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Wer sich nicht fügen will

Wer sich nicht fügen will

Titel: Wer sich nicht fügen will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Letholainen
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der aber auch schon uralt und lahm ist. Beide sagen, sie hätten schon seit Jahren gewusst, dass es mit Lulu kein gutes Ende nimmt. Sie sei damals in Zürich auf die schiefe Bahn geraten. Die anderen Kinder hätten sich prächtig entwickelt, aber Lulu hätte ihnen immer nur Sorgen gemacht. Sie haben unablässig gebetet, das Mädchen möge den Weg in ein anständiges Leben finden, und nun das.«
    »Konnten sie irgendwelche Hinweise auf den möglichen Täter geben?«
    »Nein. Lulu hat sie seit drei Jahren nicht mehr besucht. Sie soll aber mit ihrer Schwester in Verbindung gestanden haben. Mit der, die in Salo wohnt. Es muss entsetzlich sein, auf diese Weise sein Kind zu verlieren.«
    »Die Schwester hat einen Job bei Nokia ergattert und einen Ingenieur geheiratet. Du hättest die Wohnung sehen sollen, Kallio, kaum zu glauben, dass es so was noch gibt. Möbel von vor dreißig Jahren und an der Wand ein Stickbild mit kämpfenden Auerhähnen«, mischte sich Autio ein. »Überhaupt, die ganze Wohnung ist voll von Kreuzsticharbeiten, Lulus Vater hatte sogar bestickte Pantoffeln an. Die Tochter hat die Sticknadel allerdings gegen andere Instrumente eingetauscht.« Autio lächelte. »Zuerst dachte ich, du meine Güte, so viele Blumen, aber sie waren alle aus Plastik und total verstaubt.« Er strich sich über das Jackett, als wären Staubfäden aus der Wohnung der Mäkinens daran hängengeblieben. Diesmal trug er einen dunkelgrauen Anzug, faltenlos wie immer. Seine Krawatte zeigte dunkelblaue Blumen auf hellblauem Grund.
    Lulus Eltern waren für die Ermittlungen nutzlos. Aber sie mussten die Beerdigung ihrer Tochter organisieren und ihre Wohnung leer räumen. Oder war das die Aufgabe von Tero Sulonen? Wer würde Lulus Kleider und Sexinstrumente kaufen, eine ihrer Kolleginnen? Hatte sie die Fesseln und Peitschen eigentlich von der Steuer absetzen können?
    Befürworter der Prostitution wurden oft gefragt, ob sie damit einverstanden wären, wenn ihre eigenen Töchter auf den Strich gingen. Dahinter steckte die Annahme, dass nur Frauen ihren Körper verkauften, die Frage verriet aber auch, wie sehr man dazu neigte, die Menschen in zwei Gruppen aufzuteilen: wir und die anderen, die eigenen Töchter und die käuflichen Frauen. Ich zögerte nicht, die Frage zu beantworten. Ich dachte an Iida und sagte nein.
    Mein Handy piepte, eine SMS von Ursula. »Zwischenbericht. Lulus Blut hochrot, Hinweis auf Zyanid. Sterilisiert. Anzeichen für äußerliche Gewalt, postmortal. U. H.«
    »Verdammt!«, rief ich so laut, dass Autio sich am Kaffee verschluckte. »Die Pathologin vermutet, dass Lulu an Zyanidvergiftung starb, nach dem Tod aber noch misshandelt wurde. Autio, stell gleich mal fest, wie leicht oder schwer es für einen Normalbürger ist, an Zyanid heranzukommen. Ich nehme an, man kann es relativ mühelos im Internet oder bei irgendwelchen Pharmabetrieben bestellen. Hoffentlich liegen die Laborergebnisse bald vor. Ob das Gift in der Flasche oder im Glas war, macht einen gewaltigen Unterschied.«
    »Zyanid …« Autio schüttelte den Kopf. »Es kann trotzdem Selbstmord gewesen sein. Vielleicht findet sich im Computer oder auf einer der Disketten ein Abschiedsbrief.«
    »Schau dir den Computer schleunigst an. Haapio ist schon dabei, das Passwort zu knacken. Ein Glück, dass wir wenigstens ihn gekriegt haben.« Haapio war der IT-Experte des Präsidiums und arbeitete hauptsächlich für die Dezernate Rauschgift und Wirtschaftskriminalität, aber diesmal hatte ich es geschafft, ihn für uns einzuspannen. »Ich rede jetzt mit Nordström, die Pressekonferenz halte ich erst morgen früh, wenn der Obduktionsbericht vorliegt.«
    Nordström, Pressekonferenz, Computer … Die Worte drehten sich in meinem Kopf, sie bildeten einen Wirbel, der plötzlich vor meinen Augen auftauchte und über die weißen Wände des Flurs zu tanzen schien. Ich brauchte frische Luft, aber in unseren Dienstzimmern ließen sich die Fenster nicht öffnen. Auf den Hof wollte ich nicht gehen, denn das hätte den Eindruck erweckt, als wartete ich ungeduldig auf Nordström. Also setzte ich mich wohl oder übel an den Schreibtisch, verfasste einen knappen Zwischenbericht für die Pressereferentin und bat sie, für den nächsten Morgen eine Pressekonferenz anzukündigen. Bevor Koivu und Nordström hereinkamen, hatte ich es außerdem geschafft, zu Hause anzurufen und Antti zu erklären, dass er am Wochenende nicht mit mir rechnen konnte. Am Mittwoch musste er wieder in Vaasa

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