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Wer schlafende Hunde weckt

Wer schlafende Hunde weckt

Titel: Wer schlafende Hunde weckt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Brookmyre
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falschen Ort herumtrippeln, können selbst so zarte Füße wie Ihre die Spur verwischen.«
    Jedes Erfolgsgefühl, weil sie die Aufmerksamkeit der Polizei auf den Fall gelenkt hatte, verschwand sofort wieder, als McDade gegangen und Jasmine wieder allein im Büro war. Es war, als hätte die Stunde davor nie stattgefunden, zumindest hatte sie nichts geändert. Jasmine ging davon aus, dass sie trotz seiner Versprechen beim Abschied nie wieder von McDade hören würde. Außerdem hatte sie das unmissverständliche Gefühl, nicht ernst genommen worden zu sein. Er hatte sie wie ein dummes kleines Mädchen behandelt, es fehlte nur noch, dass er ihr den Kopf tätschelte. Zwar war sie in diesem Geschäft wirklich noch ein dummes kleines Mädchen, aber auch nicht so dumm, zu übersehen, wie krass sein Verhalten plötzlich umgeschlagen war.
    Dieser harsche Kontrast zwischen dem Mann, der das Büro betreten hatte und dem, der es wieder verließ. Während er sie befragt hatte, war er hochprofessionell aufgetreten, eine durchdringende, einschüchternde Präsenz, bar jeder Ungezwungenheit, wie auch Jim wirkte, wenn er jemandem zeigen wollte, dass er es ernst meinte. Dann hatte er plötzlich Witze über die Situation gemacht und sie von oben herab behandelt wie ein dummes kleines Schulmädchen, das sich das hübsche, kleine Köpfchen nicht zerbrechen sollte.
    Sie schloss daraus, dass er gekommen war, um irgendetwas herauszufinden, und nicht, um ihr zu helfen. Als er hatte, was er wollte, war es mit der Professionalität vorbei.
    Da bemerkte sie ihren Denkfehler: Sie hatte angenommen, dass Polizisten wie Collins und McDade ihr eher helfen würden, wenn sie wussten, dass Jim selbst mal bei der Polizei gewesen war. Dabei hatte sie nicht bedacht, dass deren Loyalität vor allem Jim gelten würde und nicht ihr. McDade war vielleicht eher daran interessiert, sie daran zu hindern, Jims Aufenthaltsort herauszufinden, wenn er glaubte, dass Jim untergetaucht war. Sie hatte keine Ahnung, was der Detective Sergeant bei seinem Besuch herausgefunden hatte; womöglich hatte er genau durchschaut, was Sache war, es aber lieber für sich behalten.
    McDade hatte sich nicht mit der seltsamen Frage aufgehalten, warum Jim nach einem Gangster suchen sollte, der schon lange tot war, oder wer ihn dafür bezahlte. Jasmine wusste vielleicht nicht so genau, was sie tat, aber es kam ihr doch sehr sonderbar vor, so etwas einfach abzutun – außer natürlich McDade hatte irgendeinen privaten Grund, die Frage als irrelevant zu betrachten.
    Oder er hatte nur den Eindruck erwecken wollen, dass sie irrelevant war, damit Jasmine nicht nachforschte und »die Spur verwischte«.
    Sie öffnete die Fallan-Akte, und beim Durchblättern fiel ihr sofort auf, wie wenige Seiten sie enthielt, auf denen sogar noch weniger Informationen standen. Keine Rechnungen, keine Kundendaten, nur der ziemlich überflüssige Vermerk, dass es überhaupt einen Kunden gab. Alle anderen Fallakten enthielten extrem pingelig detaillierte Vermerke zu jedem kleinen Fortschritt, jedem Telefonat, Besuch, Namen, jeder Adresse und jeder Observation.
    Jims Fallakten glichen mathematischen Berechnungen: Er musste seine Arbeitsweise Stück für Stück belegen, damit er nötigenfalls jeden Schritt einzeln überprüfen konnte, sei es, um zu sehen, wo er in die falsche Richtung gegangen war, sei es, um seine Schlüsse zu überprüfen. In der Fallan-Akte dagegen wirkte die Informationsarmut, das auffällige Fehlen jeglicher Details so, als hätte er gerade nicht gewollt, dass jemand seine Schritte nachverfolgen oder seine Schlüsse nachvollziehen konnte.
    Der Schluss selbst war dann doch notiert – oder eher der Punkt, an den ihn seine bisherigen Berechnungen geführt hatten. Dort standen ein Name – Tron Ingrams – und eine Adresse in Northumberland. Weiterhin war in Jims Großbuchstaben vermerkt, dass er sich vor zehn Monaten mit Ingrams getroffen hatte, zu welchem Zeitpunkt die Ermittlungen auch endeten, was die Dateien auf dem Computer ebenfalls belegten.
    Finger weg, hatte McDade sie angewiesen. Überlass die Arbeit den Profis. Wenn du nicht weißt, was du tust, kannst du gewaltigen Schaden anrichten. Na ja, wenn dieser Fall überhaupt nicht relevant war, konnte es doch auch nicht schaden,wenn sie ein bisschen nachforschte, warum Jim sich kurz vor seinem Verschwinden mit dieser Akte befasst hatte. Und wenn McDade das dumme kleine Mädchen wirklich davon hatte abhalten wollen, seine Nase in diese

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