche Tinten, Papiere, Stifte, Farben, Signaturen, alles? Dann ist er sechsundneunzig plötzlich gestorben. Laut Polizei unter mysteriösen Umständen. Ich habe gehört, dass Hebborn von einem privaten Sammler umgebracht wurde, weil ihm ein befreundeter Händler einen Rubens verkaufte, der, wie sich herausstellte, eine Fälschung war, die Hebborn selbst angefertigt hatte. Der Händler ist angeblich kurz darauf bei einem Autounfall umgekommen.«
»Ja, hab den alten Eric in den Achtzigern getroffen. Hochintelligent, der Bursche, und so talentiert, dass man weinen könnte. Du fragst dich, ob es Olaf Jorgenson war, der ihn umgepustet hat? He, Simon, es gibt jede Menge Sammler, die ihre rechte Hand für eine bestimmte Münze oder Briefmarke, Eisenbahn oder Gemälde hergeben würden. Sie müssen es haben, oder das Leben hat keinen Sinn mehr für sie. Schau, Simon, wenn du’s dir recht überlegst, dann sind es diese Leute, die uns im Geschäft halten.«
»Ich frage mich, ob Olaf alle acht Bilder bestellt hat. Ich frage mich, was er wohl für sie hinblättert.«
»Eine Menge, Mann, eine ganze Menge, darauf kannst du dich verlassen. Alle acht Sarah-Elliotts? Ich weiß nicht. Die Gerüchteküche hat jedenfalls keine anderen Namen ausgespuckt. Simon, ich hab gehört, diese acht Bilder befinden sich im Privatbesitz eines Verwandten von Sarah Elliott?«
»Ja, sie gehören Lily Savich. Und dahinter verbirgt sich eine lange, äußerst verzwickte Geschichte.« Simon erhob sich und legte einen Fünfzigdollarschein auf den Tisch. »Danke, LouLou. Du weißt ja, wo du mich findest. Ich glaube, ich werde bald nach Kalifornien fliegen und mir diesen Abraham Turkle vorknöpfen. Er ist Engländer, stimmt’s?«
»Und halb Grieche. Komischer Typ. Ziemlich exzentrisch. Soll nur Schnecken essen, die er selbst gezüchtet hat.« LouLou schüttelte sich. »Hüte dich vor ihm, Simon. Abe hat vor ein paar Jahren einen Kerl, der ihn übers Ohr hauen wollte, mit bloßen
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