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Wer Wind sät

Wer Wind sät

Titel: Wer Wind sät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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her.
    Â»Lassen … lassen Sie mich los, ich krieg keine Luft!«
    Der unbarmherzige Druck auf seine Kehle verstärkte sich. Ohne Vorwarnung explodierte eine Faust in seinem Gesicht. Das zweite Mal innerhalb von drei Tagen brach sein Nasenbein, ein Blutschwall schoss aus seiner malträtierten Nase. In seinem Innern öffneten sich die Schleusen einer so elementaren Angst, wie er sie noch nie empfunden hatte. Diese Typen hatten ihn kaltblütig am helllichten Tag mit dem Auto umgefahren, und sie machten nicht den Eindruck, als würden sie lange fackeln.
    Â»Deine Antwort gefällt uns nicht. Also, wo ist sie?«
    Â»Ich … ich … weiß es nicht«, wimmerte Jannis panisch. »Tun Sie mir nichts, bitte!«
    Ein zweiter Schlag ließ seine Zähne splittern. Er war der rohen Gewalt der Schläger hilflos ausgeliefert, die Angst löschte jeden vernünftigen Gedanken aus seinem Gehirn.
    Â»Schönen Gruß von Professor Eisenhut. Wir sehen uns wieder«, zischte der Mann und versetzte Jannis noch einen letzten schmerzhaften Tritt in die Rippen, bevor er aus seinem Blickfeld verschwand. Eine Autotür schlug zu. Der Spuk war vorbei. Mühsam wälzte Jannis sich auf die Seite, griff an seinen Hals, würgte und hustete. Wo war seine Brille? Sein Handy? Er robbte auf dem Bauch vorwärts. Ein Motor heulte auf. Entsetzt starrte er auf die heranrasende Stoßstange und rollte sich mit letzter Kraft zur Seite.
    *
    Pia wanderte unruhig auf dem Parkplatz vor der RK i Hofheim hin und her, das Handy am Ohr. Ein Anruf von Dr. Nicola Engel hatte ihr vor einer halben Stunde den Morgen nachhaltig verdorben.
    Sie hatte sich gerade die Haare gewaschen und erschreckend viele Strähnen aus dem Sieb über dem Abfluss der Badewanne gefischt, als Christoph mit ihrem Handy ins Badezimmer gekommen war. Noch frustriert von der Horrorvorstellung baldiger Kahlköpfigkeit, hatte Pia eine volle Breitseite Engel’scher Empörung über Bodensteins Nichterreichbarkeit abbekommen. Als ob sie dafür verantwortlich wäre, wenn ihr Chef sein verdammtes Handy abstellte, um ungestört auf Freiersfüßen wandeln zu können. Seitdem war Pia auf hundertachtzig.
    Bodenstein war noch immer nicht zu erreichen. Gestern Abend hatte er ihr noch auf die Mailbox gesprochen. Sie solle ihn unbedingt zurückrufen, egal wann, aber als sie es getan hatte, war er nicht mehr drangegangen. Was war bloß in ihn gefahren? Selbst in seiner depressiven Phase nach der Entdeckung von Cosimas Untreue hatte er sich nicht so eigenartig benommen.
    Pia hatte das Gefühl, allein auf weiter Flur zu stehen. Nach der Besprechung am gestrigen Abend hatte sich das K 11 blitzartig aus dem Staub gemacht. Sie war hingegen noch einmal zur WindPro gefahren. Bodensteins Bemerkung, er habe den Mann mit dem Pferdeschwanz vor ein paar Tagen dort gesehen, hatte ihr keine Ruhe gelassen.
    Auf dem Parkplatz hatte Pia den Personalchef auf dem Weg ins Wochenende angetroffen, der ihr bereitwillig Auskunft gegeben hatte. Bodenstein hatte recht gehabt. Der Mann, auf den die Beschreibung passte, war bei der WindPro bekannt. Er hieß Ralph Glöckner und war mitnichten ein gedungener Killer, sondern Bauleiter des Windparkprojekts Taunus und für die Dauer seines Aufenthalts im Hotel Zum Goldenen Löwen im Kelkheimer Stadtteil Münster abgestiegen. Pia war auf schnellstem Wege dorthin gefahren, aber leider hatte Glöckner zwei Stunden zuvor ausgecheckt und wurde erst am Montagabend zurückerwartet. Vom Eigentümer des Hotels hatte sie allerdings Hochinteressantes erfahren. Am Dienstag hatte Glöckner mit einem anderen Mann im Hotelrestaurant zu Abend gegessen. Gegen halb neun waren die beiden mit Glöckners Auto weggefahren und erst kurz nach Mitternacht wiedergekommen. Die Beschreibung des anderen Mannes war nur vage, aber der Wirt konnte sich erinnern, dass Glöckners Begleiter während des Essens mindestens drei Mal zum Rauchen vor die Tür gegangen war. Dr. Enno Rademacher rauchte wie ein Schlot. War er etwa mit Glöckner in der Mordnacht gemeinsam unterwegs gewesen?
    Zu gerne hätte Pia sich mit Bodenstein besprochen! Sollte sie versuchen, über Theissen Glöckners Handynummer ausfindig zu machen, oder war es klüger, den Mann zur Fahndung auszuschreiben, um ihn nicht zu früh zu warnen? Auch von Frauke Hirtreiter fehlte weiterhin jede Spur. Immerhin hatte Pia vor zehn Minuten

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