Wer schön sein will, muss sterben
verletzt.
»Das ist nicht fair«, protestierte ich. »Es klang … unglaubwürdig.«
Die Fahrstuhltüren öffneten sich, und er schob mich hinaus. »Schon gut«, lenkte er ein und fuhr fort: »Mein Vater glaubt mir nicht, was die Drogen angeht. Er denkt, ich versuche es nur auf die ›Hab-sie-nur-für-einen-Freund-aufbewahrt‹-Tour.«
»Aber das hast du wirklich.«
»Unmöglich zu beweisen.«
»Kannst du sie nicht dazu bringen, es deinem Dad zu erzählen?«
»Er soll einem Junkie glauben? Jetzt machst du die Witze. Außerdem wohnt sie nicht mehr hier.«
»Was ist passiert? Ist sie jetzt clean und weggezogen?«
»Sie war drei Monate clean. Dann ist sie verschwunden, und ich bezweifle, dass sie jetzt ein tolles cleanes Leben führt.«
»Tut mir leid.«
»Ja, mir auch.« Seine Stimme hatte einen angestrengten Unterton, anders als seine übliche Selbstironie, und berührte mich.
»Und jetzt bist du in Schwierigkeiten. Dann hat es sich also nicht gelohnt.«
»Es lohnt sich immer, das Richtige zu tun, auch wenn es nicht zum Erfolg führt.« Er lachte, tief und sexy. »Gott, ich hör mich an wie ein Arschloch. Und was hätte ich ohne diese Sache für eine Entschuldigung für die beschissene Beziehung zu meinem Vater?«
»Willst du damit sagen, es gefällt dir, dass du eine schlechte Beziehung zu deinem Vater hast?«
»Die Menschen finden vorgegebene Muster – das Vertraute – beruhigend, auch wenn sie schlecht für sie sind. Man muss wirklich mutig sein, um zuzugeben, dass sie falsch sind, und zu versuchen, es richtig zu machen.«
Ich ließ das einen Moment sacken, dann fragte ich: »Willst du deshalb Jura studieren? Um dafür zu sorgen, dass die Menschen richtig gehört werden?«
»Kann sein. Vielleicht bin ich aber auch einfach nur ein Scheißkerl, der unverschämt viel Geld verdienen will, indem er das Elend anderer Leute ausnutzt.«
»Es erschreckt mich, wie begeistert du klingst …« Ich konnte mir nicht helfen, ich musste grinsen, auch wenn es wehtat.
Dreißigstes Kapitel
S cott ging in meinem Zimmer auf und ab, als wir zurückkamen. »Wo warst du? Ich hab mir Sorgen gemacht.« Er sah auf die Uhr, es war Viertel nach elf.
»No way«, sagte Pete, hielt an der Tür und zog mich zurück. »Auf keinen Fall lasse ich dich mit dem Typen allein.«
»Er ist ein Freund. Er ist okay.« Ich grinste Scott an und winkte ihm zu.
»Spinnst du? Er sieht viel zu gut aus. Verzieh dich, Kumpel.«
Scott lachte. »Er macht Witze, oder?«
»Ich nehme es an. Aber man weiß nie. Pete«, sagte ich über die Schulter, »es ist schon okay, du kannst ruhig gehen.«
Er schüttelte wehleidig den Kopf. »Und ich dachte, ich sähe gut aus.« Er beugte sich herunter, um mir zuzuflüstern: »Sag nicht, dass ich dich nicht gewarnt hätte«, rieb sich die Hände, als würde er sie sich von der Angelegenheit reinwaschen, und verschwand.
Scott sah ihm nach. »Wer ist das?« Er kam langsam zu mir, dabei breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus. »Aber ist ja auch egal. Gott, ich bin verrückt nach dir. Sogar wenn du so vollkommen unvollkommen aussiehst wie jetzt.«
»Da bin ich aber froh.« Ich lächelte, aber für einen Moment bemerkte ich, dass da etwas war, das mir die Mundwinkel ganz leicht nach unten zog.
Scott beugte sich zu mir, stützte die Hände auf die Armlehnen des Rollstuhls und legte seine Lippen auf meine. »Und du schmeckst auch gut.« Und was immer mich vorher zweifeln ließ, war wie weggeblasen.
Nach einer Weile riss er sich los. »Was machen deine Zehen?«
»Prickeln«, berichtete ich. »Und wackeln.«
»Hervorragend. Meinst du, du bist bereit für einen Ausflug?«
»Klar. Wo wollen wir hin?«
»Es gibt im zweiten Stock einen kleinen Raum für Angestellte, der heute nicht benutzt wird, weil ein Feiertag ist. Zufällig eignet er sich perfekt für ein Picknick.«
»Wie hast du das hingekriegt?«
Er zwinkerte. »Ich hab so meine Methoden.« Ich konnte mir vorstellen, dass das gesamte diensthabende Personal des Krankenhauses sich seinen Methoden fügte. »Ich habe schon das Okay von Loretta, vorausgesetzt, du nimmst dein Handy mit. Wenn du bereit bist, können wir los.«
»Ich wünschte, ich hätte etwas anzuziehen, das ein bisschen weniger Krankenhauschic hat.«
»Mach dir keine Gedanken, ich liebe dich wegen deiner inneren Werte.« Auch wenn es ein Witz sein sollte, versetzte es mir einen seltsamen Stich, wie er ›ich liebe dich‹ sagte. Schließlich waren wir Freunde, und vielleicht
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