Wer regiert die Welt? – Warum Zivilisationen herrschen oder beherrscht werden
Kategorien »Osten« und »Westen« völlig gegenstandslos machen wird. Vielleicht wird sich die Beutung der geographischen Bedingungen nicht einfach ein weiteres Mal verändern, vielleicht spielt sie dann überhaupt keine Rolle mehr. Die Verbindung von Mensch und Maschine wird zu ganz neuen Formen der Ausbeutung und Nutzung von Energie führen, zu neuen Formen des Zusammenlebens, des Kämpfens, |573| des Kommunizierens, des Arbeitens, Denkens, Liebens und Lachens – auch zu neuen Arten und Weisen, geboren zu werden, zu altern, zu sterben. Vielleicht ist ja mit all dem überhaupt Schluss, und es wird eine Welt entstehen, die wir uns mit unseren unverstärkten, rein biologischen Gehirnen gar nicht vorstellen können.
Einiges davon oder auch all das könnte passieren.
Natürlich nur, wenn nichts dazwischenkommt und es unterbindet.
Worst-Case-Szenario
Im November 2006 wurden meine Frau und ich zu einer Konferenz an der Stanford University eingeladen, die »A World at Risk« zum Thema hatte. Das Ereignis mit großem Staraufgebot, zu dem einige der führenden Entscheidungsträger dieser Welt anreisten, fand statt an einem strahlenden Wintertag. Warm schien die Sonne vom klaren blauen Himmel, als wir uns auf den Weg machten. Aktienkurse, Immobilienpreise, Beschäftigung und Konsumentenvertrauen standen nahe bei ihren Allzeithochs. Es war ein amerikanischer Morgen.
Nach dem Frühstück dann hörten wir ehemalige Außen- und Verteidigungsminister, die uns über nukleare, biologische und terroristische Bedrohungen informierten. Vor dem Lunch erfuhren wir etwas über das erschreckende Ausmaß der Umweltzerstörung und das hohe Risiko, dass internationale Sicherheitssysteme zusammenbrechen könnten. Nach dem Essen erzählte man uns, weltweite Epidemien seien nahezu unausweichlich. Alles ging bergab, es gab kein Halten mehr, wir taumelten von Sitzung zu Sitzung, überwältigt von den Expertenberichten, die auf uns niederprasselten, von der ansteigenden Flutwelle der Katastrophe. Die Konferenz war eine
tour de force
, und als uns dann, nach dem Dinner, der letzte Redner darüber aufklärte, dass wir den Krieg gegen den Terror verlieren würden, war das Publikum endgültig erschlagen.
Ein Tag der Verzweiflung, der mir zu denken gab (um es milde auszudrücken). Im 1. Jahrhundert u. Z. und dann erneut 1000 Jahre später schoss die gesellschaftliche Entwicklung gegen eine harte Decke, und zweimal lösten die Kräfte der Zerrüttung, die diese Fortentwicklung selbst hervorgebracht hatte, den Zusammenbruch der Alten Welt aus. Stoßen wir nun auch an eine solche undurchdringliche Decke, irgendwo bei 1000 Indexpunkten? Überholen uns, die wir uns in Trippelschritten der Singularität nähern, die apokalyptischen Reiter?
Diese fünf düsteren Gestalten – Klimawandel, Hungersnöte, Staatszerfälle, Wanderbewegungen, Seuchen –, alle scheinen sie zurück auf der Bühne zu sein. Die erste, die Erderwärmung, ist vielleicht das ultimative Beispiel für das Paradox der gesellschaftlichen Entwicklung, denn die gleichen fossilen Brennstoffe, die seit 1800 den Sprung nach vorne befeuerten, haben die Atmosphäre mit Kohlendioxid angereichert und zum Wärmestau geführt. Mit unserem Plastikkram und unseren Kühlschränken haben wir die Welt zum Treibhaus gemacht. Seit 1850 |574| sind die Durchschnittstemperaturen um fast 0,8° Celsius gestiegen, wobei die Zunahme zum größten Teil in die letzten 30 Jahre fiel und die Quecksilbersäule noch immer steigt.
In der Vergangenheit bedeuteten steigende Temperaturen höhere Ernteerträge und zunehmende Entwicklung (wie zur römischen und zur mittelalterlichen Wärmeperiode), diesmal könnte es anders kommen. Im Vierten Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen der Vereinten Nationen (IPCC) heißt es: »Es wird erwartet, dass veränderte Frequenzen und Intensitäten von extremen Wetterereignissen zusammen mit dem Meeresspiegelanstieg hauptsächlich negative Auswirkungen auf natürliche und menschliche Systeme haben.« 21 Die Formulierung ist vergleichsweise vorsichtig, im Kleingedruckten ist der Bericht alarmierender.
Die Luftblasen in den Eiskappen der Pole zeigen, dass die Kohlendioxidsättigung in den letzten 650 000 Jahren schwankte, von 180 Molekülen Kohlendioxid pro 100 Millionen Molekülen Luft während der Eiszeit bis 290 ppm (parts per million) in den warmen Zwischeneiszeiten. Noch nie ist der CO 2 -Anteil auf 300 ppm gestiegen – bis 1958. Im
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