Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)
wird in spätestens zehn Tagen zerfallen sein.«
»Auch die Knochen?«
»Alles. Es wird nichts von ihm übrigbleiben.«
Timothy sah Doc entgeistert an. »Nichts?«
Doc schüttelte den Kopf.
»Dann werden wir ihn aufnehmen«, sagte Timothy entschlossen. »Baxter darf nicht spurlos verschwinden. Komm, hilf mir.«
Timothy holte die Hologrammkamera und schaltete eine neutrale Projektion ein, dann filmten sie einen ganzen Kristall voll: Baxter, im Bassin schwimmend, im Sessel liegend und sitzend, vor allem immer wieder die Doppelschulter, schließlich packte Doc Baxter um den Leib, legte sich seine beiden linken Arme um den Hals und zerrte ihn in die Höhe. Baxter stöhnte, stellte sich aber auf die Füße. Er schlug die Augen auf, schien jedoch nicht wahrzunehmen, was mit ihm geschah.
»Los, mach schon!« rief Doc. »Der Kerl ist verdammt schwer.«
»Bist du verrückt? Die Aufnahme wäre so gut wie eine Fahrkarte ins Jenseits.«
»Wir müssen sie ja nicht gleich jedem zeigen. Aber wer wird das Ganze glauben, wenn nicht irgendwo einer von uns mit zu sehen ist?«
Dann diktierte Doc einen Kristall voll medizinischer Befunde. Er nahm die beiden Kristalle, überzog sie mit Lack und würgte sie hinunter, bevor Timothy etwas sagen konnte. »Was wird mit ihm?« fragte Doc dann.
»Wie geht es weiter?« fragte Timothy zurück.
»So erschöpft, wie er jetzt ist, wird er erst einmal zehn oder zwölf Stunden schlafen, vielleicht sogar länger. Wahrscheinlich wird er sich dann frisch und unternehmungslustig fühlen, doch das ist nur eine pseudoaktive Phase. Das Fieber höhlt ihn aus. Es wird auf vierzig sinken, weiter nicht, und irgendwann wird es sprunghaft ansteigen. Dann sind es nur noch ein oder zwei Stunden. Kann auch sein, er wacht überhaupt nicht mehr auf.«
»Aber er muß aussagen! Erzählen, was mit ihm geschah, wo, wie. Was er erlebt hat.«
»Du wirst wohl nur noch Fieberphantasien von ihm hören. Das Gehirn entgleitet zunehmend seiner Kontrolle, stellt willkürliche Verbindungen her.«
»Kannst du ihm nicht etwas geben, das ihn aufmuntert?« Doc gab Timothy eine Injektionsampulle. »Vielleicht kannst du ihn damit aufmuntern, aber höchstens für eine halbe Stunde. Ein Dopingmittel, es mobilisiert die letzten Reserven. Aber das gilt nur für den Körper, nicht für den Verstand. Was hast du vor?«
»Ich weiß nicht«, sagte Timothy, es klang recht verzweifelt. »Wenn er nicht mehr zu sich kommt, möchte ich ihn am liebsten ausliefern. Kann man feststellen, daß ihn ein Arzt behandelt hat?«
Doc untersuchte Baxter. »Halb so schlimm«, sagte er. »An den Händen ist nichts zu erkennen, die sind ohnehin zerschunden, die Elektrodenstellen beseitige ich mit Percohol, bleibt die Armbeuge.« Er nahm ein Skalpell, zerkratzte damit die Haut in Baxters Armbeuge und sprühte Verband darüber.
»Ich könnte sagen, daß er völlig erschöpft und verschmutzt ankam. Ich habe ihn gleich in die Wanne gesetzt, dabei ist er zusammengeklappt und nicht mehr zu sich gekommen.«
»Wie erklärst du, daß er gerade zu dir kam?« warf Doc ein.
»Das ist nicht das Problem.«
»Sondern?«
»Ob mir nicht noch etwas Besseres einfällt.« Timothy streckte Doc die Hand hin. »Danke schön. Ich glaube, du machst dich jetzt lieber davon. Oder willst du warten, bis die Sperrstunde vorbei ist?«
»Kein Problem.« Doc grinste breit. »Ich wohne auch im ’Nebraska‹.«
Er sagte nicht wo, und Timothy fragte nicht.
10.
Timothy wachte bei Baxter, wischte ihm Schweiß von der Stirn, feuchtete die Lippen an und flößte ihm alle halbe Stunde zwanzig Tropfen des Linderungsmittels ein, dabei maß er jedesmal Fieber; die Temperatur hielt sich bei 39,8. Gleich früh rief er die Bachstelze an. Sie hatte keine Neuigkeiten. Von Baxter keine Spur.
Timothy holte »Schneewittchen« ins Bad. Die Sonic verbreitete getragene, fast klagende Töne, zitterte und bebte. Timothy schluckte zwei Pillen Xenopholan, um nicht einzuschlafen. Mit einemmal wußte er, was er mit Baxter anfangen könnte. Er erschrak über seinen Gedanken, sah Baxter lange und nachdenklich an. »Du bist dein Leben lang manipuliert worden«, sagte er leise, »warum nicht einmal, das letzte Mal, zum Nutzen der Menschen?«
Dann erschien es ihm wieder zu gefährlich. Und unmoralisch. Er zwang sich, es in Ruhe nach allen Seiten zu durchdenken. Er entschied sich, die Aktion wenigstens vorzubereiten.
Die nächsten Stunden hantierte er in der Küche, zwischendurch suchte er die Skizze
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