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Wer sich in Gefahr begibt - Granger, A: Wer sich in Gefahr begibt - A Rare Interest in Corpses

Wer sich in Gefahr begibt - Granger, A: Wer sich in Gefahr begibt - A Rare Interest in Corpses

Titel: Wer sich in Gefahr begibt - Granger, A: Wer sich in Gefahr begibt - A Rare Interest in Corpses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Granger
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Dieser Lapsus konnte nicht ignoriert werden, und so verließ Madame Leblanc unser Haus. Es tat mir leid, sie gehen zu sehen, denn ich hatte sie sehr lieb gewonnen. Ich hatte keine Freundinnen in meinem eigenen Alter, und Madame war mehr als eine Gouvernante gewesen: eine Kameradin, die stets Zeit gehabt hatte, um mir zuzuhören.
    Ich war inzwischen vierzehn, und mein Vater beschloss, sich selbst um meine weitere Ausbildung zu kümmern. Er kam jedoch nie wirklich dazu, das zu tun, wegen seiner anderen Verpflichtungen. So bildete ich mich selbst, indem ich jedes Buch verschlang, das ich in die Finger bekam.
    Die arme Madame Leblanc, jetzt, wo ich an sie dachte … Was wohl aus ihr geworden war, nachdem sie unser Haus verlassen hatte? Wie ähnlich meine Umstände nun den ihren waren, auf der Suche nach einem Dach über dem Kopf und einer Anstellung! Es war unwahrscheinlich, dass sie nach uns eine weitere respektable Position gefunden hatte. Vielleicht hatte sie damit geendet, dass sie von Tür zu Tür hausieren ging und kleine Anhänger und Schreibwaren verkaufte.
    Doch das Leben ging weiter. Mary Newling blieb bei uns, bis das hohe Alter sie in den Ruhestand zwang und zu einer verwitweten Schwester zu ziehen. Fortan nahm ich die Stelle der Haushälterin meines Vaters ein, und eine Magd ging mir zur Hand. Der Tod meines Vaters kam plötzlich und unerwartet, doch er war friedlich. Er sagte, er wäre müde und wollte früh zu Bett gehen. Er wachte nie wieder auf. Fast die ganze Stadt nahm an seiner Beerdigung teil. Mir oblag es, seine Angelegenheiten zu regeln.
    Sie waren in einem furchtbaren Durcheinander. Rasch wurde offensichtlich, dass mir nichts bleiben würde als bittere Armut. Viele der ärmeren Patienten meines Vaters hatten nie ihre Rechnungen bezahlt, und er hatte sie nie deswegen unter Druck gesetzt. Er hatte vielen im Gegenteil ausgeholfen und ihnen Geld gegeben, während sie unfähig gewesen waren zu arbeiten. Was bedeutete, dass kein Geld da war, um seine eigenen Schulden zu begleichen. Unter den Aufzeichnungen über Gelder, die er im Laufe der Jahre ausgegeben hatte, befand sich ein eigenartiger Verweis auf regelmäßige wöchentliche Summen, die an zwei Frauen namens Mrs Ross und Mrs Lee gegangen waren, doch ich fand keinerlei Hinweise darauf, dass er die beiden Damen wegen irgendeiner Krankheit behandelt hätte. Warum er ihnen über einen so langen Zeitraum Geld hatte zukommen lassen, war mir ein Rätsel. Wäre Mary Newling noch am Leben gewesen, hätte ich sie fragen können, doch sie war ein paar Jahre zuvor gestorben. Zumindest dieses Rätsel war an diesem Tag von Inspector Ross gelöst worden.
    Zum damaligen Zeitpunkt fand ich keine Zeit, um mir darüber den Kopf zu zerbrechen, da offensichtlich wurde, dass ich das Haus würde verkaufen müssen, um die Schulden zu bezahlen. Dies tat ich denn auch. Ich beglich die offenen Rechnungen, stattete die Magd mit einer kleinen Summe sowie einem glänzenden Zeugnis aus und sagte ihr, dass es mir zwar leid täte, doch mehr könnte ich nicht für sie tun.
    »Das ist schon in Ordnung, Miss«, war ihre Antwort.
    Doch ich sah, dass sie die Summe für sehr gering und mich für äußerst geizig hielt. Sie wusste nicht, dass ich jeden Penny brauchte, bis ich eine Möglichkeit gefunden hatte, mich selbst zu ernähren. Bis dahin zog ich in ein möbliertes Zimmer im Haus einer verwitweten Nachbarin, Mrs Neale, die für Unterkunft und Essen nur wenig Geld von mir verlangte. Sie kannte mich fast mein ganzes Leben lang. Ich wusste, dass sie mir ihre Hilfe zum Teil aus Sorge um mich, zum Teil aber auch deswegen angeboten hatte, weil ihr der Gedanke peinlich war, dass die Tochter von Dr. Martin nicht wusste, wohin sie sonst gehen sollte.
    Ich konnte mir gut vorstellen, welchen Tratsch meine Umstände in der Stadt hervorriefen und welche Vorwürfe sich über dem Kopf meines armen Vaters häuften. Ich war sicher, er hätte mich nie aus Gedankenlosigkeit in solch bitteren Umständen zurückgelassen. Er war einfach noch relativ jung gewesen, erst siebenundfünfzig Jahre alt, und hatte geglaubt, bei bester Gesundheit zu sein. Er hatte nicht damit gerechnet, dass der Tod so früh an seine Tür klopfen würde. Er hatte angenommen, dass noch genügend Zeit war, um einige Vorkehrungen für meine Zukunft zu treffen – oder vielleicht hatte er geglaubt, ich würde heiraten; wie dem auch sei, nichts von alledem hatte sich verwirklicht.
    Ich brauchte diese Blicke von Mitleid und

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