Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer schön sein will, muss sterben

Wer schön sein will, muss sterben

Titel: Wer schön sein will, muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Jaffe
Vom Netzwerk:
kluges Mädchen.«
    Erst auf der Skireise unserer Klasse nach Killington in meinem ersten Jahr in Livingston hatte ich erfahren, warum Langley bei ihren Großeltern aufgewachsen war. Alle anderen freuten sich darauf, nach dem Skilaufen in den Whirlpool zu steigen, aber Langley und ich sagten, dass wir lieber noch länger draußen bleiben wollten. Was mich betraf, war es eine Lüge – es war ein öder, eisiger Tag. Ich zog mich schnell um, Jeans und ein warmer Fleecepulli, ging in die Snackbar und versteckte mich dort. Es war ein höhlenartiger achteckiger Raum mit einer Holzbalkendecke und riesigen Fenstern mit Blick auf die Berge. Weil alle anderen schon im Whirlpool saßen, waren die Holztische, die rundherum in dem Achteck aufgestellt waren, leer.
    Fünf Minuten nachdem ich mich hingesetzt hatte, kam Langley zu mir hereingeschlichen. Sie trug Jeans, kamelhaarfarbene Louis-Vuitton-Schneestiefel und einen hellblauen Parka mit weißem Fellbesatz um die Kapuze, der ihr Gesicht perfekt einrahmte.
    »Okay, Jelly Bean. Was ist deine Entschuldigung? Warum gehst du nicht zur Whirlpool-Party?«
    Ich holte Luft. Ihre Direktheit traf mich unvorbereitet. »Das ist eine lange Geschichte.«
    Sie blickte auf ihre Uhr. »Wie haben mindestens ein paar Stunden Zeit, bis alle runzlig sind, sich langweilen und schließlich vergessen, dass wir nicht da sind. Wenn es länger dauert, brauch ich vielleicht Popcorn.«
    »Warum willst du nicht reingehen?«, fragte ich, während sie aus ihrem Parka schlüpfte und die Ärmel ihres weißen Sportshirts bis über die Fingerknöchel zog.
    »Erzähl mir deine Geschichte, dann erzähl ich meine.«
    Sie, Kate und ich waren da bereits circa zweieinhalb Monate unzertrennlich gewesen, aber das war das erste Mal, dass ich richtig allein mit Langley war. Ich weiß nicht, ob ich es tat, weil ich unbedingt wollte, dass sie mich mochte, oder weil ich einfach mit jemandem darüber reden musste. Ohne nachzudenken platzte ich heraus: »Letzten November in Chicago starb meine beste Freundin Bonnie in einem Whirlpool.« Die Worte klangen merkwürdig – als würde eine Figur in einem Film sie sprechen – nicht ich.
    Langleys hellblaue Augen wurden groß. »Mein Gott. Das tut mir so leid. Was ist passiert?«
    »Ich weiß es eigentlich nicht.« Ich beobachtete den Dampf, der von meiner heißen Schokolade aufstieg und gab mich dabei der Erinnerung hin. Ich fürchtete mich davor, war aber zugleich ziemlich aufgeregt. Ich hatte noch nie mit jemandem darüber gesprochen. »Es war bei einer Party«, sagte ich schließlich.
    Als ich Bonnie von der Party erzählt hatte, war ihre Reaktion gewesen: »Nein, auf gar keinen Fall.«
    »Du kannst es mit all deinen Tricks bei mir versuchen, aber ich werde nicht nachgeben, Jedi. Warum willst du dahin? Ich kenne kaum Leute da und du auch nicht. Außerdem wird deine Mutter dich niemals zu einer Party gehen lassen, die ein Elftklässler gibt.«
    Bonnie hatte einen Bruder, der ein paar Jahre älter war als sie. Das bedeutete, dass ihre Eltern es sich abgewöhnt hatten, dauernd besorgt zu sein. Ganz im Gegensatz zu meiner Mutter, bei der es noch schlimmer geworden war, seitdem mein Dad Anfang des Jahres gestorben war.
    »Ich schleich mich raus«, sagte ich. »Und gerade weil wir sie nicht kennen, sollten wir gehen. Um neue Leute zu treffen. Willst du sterben, ohne geküsst worden zu sein?« Ich zog meine Trumpf-Karte: »Ich hab gehört, Mark Ellis geht hin.«
    Es war ein bisschen unfair gewesen, den Namen ihres Schwarms aus der zwölften Klasse zu erwähnen, aber es funktionierte.
    »O Mann, wenn’s unbedingt sein muss. Ich werde als deine Anstandsdame mitkommen«, gab sie schließlich nach. »Aber fürs Protokoll, das ist überhaupt keine gute Idee. Ich werd mir ein Buch einpacken, dann habe ich jedenfalls was zu tun, während du dich zum Affen machst.«
    Langleys Stimme drang über den zerkratzten Holztisch in der Snackbar der Ski-Lodge zu mir herüber: »Hat sie sich am Kopf gestoßen? Oder wie ist sie gestorben?«
    »Ich … ich weiß es wirklich nicht. Ich war mit jemand anderem weg. Als ich sie wiedersah, lag sie einfach da im Whirlpool, der Kopf war nach hinten gekippt, und ihre dunklen Haare trieben um sie herum. Sie sah aus, als blickte sie in den Himmel, als suchte sie den Großen Bären. Sie sah wunderschön aus, friedlich. Wie Ophelia in Hamlet, verstehst du?« Langley nickte. »Ihr Gesicht war im Mondlicht ein vollkommenes blasses Oval, und ihre Augen funkelten. Zuerst

Weitere Kostenlose Bücher