Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer schön sein will, muss sterben

Wer schön sein will, muss sterben

Titel: Wer schön sein will, muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Jaffe
Vom Netzwerk:
hierhergekommen?«
    Sie blickte in die Zimmerecke, und ihr Kopf bewegte sich vor und zurück. Mit Singsangstimme sagte sie: »Wie nennst du eine Pflanze, die fehl am Platz ist?«
    Sie sah mich nicht an, deshalb antwortete ich nicht. Dann richteten sich ihre Augen blitzschnell auf mich. »Wie nennst du sie?«, wollte sie wissen.
    »Ich weiß nicht.«
    »Unkraut. Dasselbe mit Gedanken. Gedanken, die fehl am Platz sind, nennt man verrückt.« Ihr Blick war durchdringend. »Aber ich bin nicht verrückt, Freeman.«
    »Das weiß ich.«
    Sie nickte vor sich hin. »Ich bin nicht verrückt. Es sind die Medikamente. Sie machen mich ein bisschen irre in der Birne, wenn du weißt, was ich meine.«
    Ich hörte, wie Pete ein Lachen unterdrückte.
    »Ich mach keine Witze.«
    »Was ist nach der Party passiert?«
    »Party. War mehr wie ein Treffen der Theatergruppe. Alle schimpften und schrien. Das war verrückt. Ich musste da raus. Had to ease on down, ease on down the road.« Sie begann zu summen, ihr Kopf bewegte sich dazu. »Ease on down – wusstest du, dass mein Onkel das Lied geschrieben hat?«
    »Nein«, sagte ich.
    Pete tippte sich aufs Handgelenk, da, wo eine Uhr sein könnte.
    »Du bist in dein Auto gestiegen«, half ich ihr auf die Sprünge.
    In einem langen Atemzug sagte sie: »Ich bin in mein Auto gestiegen und weggefahren und hab etwas am Straßenrand gesehen und bin rechts rangefahren, um nachzusehen.« Sie holte Luft. »Das warst du, Freeman. In dem Strauch. Freeman, Freeman, Freeman«, wiederholte sie. »Da warst du nicht frei, oder?« Sie begann zu lachen.
    »Und dann?«
    »Du sahst irgendwie süß aus, als hättest du dich gemütlich in den Strauch gekuschelt. Aber ich dachte, du solltest da wahrscheinlich weg. Ich hab mich also zu dir gebeugt und versucht dich aufzuwecken.«
    »Hast du ›Hallo Jane‹ gesagt?«
    »Ja, genau!« Sie strahlte, und zum ersten Mal waren ihre Augen auf etwas gerichtet. »Genau das hab ich gesagt. Daran erinnere ich mich.«
    »Und ›du bist so gut wie tot‹?«
    »Das hab ich auch gesagt!« Sie sah zufrieden aus, so wie ein Kind, das ein neues Spielzeug entdeckt hatte. »Als ich dich nicht wach bekam. Du hast irgendwie gestöhnt und gesagt: ›Es tut weh, bitte hilf mir‹. Ich wusste also, dass du Hilfe gebraucht hast, aber nicht meine Hilfe, o nein. Große, starke Hilfe. Von starken Männern.« Sie blickte zu Pete. »Du hättest überhaupt nichts genützt. Nicht stark genug.«
    »Danke.«
    »Hast du Hilfe gerufen?«
    »Ich hab’s versucht, oder? Ich hab nach meinem Handy gesucht, konnte es aber nicht finden, also bin ich losgefahren. Und gefahren. Ich habe nach etwas gesucht, aber es hat geregnet und ich konnte kaum was sehen und dann …« Ihre Augen waren wieder klar. »Eine Telefonzelle. Danach hatte ich gesucht. Aber stattdessen fand ich einen Pfosten. Bin direkt dagegen gefahren. Ups, mein Fehler.« Sie lachte. »Aber es hat funktioniert, oder? Denn da kamen all diese starken Männer, all diese Sa-ni-tä-ter.« Sie sprach das Wort laut und deutlich aus, brach dann ab. »Bedeutet das, dass sie so was wie Satanisten sind?«
    »Nein«, sagte Pete.
    Sie überlegte einen Moment. »Ich sagte also den Sa-ni-tä-tern, dass sie nicht mir, sondern dir helfen sollen. Ich hab es ihnen immer wieder gesagt. ›Los, helft meiner Freundin.‹ Aber sie haben es nicht verstanden.« Sie blickte wieder zu Pete, »Bist du sicher, dass sie keine Satanisten sind?«
    »Ja.«
    Eines ihrer Beine zuckte jetzt leicht. »Sie haben überhaupt nichts verstanden. Sie haben immer wieder gesagt: ›Es ist niemand sonst bei Ihnen im Auto, Ma’am‹, und ich sagte: ›Das weiß ich, Dummkopf, aber meine Freundin braucht Hilfe‹. So ging es hin und her, immer wieder.« Bei den letzten Worten ließ sie den Kopf hängen und kreisen. Dann hielt sie ihn wieder hoch. »Sie hörten nicht zu, deshalb hab ich einen von ihnen geohrfeigt.« Sie rümpfte die Nase. »Nicht mal fest, nur ein klitzekleiner Klaps. So leicht, wie wenn du ihn einem Chihuahua geben würdest. Hihi. Aber er mochte das nicht. Er war so ein brutaler Kerl, er hat mich eingesperrt. Ich glaube, er hat auch meine Perlenkette gestohlen.«
    »Sie ist kaputtgegangen. Die Polizei hat den Verschluss neben dem Rosenstrauch gefunden.«
    »Sag ihnen, sie sollen ihn mir zurückgeben. Karl hat ihn extra für mich anfertigen lassen.« Sie blickte Pete kokett an. »Karl ist ein Freund von mir.«
    »Ah.«
    »Aha!«, sagte sie und blickte ihn erwartungsvoll an.

Weitere Kostenlose Bücher