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Wer weiter sehen will, braucht hoehere Schuhe

Titel: Wer weiter sehen will, braucht hoehere Schuhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peta Mathias
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herausfanden, dass diese unbefleckte Empfängnis nichts als ein heidnischer Mythos war, hatten sich unsere Becken bereits verselbständigt. Krishnas Mutter Devaki war ebenfalls Jungfrau, ebenso wie Myrrha, die Mutter von Adonis, und Dionysos’ Mutter Semele. Hallo?
    Eines Tages enthüllte meine beste Freundin die verheerende Wahrheit.
    »Ich habe herausgefunden, wie man schwanger wird«, erklärte sie und lehnte sich gegen den Schiedsrichterstuhl am Rand des Tennisplatzes.
    »Wie denn?«
    »Na ja, die Frau und der Mann liegen zusammen im Bett, und dann steckt der Mann sein Ding in ihr Ding und gibt seinen Samen …«
    » NEIN ! Das glaube ich nicht!« Kreidebleich und stocksteif stand ich in meiner blauen Schuluniform da.
    Ich vergaß – besser gesagt, ich verdrängte – diese schockierende Enthüllung und lebte mein Mädchenleben weiter wie zuvor. Aber es war zu spät. Mein Gehirn war von dieser Information verseucht, und, was noch viel schlimmer war, mein Körper begann sich bereits zu verändern, und ich hatte das dumpfe Gefühl, dass die kindliche Unschuld und die Verschonung vor der Verantwortung bald für immer aus meinem Leben verschwinden würden. Ich hielt es für das Klügste, so zu tun, als wäre nichts. Die Mutter meiner besten Freundin war Schauspielerin und hatte meine endlose Bewunderung geerntet, weil sie sich mitten in einem Stück das Korsett vom Leib gerissen und ihrem Bühnen-Ehemann die Worte »Fass mich nicht an, du elender Dreckskerl, deine Finger sind ja noch nass von einer anderen«, entgegengeschleudert hatte. Ich war nicht ganz sicher, was das bedeuten sollte, wusste aber, dass es ein Skandal war. Eine Woche später versorgte mich meine Freundin mit neuen Erkenntnissen.
    »Rate mal, was ich herausgefunden habe.«
    »Hau ab, ich will es gar nicht wissen.« Ich hielt mir die Ohren zu.
    »Nein, warte. Hör zu. Es ist nicht so schlimm, wie wir dachten. Offenbar kann es auch passieren, während du schläfst und du bekommst nichts davon mit. Allerdings kann es vorkommen, dass du süchtig danach wirst, wenn du es erst mal getan hast.«
    »Gott sei Dank«, stieß ich erleichtert hervor und ignorierte den Teil mit dem Süchtigwerden, weil er mir viel zu abwegig erschien.
    Später bekam ich von irgendeinem Rugby-Spieler meinen ersten »richtigen« Kuss, eine Erfahrung, die mich daran erinnerte, wie ich als Kleinkind im Garten einmal Schnecken gegessen hatte. Wir standen im Dunkeln vor der Haustür. Die Blätter rauschten über uns, und meine Eltern linsten durch die Jalousien.
    »Tja, danke, dass du mich nach Hause begleitet hast«, sagte ich. »Normalerweise hätte meine Mutter um diese Zeit längst die Polizei eingeschaltet, die die gesamte Nachbarschaft nach mir durchkämmt.«
    »Willst du mich nicht auf einen Kaffee hereinbitten oder so was?«
    »Spinnst du? Wenn ich das tue, flippt meine Mutter aus. Die frisst dich zum Frühstück.«
    Ohne Vorwarnung presste er mir seine geöffneten Lippen auf den Mund.
    »Was tust du da?«, fragte ich, wich zurück und wischte mir mit dem Handrücken den Mund ab.
    »Das macht man doch so. Und ich glaube, man soll auch dem anderen die Zunge reinschieben.«
    »Erzähl keinen Stuss.«
    Er zog mich an sich und setzte zum zweiten Versuch an.
    »Los, du musst dich nur ein bisschen entspannen.«
    »Entspannen? Während ich eine Schnecke im Mund habe?«
    1964 bedeutete eine Schwangerschaft, dass das Leben endgültig zerstört war. Man galt als beschädigte Ware, eine Frau zweiter Klasse. Die gesamte Familie wurde dadurch in Misskredit gebracht, während man selbst aller Wahrscheinlichkeit nach geradewegs in die Hölle kam oder noch Schlimmeres. Und was das Allerschlimmste war: JEMALS EINEN EHEMANN FINDEN ? DAS KANNST DU FÜR DEN REST DEINES LEBENS VERGESSEN . Als wir das erste Mal Sex hatten, wurden wir von heftigen Krämpfen geschüttelt, gefolgt von einer traumatischen Schockstarre. Das war die erste Reaktion. Die zweite war: Und das war’s? Dafür habe ich mir all die Jahre meine Unschuld bewahrt? Die dritte Reaktion, nach ein wenig Übung, fiel etwas anders aus: Oooooh, das ist ja toll! Unnötig zu erwähnen, dass der Orgasmus zu dieser Zeit ein Fremdwort war. Niemand redete darüber, niemand wusste, dass er überhaupt existierte. Von ihm erfuhren wir erst, als wir die verschweißten Inlays der Frauenzeitschriften lasen. Bestimmt wusste die eine oder andere schon damals Bescheid, trotzdem waren wir überzeugt, ihn entdeckt zu haben. Allerdings wussten wir im

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