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Wer sich nicht fügen will

Wer sich nicht fügen will

Titel: Wer sich nicht fügen will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Letholainen
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Verwandten.
    »Hält vielleicht zufällig eine Pastorin namens Terhi Pihlaja den Trauergottesdienst?« Als Leena meine Frage bejahte, nahm ich mir erst recht vor teilzunehmen. Es war ja beinahe ein dienstlicher Einsatz.
    Am Nachmittag gingen wir mit der ganzen Familie auf der Eisbahn in Olari Schlittschuh laufen, obwohl Iida sich beschwerte, Natureis sei zu holprig. Antti wirkte in seinen Schlittschuhen Größe sechsundvierzig rührend tollpatschig. Iida versuchte, ihm den Rittberger beizubringen, aber mit Eishockeykufen war der Sprung natürlich nicht zu schaffen. Ich übte mit Taneli die Waage. Schließlich mussten wir Erwachsenen aufhören, weil uns die Knöchel wehtaten.
    »Julia meint, Taneli sei talentiert, der geborene Schlittschuhläufer«, sagte Antti, als wir am Rand der Bahn auf und ab hüpften, um uns warm zu halten. »Bei Iida ist der Ehrgeiz größer als die Begabung, Formationslauf wäre für sie vielleicht besser als Einzellauf.«
    »Lass doch der Kleinen ihren Traum, Eisprinzessin zu sein! Über ihre sportliche Zukunft brauchen wir jetzt noch nicht zu entscheiden. Warten wir bis zum nächsten Winter. Wann hast du übrigens das letzte Mal Schnee in den Nacken gekriegt?« Ich hatte Lust auszuprobieren, ob Antti und ich noch das Zeug dazu hatten, herumzualbern, uns gegenseitig einzuseifen und im Schnee zu wälzen. Obwohl ich fror, als ich besiegt unter Antti in einer Schneewehe lag, war ich zufrieden. Wir konnten immer noch miteinander Blödsinn machen.
     
    Am nächsten Morgen war ich frisch und munter und hatte geradezu ein schlechtes Gewissen, als ich sah, wie sich die Haut in Puupponens Sommersprossengesicht vor Müdigkeit spannte. Doch seine Augen sprühten vor Begeisterung, denn er hatte seitenweise Informationen über Igor Mischin zusammengetragen, einen russischen Staatsbürger mit festem Wohnsitz in Finnland.
    »War er an der Kuppeleigeschichte in der russischen Handelsvertretung im letzten Herbst beteiligt?«, fragte Koivu.
    »Aber nein, der liebe Igor ist die Unschuld in Person. Er betreibt einen Importservice, er führt Salzgurken und tiefgefrorene Kulebjaks ein.«
    »Was sind Kulebjaks?« Koivus kulinarische Kenntnisse beschränkten sich auf finnische und asiatische Gerichte.
    Puupponen sah ihn an und wieherte los. Ursula lachte mit, und auch ich konnte ein Lächeln nicht unterdrücken.
    »Teigschnecken«, kicherte Ursula, und Puupponen setzte hinzu: »Der Kerl hat eine Schneckenfirma!«
    Nachdem er sich wieder beruhigt hatte, berichtete Puupponen, dass Mischin sowohl von der Helsinkier Schupo als auch von der Zentralkripo überwacht wurde und bereits mehrfach unter dem Verdacht der Zuhälterei vernommen, aus Mangel an Beweisen jedoch immer wieder auf freien Fuß gesetzt worden war. Er wohnte im Stadtteil Eira, nicht weit von Punavuori und der Frivolen Nachtigall. Man munkelte, er sei einer der beiden Bosse, die zurzeit die organisierte Prostitution in Helsinki unter sich hatten.
    »Ein gutes System hat er sich ausgedacht. Er zwingt Restaurants, Lebensmittel bei ihm zu bestellen, und berechnet ihnen Phantasiesummen für die Lieferungen. In Wahrheit handelt es sich um Schutzgeld«, mutmaßte Puupponen. »Sollte ihm hier der Boden unter den Füßen zu heiß werden, macht der liebe Igor rasch den Abflug nach Hause, nach St. Petersburg. Er besitzt nämlich einen Hubschrauber. Und eine Großbäckerei in der Kustaankatu sowie Wohnungen in der ganzen Stadt, für kurzzeitige Bäckereigehilfinnen. Manchmal ist die Nachfrage nach Kulebjaks nämlich so groß, dass er Saisonkräfte ins Land holen muss. Finnische Schnecken sind einfach nicht so gut.«
    »Mit Mischins Mädchen müssen wir uns noch genauer befassen«, fügte Autio hinzu. »Ich gehe heute die Arbeitsgenehmigungen der Saisonbäckerinnen durch und setze mich mit der Visabehörde in Verbindung. Ich vermute, dass Mischin zwei Sorten von Frauen beschäftigt, legal eingereiste und illegale. Vielleicht ist unsere Oksana eine von ihnen.«
    »Weiß man, ob Mischins Handlanger schon einmal jemanden umgebracht haben?«, erkundigte ich mich, doch darüber konnte Autio keine Auskunft geben.
    Nach der Morgenbesprechung ging ich zu Kaartamo, bei dem ich gleich in der Frühe einen Termin reserviert hatte. Sein Dienstzimmer war tadellos aufgeräumt, offenbar sorgte seine Sekretärin für Ordnung.
    »Was liegt an?« Da Kaartamo mir keinen Platz anbot, setzte ich mich unaufgefordert. Mein Stuhl war niedriger als seiner, sodass ich zu ihm aufschauen

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