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Wer sich in Gefahr begibt - Granger, A: Wer sich in Gefahr begibt - A Rare Interest in Corpses

Wer sich in Gefahr begibt - Granger, A: Wer sich in Gefahr begibt - A Rare Interest in Corpses

Titel: Wer sich in Gefahr begibt - Granger, A: Wer sich in Gefahr begibt - A Rare Interest in Corpses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Granger
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abwartend im Durchgang stehen.
    »Ja, Miss?«
    »Was ist gestern unten passiert, als die Polizei im Haus war, um das Personal zu vernehmen? Weißt du, ob die Polizisten etwas Interessantes in Erfahrung gebracht haben?«
    »Nein«, antwortete Bessie. »Niemand hat mir irgendwas erzählt. Außerdem hat Mr Simms gesagt, dass wir nicht schwatzen sollen.« Die Worte kamen in einem Ton von feierlicher Tugendhaftigkeit und wurden von einem bedeutsamen Blick begleitet.
    »Mr Simms wollte nicht, dass du nicht mit mir sprichst, Bessie. Genauso wenig, wie er wollte, dass du der Polizei Informationen vorenthältst, die ihr vielleicht weiterhelfen könnten.«
    Bessie bedachte mich mit einem weiteren Blick, der nahelegte, dass sie den Butler schließlich besser kannte als ich. Doch ich wollte ihr klarmachen, dass der Butler vielleicht Autorität über sie besaß, jedoch keine über mich.
    »Hat einer der Polizeibeamten mit dir gesprochen, Bessie?«, fragte ich freundlich.
    Bessie verlagerte den leeren Krug von einer Hand in die andere und zögerte; doch wie ich geahnt hatte, schwelte in ihrem Herzen ein Groll. Jetzt kochte er über, und endlich sprudelten die Worte aus ihr hervor.
    »Sie kamen erst ganz zum Schluss zu mir. Ich meine, ich bin ein Niemand, soweit es die Polizisten betrifft. Sie haben alle anderen vernommen und alles aufgeschrieben und so. Dann hat sich der Constable, so ein großer, schwitzender Kerl in einer blauen Uniform, zu mir umgedreht und gegrinst. ›Na, du halbe Portion?‹, hat er gesagt. ›Hast du uns vielleicht auch etwas zu erzählen?‹«
    Bessies Miene verdüsterte sich wütend bei dem Gedanken, und die zu große Haube rutschte ihr in die Stirn. »›Nein!‹«, hab ich zurückgegiftet. ›Und Sie haben kein Recht, so mit mir zu reden! Ich bin eine ehrliche Bürgerin, das bin ich, und Sie müssen höflich zu mir sein!‹ Er hat sich fast totgelacht. Dann kam der Sergeant herbei, um zu sehen, was los war, und schickte den dicken Constable weg. Und dann bekam ich Scherereien mit Mrs Simms, weil ich frech gewesen war zu einem Beamten des Gesetzes. Aber ich war nicht diejenige, die sich Freiheiten herausgenommen hat! Er war es!«
    »Vielleicht wollte er dich nur beruhigen, Bessie, für den Fall, dass du verängstigt warst«, schlug ich besänftigend vor.
    »Nein!«, schniefte Bessie. »Er fand sich toll, das ist alles. Er hat ein Auge auf Wilkins geworfen, als sein Sergeant nicht hingesehen hat, aber er ist abgeblitzt bei ihr. Wilkins trifft sich mit dem Diener aus Nummer sechzehn. Er hätte leichter zum Zug kommen können, wenn er sein Glück bei Ellis versucht hätte, wissen Sie? Aber Ellis ist nicht so hübsch wie Wilkins. Wenn ich jetzt nicht wieder nach unten gehe, Miss, krieg ich schon wieder Ärger mit Mrs Simms!«
    Und mit diesen Worten huschte sie davon. Ich überlegte, dass unten in der Küche eine Welt existierte, die sich getreu den darwinschen Theorien ganz anders entwickelt hatte als die Gesellschaft oben. Hätte sich der große Naturwissenschaftler darangemacht, sie zu studieren, er wäre auf genauso viel Interessantes gestoßen wie in Feuerland. Bessie begriff trotz ihrer Jugend die Welt sehr gut, in der sie lebte. Sie besaß scharfe Augen und einen wachen Verstand und hatte erkannt, was Erwachsene antrieb. Vielleicht hätten die Beamten zuerst mit ihr sprechen sollen und nicht warten bis zuletzt. Und als einer von ihnen mit ihr gesprochen hatte, hatte er den Fehler begangen, sie in ihrer Würde zu beleidigen. Was auch immer Bessie wusste – und ich war sicher, dass sie etwas wusste –, jetzt würde sie es für sich behalten, schon aus Prinzip.
    »Oder …«, sagte ich leise zu mir selbst, »… oder, weil sie Repressalien fürchtet.«
    Ich ging ein wenig später nach unten als an den vorherigen Tagen, und Frank hatte das Haus bereits verlassen. Ich war froh darüber. Die Erinnerung an unsere Begegnung in der Bibliothek erweckte gemischte Gefühle in mir. Er hätte nicht dort sitzen dürfen und mich beobachten, während ich im Sessel geschlafen hatte. Er hatte meine ungünstige Situation ausgenutzt, als ich erwacht war, und ich hatte das Gefühl, dass meine Antworten dumm geklungen hatten. Andererseits wusste ich, in welch delikater Lage er sich selbst im Hinblick auf Madeleines Verschwinden und ihr nachfolgendes Schicksal befunden hatte. Er musste, genau wie er gesagt hatte, ganz oben auf der Liste von Inspector Ross’ Liste der Verdächtigen stehen. Falls Ross denn eine Liste

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