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Wer sich nicht fügen will

Wer sich nicht fügen will

Titel: Wer sich nicht fügen will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Letholainen
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gezwungen.
    »Nein, Kallio, da irrst du dich. Die Dokumente sind noch unter Verschluss. Es geht um eine verdammt große Operation, bei der du uns besser nicht in die Quere kommst.«
    »Ich habe dich als Zeugen vernommen, nicht als Verdächtigen, das steht in unserem Protokoll. Folglich hattest du nicht das Recht zu lügen.«
    »Mit dem Mord an der Nutte habe ich nichts zu tun, ich hatte lediglich das Pech, zur selben Sendung eingeladen zu sein. Finde dich damit ab. Oder muss ich meinen Chef einschalten?« Ich konnte mir vorstellen, wie Lasse Nordström jetzt aussah: die freie Hand zur Faust geballt, die Stirn in Falten gelegt, die Lippen ein dünner Strich. Ich spürte, wie sich auch mein Körper spannte, meine Stimme wurde tiefer.
    »Keine Drohungen, bitte. Nicht nur dass du Lulu kanntest, du hast offenbar auch eine gewisse Vorstellung davon, wer die Frau namens Oksana ist, die sich vor einigen Tagen aus der Klinik abgesetzt hat. Auch davon hast du uns nichts gesagt. Also: Um welche Zeit treffen wir uns morgen? Gleich um neun? Falls du zu beschäftigt bist, kann ich nach Tikkurila kommen, oder meinethalben auch zu dir nach Hause.«
    Nordström überlegte eine Weile, offenbar wollte er sich die Alternative aussuchen, die mir die größten Zugeständnisse abforderte.
    »Morgen habe ich tatsächlich sehr viel zu tun. Aber ich könnte vielleicht eine Stunde für dich herausschlagen … Wie wäre es um halb sieben in meiner Wohnung, in der Kulmakatu in Helsinki? Kommst du allein, oder soll ich für drei Personen Frühstück machen?«
    »Tisch nur ordentlich was auf, Koivu hat immer Hunger!«
    Ich ging wieder in den Konferenzraum, in dem sich inzwischen das gesamte Dezernat versammelt hatte. Die Männer standen im Halbkreis hinter Ursulas Stuhl und starrten mit aufgerissenen Augen auf den Bildschirm des Computers.
    »Das kann nicht echt sein«, seufzte Koivu schließlich.
    »Wieso nicht, immerhin hat es schon entsprechende Gerüchte gegeben«, sagte Autio.
    »Die sind doch erstunken und erlogen«, giftete Ursula. »Ich frage mich, wer so was fabriziert, und wozu? Wir müssen uns die Pornoseiten anschauen, vielleicht hat es jemand ins Internet gestellt. Guck dir das an, ein total absurdes Bild von Lulu und der Präsidentin.«
    »Was?« Ich schob meine Kollegen zur Seite und schaute auf den Bildschirm. Das Foto war gestochen scharf. Es zeigte die Präsidentin als nehmende und Lulu als gebende Partnerin. Obwohl Lulus Gesicht von den blonden Haaren verdeckt wurde, war ihr tätowierter Körper zweifelsfrei zu identifizieren. Die Präsidentin blickte direkt in die Kamera.
    »Da hat einer seine schmutzige Phantasie spielen lassen. Habt ihr noch mehr von dem Zeug gefunden?«, fragte ich angewidert. Ich wusste, dass im Prinzip jeder Mensch auf einer Pornoseite im Internet landen konnte, aber eine derartige Geschmacklosigkeit hätte ich nicht einmal denjenigen zugetraut, die es der amtierenden Präsidentin immer noch nachtrugen, dass sie früher einmal Vorsitzende des Vereins für sexuelle Gleichstellung gewesen war. Auch ich gehörte dieser Organisation an und war doch nichts weiter als eine stinknormale Heterofrau.
    »Ein Grund mehr, Sulonen zur Vernehmung vorzuladen. Das übernimmst du, Puupponen. Ich fahre jetzt nach Hause und zähle meine Kinder, mit dem einen muss ich nämlich Klartext reden. Koivu, morgen früh um sechs steh ich vor deinem Haus, dann fahren wir zu Lasse Nordström. Gut, dass du das Machwerk entdeckt hast, Ursula!«
    Damit verließ ich den Raum, ohne mich noch einmal umzublicken. Auf dem Heimweg kaufte ich noch ein, da ich nicht wusste, wo Antti steckte. Letzten Endes kamen wir gleichzeitig zu Hause an; er hatte Taneli von der Kita abgeholt. Sein Fahrrad war zwar mit Spikes bestückt, aber es machte mich trotzdem nervös, wenn er mit dem Kleinen im Kindersitz über vereiste Radwege fuhr.
    »Ich hab deine SMS bekommen, als ich gerade in der Schule anrufen wollte. Was war mit Iida?«
    »Sie musste nachsitzen, weil sie einen Jungen aus der fünften Klasse gebissen hat.«
    »Warum denn das?«
    »Hat sie es dir nicht erzählt?« Wir zwängten uns in den Aufzug. Normalerweise nahm ich die Treppe, aber die Einkaufstüten waren höllisch schwer. Iida saß im Kinderzimmer und zeichnete etwas in ein Heft, offenbar ging es um die Hausaufgaben in Religion. Antti blieb mit Taneli im Flur und half ihm, den Schneeanzug auszuziehen, während ich zu meiner Tochter ging. Ich legte ihr die Hand auf den Kopf und beugte mich vor,

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