Wer sich in Gefahr begibt - Granger, A: Wer sich in Gefahr begibt - A Rare Interest in Corpses
zu mir und hat mich beschützt. Jungenschulen sind manchmal ziemlich brutal, glauben Sie mir, ganz besonders dann, wenn sich ein Junge für Bücher interessiert und nicht gut ist im Sport. Ich werde Frank für immer dankbar sein.«
Mir kam ein Gedanke. »Waren Sie vielleicht beide Schüler von Dr. Tibbett?«
»Nein, Gott sei Dank nicht!«, rief James erschrocken, um sich sogleich zu entschuldigen. »Ich hätte das nicht sagen sollen. Ich hätte besser gar nichts gesagt.«
Wir mussten beide lachen.
»Dr. Tibbett hat eine schlechte Meinung von Frauen, die ernste Bücher lesen«, sagte ich.
»Dr. Tibbett hat eine schlechte Meinung von der Menschheit im Allgemeinen«, entgegnete James. »Abgesehen von ihm selbst und einigen auserwählten Sterblichen, heißt das.«
Damit war das Thema Dr. Tibbett erledigt.
»Verraten Sie mir doch«, fuhr James fort, »was halten Sie von Mr Darwins Argumenten?«
»Ah«, sagte ich. »Ich bin wohl kaum qualifiziert, eine Meinung darüber abzugeben. Um ehrlich zu sein, bin ich nicht sicher, ob ich all seine Erklärungen verstanden habe. Ich bewundere die Gelehrtheit seiner Worte und die Ausführlichkeit seiner Beobachtungen. Manchmal glaube ich, Lücken in seiner Argumentation zu entdecken. Ich denke allerdings, er ist sich dessen durchaus bewusst.«
»Zum Beispiel?«
»Oh, er kommt zu der Schlussfolgerung, dass alle Pferde, Esel und Zebras auf der Welt von einem gemeinsamen Vorfahren abstammen, doch er stellt fest, dass dies für die Hunde dieser Welt nicht gelten kann. Warum nicht? Es gibt doch wohl kaum einen größeren Unterschied zwischen einem Zugpferd und einem Zebra als zwischen einem Windhund und einem King Charles Spaniel. Andererseits bin ich weder eine Naturforscherin noch züchte ich Tiere. Außerdem finde ich, dass Mr Darwin geradezu besessen ist von Tauben.«
Eine Stadttaube landete wie auf ein Stichwort hin zu meinen Füßen und begann, auf und ab zu stolzieren.
James lachte laut auf. »Seine Entdeckungen sind nicht vollständig. Wie könnten sie das auch sein? Wir fangen gerade erst an, die Welt um uns herum zu begreifen. Ich finde es nur traurig«, fügte er unvermittelt hinzu, »dass Frank keinerlei Interesse für die Naturgeschichte zeigt. Ich habe versucht, mit ihm darüber zu reden, doch es ist sinnlos. Würde er sich dafür interessieren, hätte ich ihn bitten können, mich auf meinen Reisen zu begleiten. Ich fahre überall im Land herum, wissen Sie?«
»Frank hat mir erzählt, Sie wären in Dorset gewesen auf der Jagd nach Fossilien«, sagte ich vorsichtig. »Waren Sie auch schon weiter im Norden?«
»Oh ja! Ich reise, wohin immer ich kann! Es ist faszinierend, die Veränderungen von Flora und Fauna von Süden nach Norden zu beobachten und die Auswirkungen der Jahreszeiten, die je nachdem, wo man lebt, früher oder später einsetzen, zusammen mit dem variierenden Klima.«
Das Kindermädchen hatte die beiden kleinen Jungen mit den Reifen eingesammelt und entfernte sich mit ihnen. Andere Erwachsene und die Kinder in ihrer Begleitung waren ebenfalls verschwunden, und James und ich saßen plötzlich allein im Park. Es schien Teezeit zu sein. Ich sollte selbst ebenfalls gehen, bevor uns jemand hier alleine sitzen sah und es entweder Tante Parry berichtete oder, gefährlicher noch, der Mutter von James.
Ich erhob mich, und James folgte meinem Beispiel, wenn auch ein wenig zögernd.
»Ich muss jetzt gehen«, sagte ich. »Es war sehr interessant, mit Ihnen zu sprechen, Mr Belling.«
»Glauben Sie mir«, sagte er aufrichtig, »es war mir ein ausgesprochenes Vergnügen!«
»Was denn, eine Lady kennen zu lernen, die Bücher liest?«, neckte ich ihn kühn.
»Oh, viele Ladys lesen«, sagte er abfällig. »Meine Schwester liest ebenfalls, aber vollkommenen Schund. Würde ich ihr je ein ernsthaftes Buch geben, würde meine Mutter es ihr sofort aus den Händen reißen. Madeleine war genauso. Sie hat viele Bücher gelesen, aber es war alles der gleiche schlecht geschriebene romantische Unsinn.«
Es war, als hätte ich plötzlich eine kalte Dusche erhalten. Ich spürte, wie ich erstarrte, und ich musste mich zwingen, weiter mit unbekümmerter, beiläufiger Stimme zu sprechen.
»Sie haben mit meiner Vorgängerin über Bücher gesprochen?«
Er errötete. »Ja, sie …« James zögerte. »Hören Sie, Miss Martin«, sagte er verlegen. »Können Sie ein Geheimnis für sich behalten?«
Jetzt hatte er mich festgenagelt. Ja, selbstverständlich konnte ich ein
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