Wer regiert die Welt? – Warum Zivilisationen herrschen oder beherrscht werden
Sommer 2009 wurden 387 ppm gemessen, und die Schätzungen des IPCC laufen darauf hinaus, dass bis 2050 bei gleich bleibenden Trends 550 ppm erreicht sein werden. Der CO 2 -Anteil wäre dann höher als jemals in den vergangenen 24 Millionen Jahren, womit auch die Durchschnittstemperaturen, je nach Szenario, um weitere zwei bis sechs Grad Celsius steigen würden. Sollte die Energieausbeute entsprechend Abbildung 12.1 steigen, würde die Erde noch schneller noch wärmer werden.
Selbst wenn wir morgen schon aufhörten, Treibhausgase in die Atmosphäre zu blasen, ist bereits soviel Kohlenstoff in der Luft, dass die Erwärmung noch zunehmen wird. Wir haben die Chemie der Atmosphäre durcheinandergebracht. Was immer wir tun werden, die Eiskappe des Nordpols wird abschmelzen. Vorsichtige Schätzungen wie die des IPCC gehen davon aus, dass dies 2100 der Fall sein wird; nach radikalsten Schätzungen könnten die Polarsommer bereits 2013 eisfrei sein; die Mehrheit der Studien nennt einen Zeitpunkt um 2040.
Schmelzen die Pole, steigt der Meeresspiegel. Die Meere stehen heute bereits gut zwölf Zentimeter höher als um 1900. Das IPCC erwartet, dass sie bis 2100 um weitere fünf Zentimeter steigen werden. Die düstersten Prognosen für die polare Eisschmelze rechnen mit einem zusätzlichen Anstieg des Meeresspiegels von 15 Metern, womit Millionen Quadratkilometer des weltweit besten Ackerlands und die weltweit reichsten Städte überflutet würden. Die Welt schrumpft auf sehr viel mehr Arten und Weisen, als wir bislang realisiert haben.
Trotz des eisigen Schmelzwassers werden sich die Meere auch erwärmen, indem sie die Wärme der Atmosphäre aufnehmen. Und da sie im Winter weniger abkühlen werden als bisher, wird sich die alljährliche Hurrikan-Saison verlängern und werden die Wirbelstürme heftiger werden. Wo es jetzt schon viel regnet, wird es noch mehr regnen, zerstörerische Stürme und Überschwemmungen werden |575| zunehmen. Trockene Regionen dagegen werden noch mehr austrocknen, Sandstürme und Waldbrände zunehmen.
Für immer mehr Menschen sind die allgemeinen Warnsignale bereits zu einer sehr persönlichen Erfahrung geworden. Bei mir war das 2008 der Fall. Lange bevor die Waldbrandsaison in Kalifornien normalerweise beginnt, war die Luft voller Asche: Die Wälder rund um unser Haus brannten. Der Himmel leuchtete unheimlich orange, und was wir uns zuriefen, ging unter im Dröhnen der Rotorblätter der Löschhubschrauber. Gegen den Funkenflug schlugen wir eine Feuerschneise um unser Haus, und am Ende wurde es wirklich knapp, bis dann der Regen einsetzte. Ich sollte vielleicht sagen:
endlich
einsetzte, denn die Saison der Waldbrände ist im Westen der USA inzwischen 78 Tage länger als noch in den 1970er Jahren. Ein durchschnittlicher Waldbrand dauert heute fünfmal länger als vor 30 Jahren. Und die Leute vom Feuerschutz sagen, dass es noch schlimmer kommen wird.
All das fällt in die Rubrik, die der Journalist Thomas Friedman »die bereits bekannten besorgniserregenden Fakten« genannt hat. Schlimmer wird es in der Rubrik »die noch nicht genau bekannten besorgniserregenden Dinge«. Denn das Problem sei ja, dass wir nicht unmittelbar mit der Erderwärmung konfrontiert sind, sondern mit einer Welt, die verrückt spielt. Er spricht von »global weirding«, von einem globalen Verhängnis sich unheimlich steigernder Naturphänomene. 22 Der Klimawandel vollzieht sich nichtlinear: Alles hängt mit allem zusammen, die Wechsel- und Rückwirkungen sind so komplex, dass sie sich nicht in Modelle fassen lassen. Es wird Kipppunkte geben, dann nämlich, wenn die Umwelt sich abrupt und irreversibel verändert, aber wir wissen nicht, wo diese Punkte liegen und was passieren wird, wenn wir sie erreichen.
Am unheimlichsten von all dem ist aber, dass wir nicht wissen, wie die Menschen darauf reagieren werden. Wie alle anderen historischen Episoden des Klimawandels wird auch diese keinen direkten Zusammenbruch verursachen. Wenn wir so weiter wirtschaften wie bisher, dann, so prognostizierte der
Stern Report
, eine Studie des britischen Ökonomen Nicholas Stern aus dem Jahr 2006, werde der Klimawandel die Wirtschaftsleistung weltweit um 20 Prozent unter den gegenwärtigen Stand fallen lassen – eine Katastrophe, aber wohl nicht das Ende der Welt, die wir kennen. Selbst wenn sich die schwärzesten Prognosen bestätigen sollten und die Durchschnittstemperaturen um sechs Grad steigen werden, wird die Menschheit irgendwie zurechtkommen.
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