Wer sich in Gefahr begibt - Granger, A: Wer sich in Gefahr begibt - A Rare Interest in Corpses
Vorteil aus. Er würde nicht lange anhalten. »Ich denke, Dr. Tibbett, Sie schulden mir Abbitte.«
»Ich … Ich schulde Ihnen nichts dergleichen!«, stotterte er. Sein Gesicht hatte einen besorgniserregenden Rotton angenommen.
Ich dachte daran, dass er ein älterer Mann war, und hielt es für angebracht, darauf Rücksicht zu nehmen. Ich wollte nicht, dass er mitten auf der Oxford Street und vor meinen Füßen einen Schlaganfall erlitt.
Ich schwieg und hielt seinem Blick eisern stand.
Seine Gesichtsfarbe kehrte zu meiner großen Erleichterung wieder in normalere Bereiche zurück, und mit ihr beruhigte sich auch sein Verhalten, obwohl ich vermutete, dass er innerlich immer noch kochte.
»Meine liebe Freundin Mrs Parry hat sehr unter dem unkorrekten Verhalten ihrer letzten Gesellschafterin gelitten«, sagte er. »Und die Resultate mögen traurig sein, doch sie waren vorhersehbar. Ich wollte lediglich verhindern, dass sie ein zweites Mal in Verlegenheit gebracht wird. Sie sind, wenn ich mich recht entsinne, erst seit letztem Dienstag in London. Soweit wir wissen, kennen Sie niemanden in der Stadt. Und doch finde ich Sie hier an diesem Nachmittag mitten auf der Oxford Street, wo Sie sich auf angeregte Weise mit einem jungen Mann unterhalten!«
»Ganz recht«, sagte ich. »Mitten auf der Oxford Street, mitten in diesem Gedränge. Das ist wohl kaum ein Tête-à-tête, Sir! Ich verhalte mich nicht wie eine Magd an ihrem freien Nachmittag und flirte mit jedem jungen Mann, wie Sie es nach Ihrem Verhalten anzunehmen scheinen!«
»Ihrer Ausdrucksweise mangelt es sichtlich an Feingefühl!«, erklärte er mit einigem Missbehagen. »Ich wusste nicht, dass der junge Mann der Inspector von der Polizei ist. Er scheint in ungeeignet jungem Alter befördert worden zu sein. Der Anblick, wie ich es gesehen habe, verhieß nichts Gutes für die Zukunft. Ich habe die Interessen meiner guten Freundin im Herzen. Unter den gegebenen Umständen könnte man sagen, auch die Ihren. Der Inspector ist ohne Zweifel ein attraktiver Mann, und ein Inspector der Polizei könnte für einige, wenngleich nicht für mich, ein verlockender Beruf sein! Denken Sie an das Schicksal von Miss Hexham!«
Wenn er glaubte, dass er mit dieser widerwilligen Erklärung davonkäme, so sollte er sich irren. Er versuchte, die moralische Oberhand zurückzugewinnen. Ich war entschlossen, ihn daran zu hindern. Wir waren wie Kinder, die ›König des Schlosses‹ spielten.
»Ich möchte offen sein«, sagte ich zu ihm. »Wie es der Zufall will, habe ich eine flüchtige Bekanntschaft mit Inspector Ross aus meinen Kindertagen. Mrs Parry wird Ihnen mit Freuden alles erklären. Ich warte immer noch auf Ihre Entschuldigung, Dr. Tibbett!«
»Warten Sie, und seien Sie verdammt!«, platzte er hervor, und erneut stieg die Röte in seine Wangen. Er biss sich auf die Zunge und presste die Lippen aufeinander.
»So, so«, sagte ich. »Jetzt sind offenbar Sie es, dem es an Feingefühl in seiner Wortwahl mangelt, Sir.«
Sein Mund verzerrte sich wütend. »Sie sind ein schlaues Ding«, sagte er leise. »Und ein stolzes obendrein. Ich muss leider sagen, dass ich zunehmend feststelle, dass es einen Typus moderner junger Frauen gibt, die sich einbilden, sie könnten so freimütig sprechen wie ein Mann. Ich bin ein altmodischer Mann, der glaubt, dass eine Frau die größte Zierde für ihr Geschlecht ist, wenn sie die Grenzen erkennt, die die Natur für sie geschaffen hat. Vielleicht hätte Ihr Held Darwin ein wenig darüber nachdenken sollen, als er seine Ideen über natürliche Selektion niedergeschrieben hat. Wenn Sie glauben, dass ich mich bei Ihnen entschuldigen sollte, dann irren Sie sich gewaltig. Mehr noch, ich rate Ihnen dringend, Ihre Zunge besser im Zaum zu halten. Die Meinungen der Tochter eines Provinzarztes mögen in der beschränkten Gesellschaft Ihrer Heimatstadt einiges an Gewicht haben, doch nicht hier in London. Sie sind von der Mildtätigkeit und Güte anderer abhängig und sollten dies nicht vergessen und sich entsprechend verhalten. Darüber hinaus sollte ich Ihnen sagen, dass es höchst unklug wäre, wenn Sie sich mich zum Feind machen!«
Ich öffnete den Mund, um ihm zu sagen, dass Leute, die in Glashäusern leben, nicht mit Steinen werfen sollten. Doch es wäre nicht klug gewesen, ihm zu verraten, dass ich ihn in Gesellschaft von gewöhnlichen Prostituierten beobachtet hatte. Ich hatte ihn geärgert, doch er fürchtete mich nicht. Falls er je auf den Gedanken
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