Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
Vom Netzwerk:
gewesen? O Samuel!«
    Timothy ließ das Bild erlöschen. Vielleicht, dachte er, war es auch ganz anders. Wahrscheinlich. Doch hier liegt meine einzige Chance, an Baxter zu kommen. Wie?
    Die nächsten Stunden verbrachte Timothy mit dem Studium der Landkarten und des Stadtplanes, er entwarf Skizzen, Marschtabellen und eigentümliche lineare Gebilde und ließ Napoleon lange Kolonnen berechnen. Schließlich nickte er zufrieden und begann zu pfeifen. It’s a long way to Tipperary.
    Er rief bei der CLEANING CORPORATION an und bestellte einen Wohnungsreiniger. Dann bereitete er sich Milchreis. Als magenfreundliches Gegengift, wie er sich bescheinigte. Timothy hatte zuerst nach Cornflakes gegriffen, sie dann aber mit einem Ausdruck von Ekel wieder zurückgestellt.
    CLEANING schickte einen jungen Burschen in geschniegelter Uniform mit blitzenden Taschen und Eimern, der sich sogleich auf die Arbeit stürzen wollte. Timothy murrte.
    »Schon wieder ein Neuer! Ich habe keine Lust, mich immer wieder an neue Gesichter zu gewöhnen.«
    »Ich werde es ausrichten, Sir!« antwortete der Cleaner, holte dabei aber einen Puzzlestein aus der Tasche. Timothy ging mit dem Steinchen zu einem kleinen Wandtisch im Tagesraum, wo in diesem Monat ein fast fertiges Puzzle der Niagarafälle lag. Er brauchte nicht lange, um herauszufinden, wohin der Puzzlestein paßte. Er schleppte den jungen Mann ins Mausoleum, verkündete dabei lauthals, er würde sich beschweren, wenn er nicht vollends zufriedengestellt würde, und er sei außerordentlich penibel, was die Sauberkeit anbelange.
    »Ich glaube, du brauchst nicht so eine Show abzuziehen«, sagte der junge Mann, als sich die Mausoleumstür hinter ihnen geschlossen hatte. »Erstens: Du wirst nicht überwacht, nicht mehr als sonst auch. Zweitens: Man schickt jemand, der dich beschützt – rund um die Uhr. Drittens: Ein Maulwurf ist zur Zeit sehr schwer zu haben, man wird sich aber bemühen. Viertens: Wenn du Aufträge hast, gib sie mir.«
    Timothy holte einen Kristall. »Das ist für den Großen Bruder. Absolut geheim. Absolut, du verstehst?«
    Der junge Mann nickte ernst. »Do or die« 8 , sagte er, holte eine Tube Plastik hervor, bettete den Kristall ein und formte eine Kugel, die nicht anders aussah als die Kugeln im Waschmitteleimer, in den er die Kristallkugel legte.
    »Hoffentlich findest du sie wieder«, sagte Timothy.
    »Ich schon. Noch was?«
    »Ich brauche eine Telefonnummer, die mit 8 27 3o anfängt, wo ist egal. Man soll nur einen einfachen Recaller aufstellen, der jedem Anrufer antwortet: ’Patrick-Gemeinde. Siehe, der Herr ist nah. Suche deine Brüder, wie er es dir zuruft!«
    Der junge Mann wiederholte es leise.
    »Außerdem soll man eine Reklamefläche an der Südseite des ’Nebraska‹ mieten, etwa sechs Meter hoch und zwei Meter breit; sie soll das Patrick-Kreuz zeigen, so: ein langer Strich mit zwei sich kreuzenden Querbalken, dazu die Rufnummer. Ich muß die Nummer natürlich auch erfahren. Mieter von Rufnummer und Reklamefläche müssen absolut anonym bleiben, und beides muß auf Stichwort ausgeschaltet werden können, okay?«
    »Okay.«
    Timothy führte den jungen Mann wieder auf den Flur und schimpfte: »Scheren Sie sich zum Teufel. Ich habe gesagt, daß ich äußerst penibel bin. Ich werde mich bei Ihrem Chef beschweren.«
    »Ich bedauere es sehr«, antwortete der andere unterwürfig. »Unsere Firma wird Ihnen sofort einen neuen Cleaner schicken.«
    Der erschien eine halbe Stunde später. Er war offensichtlich nicht zum erstenmal bei Timothy und schien keine Ahnung zu haben, daß vor ihm schon ein anderer dagewesen war. Timothy hütete sich, es ihm zu verraten. Während der Cleaner sich im Tagesraum an die Arbeit machte, ging Timothy in die Küche, öffnete sämtliche Schränke und Schubladen und stand lange unschlüssig vor seinen Vorräten. Was, dachte er, bereitet man nur so einem Gast?
    9.
    An diesem Nachmittag tönte die Klingel an der Wohnungstür noch zweimal. Das erste Mal war es ein Safeman der Haussicherheitstruppe, der sich bei Timothy als neuer Beamter der 827. Etage vorstellen wollte. Er unterschied sich in nichts von den dreihundert »hauseigenen Bullen« des »Nebraska«, wie Timothy immer sagte, aber er verabschiedete sich völlig untypisch mit Handschlag und ließ dabei einen Puzzlestein in Timothys Hand zurück.
    Der zweite Besucher kam von der Computer-Firma. Er hatte einen Reparaturauftrag bei sich, auf dem Timothys Appartement-Nummer stand, 8 27 30, aber

Weitere Kostenlose Bücher