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Wer schön sein will, muss sterben

Wer schön sein will, muss sterben

Titel: Wer schön sein will, muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Jaffe
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und sagen, wie sehr sie mich vermissen. Schau sie dir an, und überzeug dich selbst.«
    »Oh, klar. Ich fang gleich damit an.« Er nahm die DVD aus der Hülle und drehte sie auf seinem Finger herum. »Aber eines weiß ich jetzt schon über dich.«
    »Was?«
    »Du hast eine lausige Menschenkenntnis.«
    Ich wandte mich von ihm ab. »Ich glaube, es wäre besser, wenn du und dein cooles T-Shirt jetzt gehen.«
    »Ich würde gerne gehen, und auch mein T-Shirt denkt, die Gesellschaft hier stinkt. Aber ich kann nirgendwo hingehen, ohne gegen meine Bewährungsauflagen zu verstoßen, also hast du uns am Hals.«
    »Du bist auf
Bewährung
?« Toll. Nicht nur, dass niemand mir glaubte, jetzt ließen sie mich auch noch mit einem verurteilten Verbrecher allein.
    »Das hab ich nur so gesagt.«
    »Wenn du dich schon hier herumtreiben musst, hör wenigstens auf, mich zu beleidigen. Und leg meine DVD wieder zurück.«
    »Ich hab dich nicht beleidigt. Du hast mich beleidigt. Ich war offen zu dir. Ist das so ungewöhnlich in deiner blütenstauberfüllten Welt, dass du diese zwei Dinge nicht unterscheiden kannst?« Zumindest schob er die DVD wieder in die Hülle.
    »Was ist los mit dir?«
    »Meinst du meine unerschrockene Ehrlichkeit oder mein unheimlich gutes Aussehen?«
    »Bist du verrückt?«
    »Bist du es?« Er schüttelte den Kopf. »Vergiss es, antworte nicht.«
    »Ich glaub’s nicht«, sagte ich mehr zu mir selbst als zu ihm.
    »Was hast du gegen den Typen? Joe?«
    Ich starrte ihn zornig an. »Er ist ein Barbar.«
    »Nette Wortwahl. Zieht er Frauen an den Haaren und isst mit den Händen?«
    »Fast.«
    »Ich wette, er und ich haben viel gemeinsam. Für mich sah es so aus, als würde er dich mögen.«
    »Das ist nur gespielt.«
    »Auf jeden Fall liegt ihm viel an deiner Familie. Wie ich gehört habe, ist er deiner Mom nicht von der Seite gewichen, seitdem du hier bist.«
    »Das nennt man Stalking, und es ist in allen fünfzig Staaten verboten.«
    »Man nennt das ›jemanden unterstützen‹, und das ist ziemlich selten. Und …« Pete schüttelte den Kopf. »Vergiss es.«
    »Was?«
    »Nichts. Es würde dir nicht gefallen.«
    »Was?«
    »Er glaubt dir. Also dass du einen Drohanruf erhalten hast.«
    »Und woher weißt du das?«
    »Ich kann Menschen gut einschätzen.« Ich schnaubte, aber er ignorierte es. »Was war das für eine Sache mit dem Spiegel, da war etwas drauf geschrieben?«
    »Nichts. Ist egal.«
    »Egal, wie du vorgehen willst. Aber du solltest deine Meinung über Joe noch einmal überdenken. Er war der Einzige, der diesem Psychiater nicht abgekauft hat, was er verkauft hat. Scheint ein guter Typ zu sein.«
    »Warum wollen mich immer alle dazu bringen, Joe zu mögen?« Ich schrie, und meine Heftigkeit überraschte uns beide.
    Er hob beide Hände in friedenstiftender Geste. »Sitz, Tiger. Ich wollte nur nett sein.«
    Ich holte tief Luft. »Tut mir leid. Ich wollte nicht so wild werden.«
    »Wild. Ich mag es, wie du die Worte gebrauchst.«
    »Mein Vater war Schriftsteller.« Wieder überraschte ich mich selbst. Woher kam das? Ich sprach nie über meinen Vater.
    »Habe ich vielleicht irgendetwas von ihm gelesen?«
    »Liest du Gedichte?«
    »Gelegentlich. Auf dem Klo.«
    Er sagte es ganz ernst, aber seine Augen lachten, und ich merkte, wie ich ihn anlächelte. »Mein Dad hat nie etwas veröffentlicht. Er war Professor. Die Gedichte waren nur ein Hobby.«
    »Offenbar hat es auf dich abgefärbt.«
    »Ja.« Ich hörte auf zu lächeln. Meine Kehle schnürte sich zu.
    »Wo ist er?«
    »Er ist gestorben. Vor drei Jahren.« Und dann, ohne erklärbaren Grund, begann ich zu weinen. »Ich vermisse ihn.«
    Pete legte den Arm um mich. »Das glaube ich. Und bestimmt vermisst du ihn gerade jetzt ganz besonders. Ich weiß, wie einsam man sich fühlen kann, wenn die eigene Sicht der Welt sich von der aller anderen unterscheidet.«
    Ich zog mich zurück: »Wirklich?«
    »Ja, wirklich.« Er nahm das Laken und wischte mir die Tränen von der Wange. »Jetzt leg deine Arme um meinen Hals, damit ich dich in diesen Stuhl setzen kann und du dein Gesicht waschen kannst.«
    Ich tat, was er sagte, und er legte einen Arm unter mich und hob mich aus dem Bett. Er wollte mich in den Stuhl setzen, aber er rollte rückwärts. »Das ist nicht so einfach, wie es bei Loretta aussieht.«
    »Sag nicht, dass es das erste Mal ist, dass du eine Frau im Arm hast.«
    Ächzen. »Nein, es ist nur« – der Stuhl bewegte sich wieder ein Stück – »normalerweise sind sie

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