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Wer schön sein will, muss sterben

Wer schön sein will, muss sterben

Titel: Wer schön sein will, muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Jaffe
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peitschten sie mich, mit jedem Hieb härter, schneidender. Sie umschlossen mich, verschlangen mich und zogen mich zu sich nach unten. »Du gehörst jetzt uns«, schienen sie zu rufen. »Du entkommst uns nicht.« Es kommt mir vor, als würden hundert Stimmen Bemerkungen über mich machen, mich verspotten. »Was ist mit deinem Pony passiert? Sieh dir die Laufmaschen in deiner Strumpfhose an.«
    Ich war von Stimmen umgeben, die mich bedrängten und mir meine Entschlossenheit nahmen.
    Ich bin so müde. Ich will, dass sie aufhören. Entspann dich, gib einfach auf, es wird dir dann gutgehen, sagen sie.
    Lügen. Ich wusste, dass das Lügen waren. Ich schwamm mit aller Kraft, trieb jeden Muskel meines Körpers bis zur Ermüdung, nutzte jeden Rest von Sauerstoff in meinem Körper. Durch die Pflanzen hindurch erkannte ich über mir eine Hand. Jemand griff ins Wasser, um mich zu retten.
    Aber sosehr ich mich auch anstrengte, ich konnte sie nicht erreichen. Mit jedem Zug kam ich näher, aber nicht nahe genug. Ich hatte das Gefühl, meine Lungen würden platzen, als könnte ich nicht mehr weitermachen. In dem Moment sah ich sie, durch das Gewirr von Pflanzen. Sie starrte mich an, die Augen auf mich geheftet.
    Augen voller Hass und Bosheit und Abscheu. Augen, die sich wünschten, mich tot zu sehen. Augen, die ich kannte.

    »Das kannst du laut sagen«, Loretta kam ins Zimmer.
    »Was hab ich gesagt?« Ich wachte gerade auf und musste im Schlaf gesprochen haben. Ich blickte auf die Uhr. Es war halb neun Uhr morgens.
    »Es hörte sich an wie ›meine Augen‹. Und jetzt guck dir dieses Ding mal an.«
    Ich stützte mich ab und sah, dass Loretta einen riesigen Blumenkranz trug. »Das ist jetzt aber hart an der Grenze. Du wirst besser schnell gesund und verlässt uns hier, bevor wir keinen Platz mehr haben.« Sie gab mir die Karte.
    Der Kranz war aus roten und gelben Rosen gebunden, zwei ineinander verschlungenen Herzen mit einem weißen Satinpfeil quer hindurch, auf dem stand in Gold:
Wir werden dich vermissen.
    »Da hat wohl jemand etwas falsch verstanden?«, fragte Loretta.
    Ich öffnete die Karte.
Mach dir keine Sorgen, Jane, unsere Schicksale sind miteinander verbunden. Ich passe auf dich auf, wohin du auch gehst. Dein heimlicher Verehrer.
    Mein Gesicht musste etwas verraten haben, denn Loretta schüttelte den Kopf. »Sag nicht, dass das eine Drohung ist. Es sind Herzen. Herzen sind keine Drohung. Herzen bedeuten Liebe.«
    »Natürlich. Du hast recht.«
    Meine Mutter rief an, um zu sagen, dass sie und Joe erst später kommen würden, weil Annie leichtes Fieber hätte. Als ich auflegte, erschien Dr. Tan.
    Er war die Fröhlichkeit in Person. »Guten Morgen, Miss Freeman. Ich hab gehört, man hat den Fahrer des Autos, das Sie überfahren hat, gefasst.«
    »Wenn Sie das glauben.«
    Es schien ihn große Mühe zu kosten, einen Seufzer zu unterdrücken. »Sie nicht?«
    »Ich erinnere mich daran, wie jemand sich über mich gebeugt hat, als ich im Rosenstrauch gefangen war, und gesagt hat: ›Jane Freeman, du bist so gut wie tot!‹ Die Barney-Brüder – die Einbrecher vom Supermarkt – wussten meinen Namen nicht, also können sie es nicht gewesen sein.«
    »Vielleicht ist es auch nur eine weitere fiktive Erinnerung. Ein weiterer Hinweis.«
    »Warum sollte ich nicht wollen, dass es die Barney-Brüder waren?«
    »Daran arbeiten wir noch. Hatten Sie irgendwelche Wahnvorstellungen? Halluzinationen?«
    »Der Killer hat gestern Abend angerufen und gesagt, dass wir uns heute begegnen würden.«
    »Das ist interessant.« Er tat so, als würde er mir glauben. »Wann?«
    »Er rief um zehn vor zehn an.«
    »Dann müssen wir Sie also besonders gut im Auge behalten. Zehn vor zehn. Hat die Zahl Zehn eine besondere Bedeutung für Sie?«
    Oh, das war dumm. Wieso hatte ich nicht daran gedacht? »Ich habe am zehnten Oktober Geburtstag.«
    Er blickte mich einen Moment überrascht an, kehrte dann wieder zu seinen Notizen zurück. »Und wie fühlen Sie sich heute? Haben Sie das Gefühl, der heutige Tag wäre irgendwie bedeutsam?«
    »Abgesehen davon, dass ich meinem Killer begegnen werde? Nein.«
    »Was ist mit dem Ring? Hat er ihnen noch Sorgen gemacht? Sich von einem Finger zum anderen bewegt?«
    »Nein. Denn ich bin nicht verrückt.« Ich war es nicht.
Ich war es nicht.
    »Natürlich nicht.« Er schloss die Akte und ging mit dem Versprechen, später noch einmal nach mir zu sehen.
    Officer Rowley war meine nächste Besucherin.
    »Haben die Einbrecher des

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