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Wer Wind sät

Wer Wind sät

Titel: Wer Wind sät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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Sprossenfenstern und einem eigenen Balkon, dessen Türen offen standen. Es war groß und akkurat aufgeräumt – ungewöhnlich für einen Sechzehnjährigen. Der Junge lag auf dem Bett, die Augen geschlossen und die Arme hinter dem Kopf verschränkt, in den Ohren die weißen Kopfhörer eines iPods. Seine Schwester ging zu ihm hin und rüttelte an seiner Schulter. Erschrocken öffnete er die Augen, fuhr hoch und zog die Stöpsel aus den Ohren.
    Â»Hallo, Mark«, sagte Pia und lächelte freundlich. »Ich bin Pia Kirchhoff, von der Kripo. Wir haben uns gestern schon einmal kurz im Haus von Frau Franzen gesehen.«
    Mark betrachtete sie mit ausdrucksloser Miene und setzte sich auf die Bettkante. Ein Bluterguss an der Schläfe, der sich bis unter das rechte Auge zog, bestätigte, was seine Schwester über seinen Ausraster von vorgestern berichtet hatte. Sein Blick wanderte kurz zu Cem, der sich im Zimmer umsah, dann hinab auf seine Hände.
    Â»Warum bist du gestern weggelaufen?«, fragte Pia. Er zuckte die Schultern, schob trotzig die Unterlippe vor und versteckte sich hinter einem Vorhang fettiger Haare.
    Â»Weiß nicht«, murmelte er undeutlich. »Sie haben mich erschreckt.«
    Â»Kann ich verstehen. Was wolltest du bei Frau Franzen?«
    Wieder überlegte er einen Moment.
    Â»Ich war morgens am Laden, aber sie kam nicht. Da hab ich bei ihr angerufen. Weil sie sich nicht gemeldet hat, bin ich zu ihr hingefahren.«
    Â»â€¦ und hast sie in der Badewanne gefunden.«
    Der Junge nickte stumm.
    Â»Wo warst du heute Nacht?«
    Keine Antwort.
    Â»Mark, wir müssen mit dir über den Einbruch in der Firma deines Vaters sprechen«, begann Pia. »Wir haben den Verdacht …«
    Â»Ich war’s«, unterbrach er sie mit kaum verhohlener Aggressivität. »Ich war da. Aber ich hab Onkel Rolf nicht umgebracht.«
    Seine Schwester zog scharf die Luft ein und legte die Hand vor den Mund. Mark beachtete sie nicht.
    Â»Er ist einfach umgekippt und mit dem Kopf gegen das Geländer geknallt. Und dann ist er die Treppe runtergefallen. Ich wollte ihm ja noch irgendwie helfen, aber … da hat er schon nicht mehr geatmet.«
    Er vermied es, Pia anzusehen, knetete nervös seine Hände, bis er es bemerkte und sie zwischen seine Knie klemmte.
    Â»Es war aber nicht deine Idee, dort einzubrechen, oder?«
    Â»Ist doch egal.«
    Â»Nein, das ist es nicht.«
    Mark blinzelte unter dem schützenden Haarvorhang hervor, dann zuckte er die Schultern.
    Â»Ich wollte eigentlich nur den Hamster auf den Schreibtisch von meinem Vater legen«, gab er zu. »Um ihn zu ärgern. Und dann ist mir das mit den Gutachten eingefallen. Jannis hat dauernd davon rumgelabert. Das Passwort vom Tresor wusste ich; meine Mutter hat’s in ihrem Adressbuch stehen.«
    Â»Im Kriminallabor hat man aber nicht deine DNA an der Leiche deines Onkels Rolf festgestellt, sondern die von Jannis Theodorakis. Willst du ihn vielleicht schützen?«
    Â»Nee, will ich nicht. Hab ich echt keinen Grund zu. Aber ich hab ’nen Pulli von Jannis angehabt, weil ich nix Schwarzes zum Anziehen hatte, und Ri…« Er brach ab, kratzte betreten an der verschorften Platzwunde über seiner Augenbraue und hoffte wohl, Pia hätte seinen Versprecher nicht bemerkt. Hatte sie aber, und sie hatte keine Zeit, um den heißen Brei herumzureden.
    Â»Und Ricky hat dir einen Pullover von Jannis gegeben«, ergänzte sie.
    Â»Nein.« Mark schüttelte unwillig den Kopf. »Sie hatte nix damit zu tun.«
    Das bezweifelte Pia stark. Frauke Hirtreiter hatte recht: Mark würde für Theodorakis und seine Freundin alles tun. Aber war er auch fähig, einen Menschen und einen Hund zu erschießen?
    Â»Soll ich dir sagen, was ich glaube? Frau Franzen und Herr Theodorakis haben dir gesagt, was du tun solltest. Und weil du sie so toll findest, hast du’s getan. Zu dumm, dass dir dein Onkel in die Quere gekommen ist.«
    Â»Nein!«, begehrte Mark auf. »So war’s nicht!«
    Â»Wie denn dann? Waren die beiden mit dir da? Haben vielleicht draußen gewartet, bis du drinnen die Drecksarbeit für sie gemacht hast?«
    Mark schüttelte heftig den Kopf. Sein blasses Gesicht rötete sich.
    Â»Du kannst es drehen und wenden, wie du willst, Mark, aber im Endeffekt bist du dran schuld, dass dein Onkel einen Herzinfarkt gekriegt hat

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