Wer will schon einen Vampir?: Argeneau Vampir 8
Ihnen einen Drink spendieren?”, fragte der Blonde, ein Engländer, schleppend.
„Nein, danke. Ich habe bereits bestellt.... und ich warte hier auf jemanden”, fügte sie voller Unbehagen hinzu. Mit solchen Situationen hatte sie keine Übung, und wenn sie ganz ehrlich war, hatte sie so etwas noch nie erlebt. Ihre Arbeit hielt sie die meiste Zeit über davon ab, abends auszugehen, und wenn sie es doch einmal einrichten konnte, dann traf sie sich mit ihren Freundinnen Lisa und Sherry, die im Haus nebenan wohnten.
Kennengelernt hatten sie sich an dem Tag, an dem sie von Portugal nach London gekommen war. Lisa schrieb eine Kolumne für ein landesweit erscheinendes Magazin, Sherry arbeitete im gleichen Verlag in der IT-Abteilung. Die zwei hätten ebenso gut als Models tätig sein können, waren sie doch beide groß und schlank Lisa blond, Sherry rothaarig , sodass sie alle Aufmerksamkeit auf sich lenkten, während Inez gar nicht erst in die Verlegenheit kam, irgendwelche Annäherungsversuche abweisen zu müssen.
Das war im Übrigen auch mit ein Grund, warum Inez sich von Zeit zu Zeit bereit erklärte, die beiden zu begleiten, denn sie fungierten als eine Art Schutzschild. In ihrer Gegenwart wurde Inez eins mit ihrer Umgebung, sodass sie sich nicht mit fremden Männern abgeben musste. Im Beruf besaß sie zwar jede Menge Selbstvertrauen, und sie war exzellent in dem, was sie tat, doch im Privatleben mangelte es ihr ganz erheblich an Selbstbewusstsein.
Inez war klein und wog, zumindest ihrer Meinung nach mindestens zwanzig Pfund zu viel, ihre Lippen waren zu voll, und die feuchte englische Luft sorgte dafür, dass sie ihre Haare kaum gebändigt bekam. In der Mode waren glatte, ordentliche Frisuren angesagt, aber sie konnte zu noch so vielen Mitteln greifen, ihre glänzenden, schwarzen Locken wollten sich ihr einfach nicht unterordnen. Was ihre übrigen Mängel anging, gab es leider keine Cremes, die sie so groß und so rank und schlank werden ließen wie ein Model.
„Ach, zieren Sie sich nicht so”, sagte der Mann mit dem rasierten Schädel. „Wir wollen nur freundlich sein.”
Sie verspürte den dringenden Wunsch, den Kerlen zu sagen, sie sollten sich verziehen. Sie hatte jetzt Thomas, ihren Lebensgefährten, der ihr von den Nanos oder von Gott oder von beiden zusammen geschickt worden war, ohne dass sie dafür etwas hatte tun müssen. In seiner Gegenwart musste sie sich nicht verstellen, sie fühlte sich nicht unsicher oder unbehaglich, sondern einfach nur rundum wohl.
Ihre eigenen Gedanken ließen sie stutzen, und sie sank auf ihrem Platz in sich zusammen. Es stimmte tatsächlich. Wenn sie an Thomas’ Seite war, dann zweifelte sie nicht an sich, und sie kam sich auch nicht fehl am Platz vor, wie es ihr bei anderen Männern erging. Sie war müde und hungrig, und auch wenn sie am Morgen noch im Dorchester gebadet hatte, trug sie doch nach wie vor das Gleiche wie am Tag zuvor. Sie hatte nicht Mal ein Gummiband zur Hand, um ihre Locken nach hinten zu binden, und außer dem Lippenstift in ihrer Tasche führte sie keinerlei Makeup bei sich. Kurz gesagt: Sie war eigentlich alles andere als vorzeigbar und doch hatte Thomas sie im Hotel geküsst, und erst vor ein paar Minuten war er sogar noch weiter gegangen. Natürlich machte ihn diese Überdosis Vampir-Viagra schärfer als gewöhnlich, hielt sie sich vor Augen, doch das allein wäre kein Grund gewesen, nur sie bespringen zu wollen, aber keine andere Frau, von denen es vor allem im Rotlichtviertel mehr als genug gab.
„Hören Sie, Süße, es ist ja wirklich faszinierend, Ihnen zuzusehen, wie Sie mit sich selbst reden, aber es wäre bestimmt vergnüglicher, wenn Sie mit uns reden würden”, sagte der Blonde und drängte sich ungefragt in ihre Gedanken. „Wir spendieren Ihnen einen Drink, und Sie unterhalten sich ein bisschen mit uns, okay?”
Sie wusste, es war nicht ratsam, betrunkenen Männern gegen über unhöflich zu sein, daher wollte sie sie freundlich darum bitten, sie in Ruhe zu lassen. Doch in dem Moment kehrte Thomas zu ihr zurück und stellte sich neben sie an den Tisch. Als sie ihm ins Gesicht sah, bemerkte sie seine versteinerte Miene und ein silbernes Leuchten in den Augen. So hatte sie ihn schon mal gesehen und zwar, als sie sich gerade geküsst hatten.
„Sie hat ,Nein, danke!’ gesagt”, ließ Thomas verlauten, während Inez mit Sorge die Männer betrachtete. Seit fast acht Jahren lebte sie mittlerweile in England, und sie wusste, wenn es
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