Wer schön sein will, muss sterben
hatten.«
»Was?« Ich war verwirrt. »Ich hab mit Langley und Kate gestritten? Haben sie es Ihnen erzählt?«
»Nein, aber einige Leute haben gesehen, dass Sie sie angeschrien haben und dann weggerannt sind, aus einem Raum, in dem Sie mit ihnen gewesen waren. Dabei haben Sie gesagt« – sie blätterte in ihrem Notizbuch – »Mir reicht’s, es ist vorbei, ich mache Schluss.«
Da erinnerte ich mich blitzartig an Langley vor der Tür eines Zimmers. Es ist dunkel; die Tür ist beige, die Zierleisten des Türblattes haben goldene Ränder. Ihre Hand ist auf dem Türknauf; er ist golden. Oder war es Kate? Die Erinnerung war vage, verschwommen. Aber ich erinnerte mich nicht daran, mit einer von ihnen gestritten zu haben. Es war schrecklich. Ich verlor den Verstand. Ich konnte mich nicht erinnern, aber ich wusste,
wusste
, dass ich Nicky nichts in den Drink gemischt hatte. Oder doch? Ich war zerschlagen, erschöpft, als könnte ich Wahrheit und Illusion nicht mehr unterscheiden. Ich musste Halt finden. Die Fakten herausbekommen.
»Was haben Ihnen die Leute noch erzählt?«, fragte ich und zwang mich, mich wieder auf das grelle Neonlicht des Krankenhauszimmers zu konzentrieren. Aber die Übelkeit in meiner Magengrube, die wachsende Furcht, in meinem eigenen Selbstzweifel zu ertrinken, verließ mich nicht.
»Dass Sie nicht allein waren, als sie die Party verlassen haben. Obwohl niemand gesehen zu haben scheint, wer bei Ihnen war. Erinnern Sie sich daran?«
»Nein.«
»Sind Sie sicher?«
Ich weinte jetzt. »Ich weiß nicht, was Sie von mir wollen. Ich habe Ihnen alles gesagt, was ich weiß.«
»Sie haben mir bis jetzt nichts von dem Drink erzählt, in den eine Droge gemischt war.«
»Ich habe mich eben erst daran erinnert.« Bitte, hätte ich am liebsten gefleht. Bitte, glauben Sie mir.
»Stimmt.« Sie nickte einmal, flüchtig.
»Ich hatte keinen Grund, Nicky zu betäuben.« Ein Gedanke brach hervor, so wie ein Sonnenstrahl, der Sturmwolken durchbricht. »Wenn Sie ihr glauben, dass ich etwas in das Getränk gemischt habe, bedeutet das, dass ich mich selbst betäubt habe. Warum hätte ich das tun sollen?«
Sie sah mich an, als wäre ich gerade in eine Falle getappt. »Warum sollten Sie sich vor ein zu schnell fahrendes Auto knien?«
»Was, wenn ich das Auto nicht gesehen habe? Was, wenn ich nicht wusste, dass es da war?«
»Ein unsichtbares Auto?« Angesichts ihres Tonfalls überraschte es mich, dass sie nicht schnaubte.
Die Sturmwolken schlossen sich wieder über mir, und es kam mir vor, als würde ich von der Dunkelheit aufgesaugt. Alles, was Officer Rowley sagte, verwirrte mich mehr, machte mich immer unsicherer. Was war wirklich geschehen? Mein Gedächtnis kam mir vor wie das Lächeln einer gruseligen alten Hexe mit Zahnlücken. Durch die Lücken blickte ich in einen unheimlichen dunklen Schlund, der mich bei lebendigem Leib auffressen wollte.
Officer Rowley redete weiter, aber ich hörte nicht richtig zu. Denn ich wusste jetzt, was mir keine Ruhe ließ. Ich war wieder auf der Party, dachte über den Plastikbecher nach.
Ich stehe von Davids Schoß auf, um Kate und Langley zu suchen. Ich küsse ihn, nehme den roten Plastikbecher und gehe durch den Raum auf die Treppe zu.
Ich drehe mich um, um David noch einmal pfiffig zuzuwinken, und sehe, wie Elsa mit ihm spricht. Er ist in guten Händen, sage ich mir.
Ich drehe mich um, stoße gegen etwas – das Geländer der Treppe? – und lasse meine Tasche fallen. Der ganze Inhalt ist auf dem Fußboden verstreut. Ich stelle den Drink ab, um alles aufzuheben.
Ich stellte den Drink ab und ließ ihn da.
Das bedeutete, dass ich gar nichts getrunken hatte. Also spielte es gar keine Rolle, was drin gewesen war.
Aber diese Erkenntnis half in meinem Fall überhaupt nichts. Denn die Frage, wie das Mittel wirklich in meinen Körper gelangt war, blieb unbeantwortet. Das verstärkte nur den Anschein, dass ich gewusst hatte, dass etwas mit dem Becher nicht stimmte und absichtlich nichts getrunken hatte.
Es verstärkte den Anschein, dass ich schuldig war.
»Das ist im Moment alles, Miss Freeman.« Officer Rowley packte ihre Sachen ein. »Haben Sie noch irgendetwas hinzuzufügen?«
Ich saß in der Falle. Die Wahrheit würde mir nicht helfen.
»Nein.«
Sechzehntes Kapitel
» E in Dollar neunundsiebzig für deine Gedanken«, ertönte Langleys Stimme von meiner Zimmertür. Ich musste gedanklich total abwesend gewesen sein, denn ich hatte nicht gehört, dass sie gekommen
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