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Wer sich nicht fügen will

Wer sich nicht fügen will

Titel: Wer sich nicht fügen will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Letholainen
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ärgerte es mich, dass der Mann jetzt vierhundert Kilometer von Espoo entfernt war.
    Eins stand jedenfalls fest: Für mein Dezernat fiel das freie Wochenende flach. Am schlimmsten war das für diejenigen unter uns, die kleine Kinder hatten. Autios Söhne gingen schon in die Oberstufe und brauchten ihren Vater, wie er behauptete, nur noch als Chauffeur, wenn sie zum Eishockeytraining mussten.
    Ich ging zurück ins Arbeitszimmer, wo Koivu und Länsimies sich über Fußball unterhielten. Länsimies hatte als junger Mann in der Ersten Liga gespielt, doch in die Nationalmannschaft war er nie berufen worden. Sein robuster Körper wirkte immer noch sportlich. Seit einiger Zeit hatte er sich auf Wasserball und Tennis verlegt, und seine Spielpartner waren allesamt einflussreiche Stützen der Gesellschaft.
    »Ohne Bewegung geht der Mensch vor die Hunde. Wie hält sich denn die Kommissarin fit?«
    »Ich jogge, wenn ich Zeit habe. Leichter geht’s nicht, man kann gleich vor der Haustür damit anfangen«, antwortete ich. Vielleicht war es einfacher, Länsimies zum Reden zu bringen, wenn ich ihn zuerst ein paar Fragen stellen ließ.
    »Wer hatte die Idee, Lulu Nightingale zu Ihrer Talkshow einzuladen?«, begann ich schließlich, nachdem wir uns über die Vor- und Nachteile verschiedener Straßenbeläge unterhalten hatten – Länsimies joggte am liebsten auf präparierten Laufstrecken, ich bevorzugte normale Sandwege.
    »Das werde wohl ich gewesen sein. Die Themen bespreche ich immer mit Riitta. Das Parlament wird ja demnächst über die Kriminalisierung des Kaufs und Verkaufs von Sex beraten, ein emotional befrachtetes Thema. Ich hatte Lulus Interviews gelesen und hielt sie für eine ungewöhnlich mutige und wortgewandte Frau, deshalb habe ich mich mit ihr in Verbindung gesetzt. Auf nichtssagende Gäste lege ich nämlich keinen Wert, ich will in meiner Show Menschen haben, die den Mund aufmachen.«
    Und die das Publikum interessieren, dachte ich. Finnland hatte sich wahrhaftig verändert: Noch vor fünfzehn Jahren hatten sich Stripteasetänzerinnen für ihren Beruf geschämt, heute konnte man sich mit freizügigen Fotos genügend Ruhm erwerben, um von den Medien mit Politikern und Philosophen in einem Atemzug genannt zu werden. Aber war die Engstirnigkeit in sexuellen Fragen wirklich geringer geworden? Vielleicht hatte sie nur andere Formen angenommen. In der heutigen Welt galt man beinahe als Versager, wenn man kein öffentliches Sexleben hatte.
    »Haben Sie sich vor der Sendung mit Lulu getroffen?«
    »Ja, zweimal. Der letzte Gast hat eine Schlüsselrolle, er muss die Atmosphäre der Show noch einmal auf neuen Kurs bringen. Wir haben ja keine Musikeinlagen und kein Studiopublikum, wir verlassen uns ganz auf die Kraft des Wortes. Beim ersten Treffen war Riitta dabei, das zweite fand vorgestern unter vier Augen statt. Ich war in Lulus Studio, sie wollte es mir unbedingt zeigen. Ich nehme an, die Polizei war inzwischen dort?«
    »War es schwierig, Lulu zur Teilnahme zu überreden?«
    Länsimies lächelte, als wollte er sagen, ins Fernsehen möchte doch jeder.
    »Gegen Reklame für ihr Geschäft hatte sie natürlich nichts einzuwenden, außerdem wollte sie ihre Meinung zur geplanten Kriminalisierung äußern. Sie hoffte sogar, vom Parlament als Sachverständige angehört zu werden. Das wollte sie auch in der Sendung sagen. Schade, dass nichts daraus geworden ist. In meinem Beruf begegnet man vielen Menschen und lernt, sie mit gesunder Skepsis zu betrachten. Aber Lulu mochte ich. Sie nahm ihren Job ernst, sie wollte wirklich Genuss bereiten.«
    In seinem Blick flackerte etwas auf, was ich nicht zu deuten wusste.
    »Sie selbst, Riitta Saarnio und die Maskenbildnerin wussten also, dass Lulu Mäkinen der letzte Gast der Show sein sollte. Und die anderen, die Kameraleute und der Tonmeister?«
    »Ich habe sicherlich angedeutet, dass zum Schluss eine Professionelle auftritt, aber sie bekommen die Gäste vorher nicht zu Gesicht. Das sorgt für einen zusätzlichen Überraschungseffekt. Nuppu steckt den Gästen das Mikrofon an, wenn sie sie holt. Diesmal lief es, wie gesagt, etwas anders.«
    »Dann waren Sie offenbar der Letzte, der Lulu lebend gesehen hat.«
    »Jetzt sind Sie aber auf dem Holzweg, Frau Kommissarin. Der Letzte, der Lulu lebend gesehen hat, war doch wohl ihr Mörder. Wie ist es eigentlich passiert? In der Zeitung steht, aus ermittlungstechnischen Gründen gebe die Polizei den Tathergang nicht bekannt.«
    »Stimmt.«
    »Aber

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