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Wer schlafende Hunde weckt

Wer schlafende Hunde weckt

Titel: Wer schlafende Hunde weckt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Brookmyre
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Waisenkind. Ihre Eltern und ihr kleiner Bruder sind eines Tages einfach verschwunden, und wir haben nie herausgefunden, was passiert ist. Jetzt ist sie erwachsen und kann es sich anscheinend leisten, Jim anzuheuern, um der Sache noch mal nachzugehen. Allerdings haben wir damals schon keinerlei Spuren gefunden, und ich kann mir kaum vorstellen, dass die Suche nach gut fünfundzwanzig Jahren irgendwie leichter geworden ist.«
    »Sie hat aber heute Morgen hier angerufen. Jim hatte wohl gesagt, er hätte Anfang der Woche Neuigkeiten für sie.«
    McDade lachte traurig auf. Er wirkte skeptisch und melancholisch zugleich.
    »Ich bezweifle stark, dass es da um richtige Neuigkeiten ging. Wie ich Jim einschätze, ist er keiner von denen, die einen verzweifelten oder verletzlichen Menschen ausnutzen würden. Solche Leute würden Miss Ramsay immer weiter mit wertlosen Details locken, bis sie kein Geld mehr hat. Ich nehme an, Jim wollte ihr behutsam beibringen, dass die Suche keinen Sinn mehr hat. Das hoffe ich zumindest.«
    »Aber wenn er mich Freitag nicht dabeihaben wollte, warum hat er ihr dann erzählt, dass er erst diese Woche Neuigkeiten für sie hätte?«
    »Vielleicht wollte er Freitag aus einem anderen Grund alleine sein«, sagte McDade. »Auf jeden Fall hilft uns die Sache nicht weiter. An welchem anderen Auftrag hat er noch gearbeitet?«
    Jasmine warf einen Blick auf den Ordnerstapel.
    »Der eine hier ist mir nur aufgefallen, weil Jim die Akteauf dem Tisch hatte. Der Fall ist aber eigentlich nicht aktiv. Der letzte Eintrag ist vom Oktober. Vermisstenfall. Ein Glen Fallan.«
    Diesmal wirkte McDade wirklich überrascht, die echte Reaktion von jemandem, der etwas völlig Unerwartetes hört.
    »Der Name sagt Ihnen etwas?«, fragte Jasmine rhetorisch. »Wer ist das?«
    »Niemand Gutes«, antwortete McDade und verzog wieder das Gesicht, als würden die Worte bitter schmecken. »Brutal und gnadenlos. Schuldeneintreiber, Schläger, Folterknecht, Auftragsmörder. Eiskalter Killer – das Eis spürt nichts, wenn es einen erfrieren lässt.«
    Jasmine spürte tatsächlich einen kalten Hauch im Nacken, ein Frösteln, das sich mit der gleichen neugierigen Spannung auf eine Spur vermischte, die sie auch gepackt hatte, als Anne Ramsay ihren Namen gesagt hatte.
    »Er könnte also unser Mann sein«, sagte Jasmine.
    »An sich schon, bloß ist er seit zwanzig Jahren tot.«
    »Zwan… Warum sollte dann irgendwer Jim anheuern, um nach ihm zu suchen?«
    »Das hab ich mich auch gefragt, als Sie den Namen erwähnt haben. Wahrscheinlich ein einfacher Fall von Elvis-Syndrom. Jemand Berühmtes – oder Berüchtigtes – macht die Biege, und ein paar Leute wollen es einfach nicht wahrhaben. Er war ein extrem gefährlicher Kerl: Hat die Gewalt gelebt und ist garantiert auch durch sie umgekommen. Die Geschichten basieren wohl darauf, dass seine Leiche nie gefunden wurde. Das hat uns von der Polizei aber ebenso wenig gewundert wie die Leute aus seinem Umfeld.«
    »Und warum nicht?«
    »In seiner Welt verschwinden leider immer mal wieder Leute, vor allem damals. Wenn keine Leiche gefunden wird, ist alles etwas schwieriger: keine Leiche, kein Verbrechen. Und keine Gewissheit für die Angehörigen, was besondersgrausam ist. Keine Möglichkeit zur Trauer. Um Glen Fallan hätte aber sowieso keiner getrauert. Nur Herzleiden haben in dieser Stadt mehr Leute umgebracht als er, und wenn niemand Fallan gestoppt hätte, hätte er womöglich auch die noch überholt.«
    »Aber wenn Jim nach ihm gesucht hat, müsste er doch mit, na ja, gefährlichen Elementen zu tun gehabt haben.«
    »Sie haben doch selber gesagt, dass der letzte Eintrag in dem Fall zehn Monate zurückliegt. Ehrlich gesagt gibt es für mich bei dieser Aktenlage nur einen einzigen Grund, Jim etwas antun zu wollen: Neid.«
    »Neid? Weswegen? Und wer?«
    »Pensionierte Polizisten und andere Privatdetektive. Er hat anscheinend ein einträgliches Monopol auf Vermisste, die nie wieder auftauchen werden, weil sie schon seit Jahrzehnten tot sind. Keine schlechte Arbeit, wenn man sie kriegen kann.«
    Bei McDades ausdruckslosem Starren brauchte Jasmine ein paar Sekunden, um zu merken, dass er es nicht ernst meinte.
    »Ganz ruhig, war nur ein Witz. Bei uns ist die Sache in guten Händen. Und ich möchte Sie dringend darum bitten, die Arbeit den Profis zu überlassen. Ich weiß, dass Sie helfen wollen, aber wenn Sie nicht genau wissen, was Sie tun, können Sie gewaltigen Schaden anrichten. Wenn Sie am

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