Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer Wind sät

Wer Wind sät

Titel: Wer Wind sät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
Vom Netzwerk:
Mutter fahren wollen, weil Weihnachten war. Dann hatte Dirk angerufen und sie ins Institut gebeten. Sein Büro. Der Champagner. Ihr war schlecht geworden. Danach riss die Erinnerung ab. Und nun war sie hier. Vorsichtig wandte sie
den Kopf. Die Digitalanzeige des Weckers auf dem Nachttisch zeigte 22 : 11 . Sie blickte an sich herunter, stellte erschrocken fest, dass sie nackt war. Die Finger ihrer rechten Hand klammerten sich um … ein Messer! Sie starrte das Blut an der Messerklinge, an ihrer Hand und ihrem Arm an, begriff aber nicht, was das zu bedeuten hatte. Mühsam richtete sie sich auf, ließ das Messer los. Hände und Beine fühlten sich taub an, ihr war schwindelig, und sie musste dringend aufs Klo. Sie blickte sich in dem fremden Raum um. Über einem Stuhl neben der Tür hingen ihre Kleider, ihre Tasche stand geöffnet auf einem Tisch, Handy und Autoschlüssel lagen daneben. Aber da standen auch Herrenschuhe und eine Reisetasche. Eine Jeans lag auf dem Boden, auf links, als sei sie in großer Eile ausgezogen worden. Ihr Herz begann zu klopfen. Sie verstand noch immer nichts. Nur mit größter Anstrengung gelang es ihr, aufzustehen. Der Schmerz explodierte in ihrem Kopf.
    Â»Dirk?«, krächzte sie und taumelte um das Bett herum. Der grobe Teppichboden fühlte sich unter ihren nackten Füßen rau an. Erschrocken zuckte sie zusammen, als sie plötzlich eine blonde Frau vor sich stehen sah, bis sie begriff, dass es ihr Spiegelbild war. Was waren das für seltsame Flecken in ihrem Gesicht und auf ihrem nackten Oberkörper?
    Sie wankte zum Badezimmer, schob die Tür auf und blieb wie versteinert stehen. Blut! Es war bis an die Decke gespritzt und an die weiß gekachelten Wände. Der leblose Körper eines Mannes lag unnatürlich verrenkt zwischen Duschwanne und Toilette in einem dunklen See. Ihre Knie drohten unter ihr nachzugeben, ihr wurde schlecht. Sie klammerte sich an den Türrahmen, um nicht umzukippen.
    Â»O mein Gott«, flüsterte sie entsetzt. »Cieran!«

Montag, 18. Mai 2009
    Er hatte kaum geschlafen, wartete seit dem Morgengrauen ungeduldig auf ihren Anruf. Der Gedanke, dass er wegen der Polizei vor ihrem Haus nicht einfach zu ihr gehen konnte, machte ihn schier wahnsinnig. Gleich sieben Uhr! Jeden Moment würde Rosi zum Füttern auftauchen! Konnte er es wagen, sein Handy einzuschalten? Wenigstens für ein paar Sekunden musste er es riskieren. Vielleicht hatte Ricky ja seine Mobilnummer gewählt. Er tippte die vierstellige PIN ins Handy, das wenig später mit einem klingenden Ton signalisierte, dass es ein Netz gefunden hatte.
    Mark checkte die eingegangenen Anrufe in Abwesenheit. Mehr als zwanzig Mal hatte sein Vater versucht, ihn zu erreichen; die Anrufe ohne Nummer kamen wahrscheinlich von den Bullen. Aber nichts von Ricky. Auch keine SMS . Enttäuschung machte sich in ihm breit. Sie hatte ihm doch versprochen, sich bei ihm zu melden, bevor sie nach Hamburg zu ihren Eltern fuhr! Er konnte nicht mehr länger warten. Das Kühlgel und die Bandage hatten seinem verletzten Fuß gutgetan, der Knöchel war ein wenig abgeschwollen. In der Apotheke des Tierheims verpasste er sich einen frischen Verband und zog den Turnschuh an, dann schwang er sich den Rucksack über die Schulter und verließ das Verwaltungsgebäude.
    Die Luft war frisch und klar, Tau glitzerte auf den Wiesen. Mark atmete tief durch, trat ein paar Mal vorsichtig auf. Das würde gehen. Rosi kam aus Königstein, er würde ihr also nicht begegnen, wenn er in die andere Richtung nach Schneidhain hinunterging. Zwei Joggerinnen trabten gerade am Tor des Tierheims vorbei, als er hinaustrat, beachteten ihn aber nicht. Zehn Minuten später hatte er die ersten Häuser erreicht. Hier gabelte sich der Weg. Am Stall und am Hundeplatz war niemand zu sehen, auch die Pferde waren nicht da. Hatte Ricky sie gestern Abend noch auf eine andere Koppel gebracht? Mark überlegte kurz, dann entschied er sich dafür, die Straße zu nehmen. Der Streifenwagen, der gestern vor einem der Nachbarhäuser geparkt hatte, war nicht mehr da, und er gelangte ungesehen zu Rickys Haus. Jannis’ BMW stand unter dem Carport vor der Garage, alle Rollläden waren heruntergelassen, das Haus wirkte eigenartig verlassen.
    Mark stieg über das niedrige Gartentor zwischen Hauswand und Garage und ging die Kellertreppe hinunter. Unter einem der Blumentöpfe auf dem

Weitere Kostenlose Bücher