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Wer sich nicht fügen will

Wer sich nicht fügen will

Titel: Wer sich nicht fügen will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Letholainen
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belegte es dick mit Salami.
    »Du bist nicht meine Vorgesetzte, Kallio, und außerdem hat mein Chef bereits mit deinem Chef gesprochen. Ich habe Lulu Nightingale zweimal getroffen. An ihr selbst waren wir nicht interessiert, wir wollten nur wissen, ob jemand versucht hatte, ihr einen Zuhälter aufzuzwingen.«
    »Mischin?«, fragte ich schnell. Nordström zuckte zusammen, gab aber keine Antwort, und ich bereute meine Indiskretion. Ursulas Abenteuer im Mikado durfte auf keinen Fall publik werden.
    »Und? Wurde Lulu bedroht oder erpresst?«, hakte ich nach, da Nordström beharrlich schwieg. Er runzelte die Brauen und schnaubte verärgert.
    »Stell nicht so dumme Fragen, Kallio. Ein Wunder, dass sie überhaupt so lange am Leben geblieben ist. Diese Russen sind harte Burschen, ein paar Tote nehmen die locker in Kauf. Mich haben sie auch schon mit ihrer Aufmerksamkeit bedacht, abwechselnd mit Bestechung und Drohungen. Das Bild, das die Nightingale von ihrem Beruf gemalt hat, ist völlig falsch. In Wahrheit geht es um grenzenlose Ausbeutung, im schlimmsten Fall um nackten Menschenhandel. Die Frauen haben keine Wahl, sie werden verheizt, nach zwei, drei Jahren sind sie total verschlissen. Man gaukelt ihnen vor, sie könnten Geld auf die hohe Kante legen und ihren Familien Geschenke machen, aber praktisch geht alles für die Zuhälter und für Drogen drauf. Ich könnte mir vorstellen, dass die Kerle Lulus Gorilla vor die Wahl gestellt haben, entweder seine Chefin umzubringen oder selbst eine Kugel zu fangen. Woanders nach dem Täter zu suchen wäre pure Zeitverschwendung.«
    Sobald ich von dem Zyanidfund in Lulus Wagen erfahren hatte, war die Fahndung nach Tero Sulonen angelaufen, doch bisher war er noch nicht gefasst worden. Seit Lulus Tod hatte er die Wohnung offenbar nicht mehr betreten. Nordström wusste nichts von dem Zyanid, und auch die Medien wollte ich vorläufig nicht informieren. Zuerst mussten wir feststellen, wie das Gift in Lulus Wagen gelangt war.
    »Worauf beruht deine Hypothese, dass Sulonen gekauft worden ist?«
    Nordström lachte auf. Dann erhob er sich, ging in den Erker, öffnete das Fenster und zündete sich eine Zigarette an. Seine Wohnung war anders, als ich sie mir vorgestellt hatte. Sie hatte eine geräumige, altmodische Küche mit einem Fenster zum Innenhof. Die Toilette war so klein, dass ich mich fragte, wie Nordström es schaffte, die Tür zu schließen. Aber vielleicht hatte er das als Single gar nicht nötig. Besonders beeindruckend war das kombinierte Wohn- und Schlafzimmer, ein hoher Raum mit einem bühnenartigen Podest, auf dem Nordströms Bett stand. An das Podest schloss sich ein kleiner Turmerker mit einem Lesesessel an. Nordström hatte viele Bücher, aber auch zahlreiche Kunstwerke, moderne Skulpturen und Gemälde, die man sich meiner Einschätzung nach von einem Polizistengehalt nicht leisten konnte. Vielleicht hatte er eine größere Summe geerbt. Oder verfügte er über andere Einnahmequellen? Angeblich gingen manche Kollegen äußerst lasch gegen die Prostitution vor. Die finnische Polizei galt als ehrlich, aber womöglich war der eine oder andere doch bereit, sich kaufen zu lassen, wenn der Preis stimmte. Nordström hatte immer schon gewusst, nach wessen Pfeife es sich zu tanzen lohnte.
    »Solidarität der Unterwelt ist ein romantisches Klischee aus dem Kino. Fressen oder gefressen werden, das ist die Wirklichkeit. Wir haben natürlich Erkundungen über diesen Sulonen eingezogen. Der Bursche ist wahrhaftig kein Unschuldslamm. Wie es aussieht, hat er als Türsteher sowohl Nutten als auch Drogen vermittelt.« Nordström blies den Rauch zum Fenster hinaus. In dem zierlichen Erker, der den passenden Hintergrund für ein graziles Wesen abgegeben hätte, wirkte seine massige Gestalt fast deplatziert.
    Er hatte das Frühstück in der Küche angerichtet, aber im Wohnzimmer serviert. Wäre es ihm zu intim gewesen, mit uns gemütlich am Küchentisch zu sitzen?
    Ich hatte für das Duell mit ihm meine maskulinste Kleidung angezogen, einen schwarzen Nadelstreifenanzug mit weißer Bluse, und mir die Haare zum strengen Knoten aufgesteckt, obwohl mich das, verschlafen wie ich war, Nerven gekostet hatte. Die Absätze machten mich fünf Zentimeter größer, aber bei Nordströms Körperlänge brachte das nicht viel. Er hatte mir absichtlich einen niedrigen Sessel angeboten, in dem es sich zwar bequem saß, der mich aber zwang, zu meinem Gesprächspartner aufzuschauen.
    »Du warst doch in Lulus

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