Wer sich nicht fügen will
hab’s: Lulu hat gedroht, vor laufender Kamera zu erzählen, wie erbärmlich Länsimies im Bett ist«, grinste Puupponen und gähnte gleich darauf herzhaft. »Vielleicht hat sie ihn erpresst, dass er sie einlädt und sie im Fernsehen für ihr Studio werben kann, aber Länsimies hatte Angst, dass sie etwas ganz anderes ausplaudern würde.«
»Es wäre doch verrückt, in seiner eigenen Fernsehshow jemanden umzubringen«, hielt Koivu dagegen.
»Wieso? Das ist das ultimative Reality-TV!«, versuchte Puupponen erneut zu witzeln. »Und die Saarnio – ist ihr Mann nicht irgendein Wirtschaftsboss? Die Typen stehen doch am allermeisten auf Nutten. Vielleicht hat Riitta Saarnio erfahren, dass ihr Mann sich von Lulu verwöhnen ließ, und hat daraufhin ein bisschen Gift aus dem Gartenschuppen geholt. Sollen wir abchecken, ob das Schmetterlingssammeln ein Hobby der gnädigen Frau ist?«
»Das Hobby des Herrn Gemahls sind jedenfalls Kätzchen«, ergänzte Koivu, woraufhin er und Puupponen kicherten wie zwei Pennäler. Ursula sah mich an und verdrehte die Augen über das kindische Gehabe der Männer. Diese Geste war so untypisch für sie, dass sie mich verwirrte. Im Allgemeinen zeigte Ursula wenig Neigung, sich mit Frauen zu solidarisieren, sie verbündete sich lieber mit Männern.
»Diese Maskenbildnerin, Nuppu Koskela, die habt ihr vernommen, nicht wahr?«, wandte sich Autio an Puupponen. »Seid ihr sicher, dass zwischen ihr und Lulu keine Verbindung besteht?«
»Wir sind jedenfalls auf keine gestoßen. Die Mittelohrentzündung ihrer Tochter schien ihr wichtiger zu sein als der Mord.«
»So kann nur einer reden, der keine Kinder hat«, fuhr Puustjärvi ihn an, und ich musste meine Untergebenen zur Sache rufen wie eine ungebärdige Schulklasse.
»Was ist mit der Schlüsselkarte von Nuppu Koskela? Ist sie nun verschwunden oder nicht?«
»Sie lag auf dem Schminktisch unter einer Puderdose und wird jetzt auf Fingerabdrücke untersucht«, berichtete Puupponen.
»Gut. Dann kommen wir jetzt zum zweiten Ermittlungsstrang, nämlich zu der Hypothese, dass Lulu Nightingale getötet wurde, weil sie Zuhältern ins Gehege kam. Wir haben mittlerweile auch einen Namen: Mischin. Ville, du suchst nach Informationen über ihn. Autio – entschuldige, Gideon … Du bist für die nächsten vier Stunden Villes Partner. Ursula muss sich ausruhen.«
»Das ist nicht nötig«, protestierte Ursula.
»Du bist krankgeschrieben. Eigentlich gehörst du nach Hause.«
Gegen Mittag fand ich, dass es auch für mich an der Zeit sei, nach Hause zu gehen. Zwar waren am Vorabend zwei Körperverletzungen und eine Vergewaltigung angezeigt worden, doch darum konnten sich meine Mitarbeiter bei Gelegenheit kümmern. Die beiden Schläger waren bekannt; sie saßen bereits hinter Gittern, und der Vergewaltiger war der ehemalige Freund des Opfers. Die Voruntersuchungen waren also reine Routine.
Ich beschloss, erst am Montag mit Kaartamo zu sprechen, und stellte einmal mehr fest, wie sehr ich Jyrki Taskinen vermisste, die Gespräche mit ihm, unsere gemeinsamen Mittagessen, für die wir allerdings viel zu selten Zeit gehabt hatten. Per E-Mail wollte ich ihm nicht von Ursulas Fehler berichten, aus Angst, die Nachricht könnte in die falschen Hände gelangen. Aber ich brauchte jemanden, mit dem ich reden konnte. Deshalb rief ich vom Auto aus meine Freundin Leena an.
»Hast du Zeit, heute Abend zum Tee zu kommen? Oder mit mir und den Kindern einen Spaziergang zu machen?«
Leena war vor zwei Jahren nach Saunalahti gezogen, nicht weit von unserer Siedlung. In der schneefreien Zeit radelten wir oft zusammen.
»Geht nicht, ich backe wie verrückt für Tante Allus Beerdigung. Kommst du auch hin?«
»Ach ja, die Beerdigung!« Leenas Patentante Allu war vor zwei Wochen nach kurzer Krankheit gestorben. Sie war Geschäftsfrau gewesen – Autohändlerin, um genau zu sein – und hatte uns vierzig Jahre jüngeren Frauen unglaubliche Geschichten aus den Anfängen ihrer Tätigkeit in den sechziger Jahren erzählt. Viele Männer hatten sich damals schlichtweg geweigert, ihren Wagen bei einer Frau zu kaufen. Aber Allu hatte die gläserne Wand mit dem Vorschlaghammer durchbrochen. Leena und ich hatten oft darüber gesprochen, wie anspornend Allus Vorbild war. Selbstverständlich würde ich zu ihrer Beerdigung gehen.
»Am Mittwoch um fünf in der Kirche von Tapiola, danach Kaffeetrinken bei uns.« Allu hatte keine eigene Familie gehabt, Leena und ihre Mutter waren die nächsten
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