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Wer Wind sät

Wer Wind sät

Titel: Wer Wind sät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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Treppenabsatz fand er einen rostigen Schlüssel, betrat das Haus durch den Keller und ging die Treppe hoch. Das Haus war dunkel. Er blieb in der Diele stehen und sah sich um. Ihn beschlich ein seltsames Gefühl. Irgendetwas war anders. Nur was?
    Â»Ricky?«
    Mark betrat das Schlafzimmer. Das Bett war ordentlich gemacht. Er ging einen Schritt weiter, sein Fuß stieß gegen ein Hindernis, das er im Dunkeln nicht gesehen hatte. Mit einer Hand tastete er nach dem Lichtschalter. Mitten im Raum standen drei Koffer und eine Reisetasche. Mark öffnete die Schränke, und sein Herz begann angstvoll zu klopfen: Die Schrankhälfte, die Ricky gehörte, war leer! Für die Fahrt zu ihren Eltern würde sie doch wohl kaum den kompletten Inhalt ihres Schrankes mitnehmen! Und plötzlich wusste er, was ihm zuvor aufgefallen war. Schnell humpelte er zurück in den Flur. Tatsächlich! Die Hundekörbe und die Katzenbäume, die sonst immer hier standen, waren weg! Wie gelähmt stand er da und spürte echte Panik, als er begriff, was das alles zu bedeuten hatte.
    *
    Der Nebel hing in dichten Schwaden über dem See, darüber leuchteten glühendrot die Berggipfel der Alpen im Licht des Sonnenaufgangs. Ein zauberhafter Anblick, für den außer ihm niemand Augen hatte. Die anderen Autofahrer saßen während der viertelstündigen Überfahrt in ihren Autos oder hatten sich ins Bistro aufs Oberdeck begeben. Die meisten von ihnen waren Pendler auf dem Weg zur Arbeit jenseits der Schweizer Grenze und von der spektakulären Aussicht längst nicht mehr beeindruckt.
    Bodenstein stützte die Unterarme auf die feucht glänzende Reling und blickte schweigend in das schäumende Wasser. Die vier Dieselmotoren dröhnten unter seinen Füßen. Annika stand dicht neben ihm und fröstelte, aber sie hatte sich nicht ins Bistro setzen, sondern draußen bleiben wollen.
    Vor einer halben Stunde hatten sie das kleine Hotel verlassen, außer einer Tasse Kaffee nichts gefrühstückt und auch nicht viel geredet. Nur selten in seinem Leben hatte Bodenstein sich morgens schon so sehr gewünscht, ein Tag möge bereits vorbei sein. Er würde ganz und gar auf sich allein gestellt sein, und das in einer Stadt, die ihm fremd war. Annika musste in Konstanz auf ihn warten, eine Einreise in die Schweiz ohne Ausweis war zu riskant. In der Bank würde er statt seines Namens das Passwort nennen, das Annika, O’Sullivan und Bennett vereinbart hatten, und dann im Tresorraum den Pilotenkoffer aus dem Schließfach holen, dessen Schlüssel in seiner Hosentasche steckte. Eigentlich konnte nichts schiefgehen, und illegal war das, was er zu tun gedachte, auch nicht unbedingt. Er hatte Urlaub und konnte diesen nach Belieben in der Schweiz verbringen.
    Â»Es wird alles glattgehen«, sagte Annika plötzlich und legte ihre Hand an seine Wange. »Mach dir keine Sorgen.«
    Â»Das tue ich auch nicht«, entgegnete er. Ihr Haar flatterte im Fahrtwind, ihre Augen waren so grün wie das Seewasser. »Bald ist das alles vorbei, und dann …«
    Er verstummte, strich eine Haarsträhne aus ihrer Stirn.
    Â»Und dann?«, fragte sie leise.
    Alles erschien ihm so unwirklich. War es wirklich erst eine Woche her, dass er auf Lorenz’ Hochzeit mit Inka Hansen über seine kaputte Ehe gesprochen hatte? Es kam ihm vor wie ein halbes Jahr. So viel war seither geschehen. Plötzlich war Annika in sein Leben getreten, und spätestens seit der vergangenen Nacht wusste er mit Bestimmtheit, dass nichts mehr so sein würde wie vorher. Möglicherweise war es noch zu früh, um sie laut auszusprechen, diese drei simplen Worte, die in ihrer Schlichtheit jedoch genau das ausdrückten, was er empfand.
    Â»â€¦ dann haben wir alle Zeit der Welt, uns besser kennenzulernen«, vollendete er den Satz. »Es war wunderschön letzte Nacht.«
    Da lächelte sie, ein feines Lächeln, das sein Herz schneller schlagen ließ.
    Â»Das fand ich auch«, sagte sie leise. »Und ich freue mich auf das Besserkennenlernen.«
    Â»Ich mich auch«, erwiderte Bodenstein. Er empfand eine tiefe, ganz außergewöhnliche Zufriedenheit, als hätte er endlich gefunden, wonach er schon immer gesucht hatte. Nur diesen einen Tag galt es noch zu bewältigen, dann würde sich alles aufklären.
    Zärtlich nahm er ihr Gesicht in seine Hände und küsste lange und sanft ihren

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