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Wer Wind sät

Wer Wind sät

Titel: Wer Wind sät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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Nika ihm gemacht hatte, war sie misstrauisch geworden und hatte wissen wollen, was er Nika versprochen hatte. Ihm war es gelungen, eine Geschichte zu erfinden, die Ricky einigermaßen akzeptiert hatte. Aber die Situation war gefährlich geworden, nicht zuletzt durch Mark. Jannis las den Zettel, den Ricky auf sein Bett geworfen hatte.
    Liebe Ricky, ich muss leider hier verschwinden. Danke für deine Hilfe und dass ich bei dir wohnen durfte. Vielleicht kann ich dir später alles erklären. Pass auf dich auf, Nika.
    Er warf die Bettdecke zurück, stand auf und ging in T-Shirt und Unterhose hinaus zum Briefkasten, um die Zeitung zu holen. Vielleicht stand ja schon etwas über gestern Abend drin. Er legte die Zeitung in der Küche auf den Tisch, schenkte sich einen Kaffee ein und setzte sich. Die Terrassentüren standen weit offen. Ricky fütterte im Garten ihr Viehzeug, die Hunde saßen auf der Terrasse und beobachteten sie aufmerksam. Rasch blätterte Jannis zum Lokalteil.
    Er war schuld, dass Nika weg war, das war ihm klar. Sie hatte ihn gebeten, ihren Namen nicht zu erwähnen, aber er hatte es trotzdem getan, weil er ihre Besorgnis für übertrieben gehalten hatte. Auch wenn an ihren Befürchtungen irgendetwas Wahres dran zu sein schien, denn der berühmte Klimapapst Eisenhut war ja geradezu versteinert, als er den Namen Annika Sommerfeld ausgesprochen hatte. Theissen hingegen hatte völlig die Kontrolle verloren und sich vor zweihundert Leuten und der Presse zum Affen gemacht.
    Jannis grinste. Er schlug die Seite um und zuckte erfreut zusammen, als ihm ein Foto von Eisenhut, Theissen und zwei anderen Kerlen ins Auge sprang. Gespannt überflog er den Artikel, aber von Zeile zu Zeile wuchs seine Enttäuschung. Der Schreiberling ignorierte seinen Auftritt und Theissens gewalttätige Entgleisung vollkommen! Verdammt! Hatten sich diese Pressefritzen etwa von Theissen und seinen Wirtschaftsclub-Kumpels korrumpieren lassen? Seine ganze Aktion war völlig für die Katz gewesen, wenn die Presse nicht darüber berichtete! Ricky kam zurück in die Küche.
    Â»Die Taunuszeitung hat kein Wort über mich geschrieben«, beklagte er sich bei ihr. »Das ist ja wohl das Allerletzte! Ich werde in der Redaktion anrufen und fragen, ob Theissen ihnen das verboten hat!«
    Â»Du glaubst nicht, wie egal mir das ist«, antwortete Ricky unfreundlich. »Frauke wird von der Polizei gesucht, und jetzt hat sich auch noch Nika aus dem Staub gemacht! Ich weiß nicht mehr, wie ich die ganze Arbeit schaffen soll, und du hast nur deinen bescheuerten Rachefeldzug im Kopf.«
    Sie räumte mit Gepolter die schmutzigen Tiernäpfe in die Spülmaschine.
    Â»Hilfst du mir heute im Laden?«, fragte sie. »Sonst brauch ich gar nicht aufzumachen.«
    Â»Dann lass eben zu«, murmelte Jannis und stand auf.
    Ihre Probleme interessierten ihn nicht. Vielleicht hatte ja die Rundschau oder die FAZ über ihn berichtet. Samstags machte der Kiosk unten an der Wiesbadener Straße um neun auf, das war in gut anderthalb Stunden. Außerdem glaubte er zu wissen, wo Nika sich verkrochen hatte. Er musste sie finden und sie überzeugen, zurückzukommen und ihm zu helfen. Sie war seine stärkste Waffe gegen Theissen, das hatte er gestern gemerkt. Beim nächsten Mal würde er sich nicht mehr auf die korrupte Presse verlassen.
    Gleich nachdem er die Zeitungen geholt hätte, würde er die gefälschten Gutachten ins Internet stellen – und Nikas Namen dazu. Er wusste, wie er es anfangen musste, um aus Theissens und Eisenhuts Gemauschel einen Skandal zu machen, der sich in der weltweit vernetzten Klimaskeptikergemeinde so rasend schnell ausbreiten würde wie ein Steppenbrand.
    *
    Sie hatten die ganze Nacht geredet. Ihre Geschichte, die sie ihm erzählt hatte, klang unglaublich. Die Enthüllung ihrer wahren Identität hatte ihm einen Schock versetzt, doch sie hatte glaubwürdige Beweise. Nun zermarterte Bodenstein sich den Kopf, wie er ihr helfen konnte und ob er das überhaupt in Erwägung ziehen sollte. In ihrem Besitz befanden sich Unterlagen, deren Brisanz bereits drei Menschen das Leben gekostet hatte. Was, wenn herauskam, dass er, der Leiter des K 11 in Hofheim, sie in seinem Haus versteckte? Diese Angelegenheit war eine Nummer zu groß für ihn; hier ging es nicht mehr um Kleinstadtpolitik, Bestechung und Mauschelei, sondern um etwas weitaus

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