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Wer Wind sät

Wer Wind sät

Titel: Wer Wind sät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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sich nicht vielleicht jemand in den Reihen der Windparkgegner, für den ein Menschenleben keine Rolle spielte.
    *
    Â»Das kann nicht dein Ernst sein!«
    Der Staatssekretär des hessischen Umweltministeriums starrte Jannis fassungslos an. »Du hattest mir hoch und heilig versprochen, dass du meinen Namen aus der ganzen Sache heraushältst!«
    Â»Tut mir leid, Achim«, entgegnete Jannis ohne eine Spur von Bedauern. »Das geht jetzt nicht mehr. Ich muss irgendwie die Authentizität meiner Quellen und Informationen belegen, sonst drehen sie mir morgen Abend das Wort im Mund um.«
    Achim Waldhausen schluckte krampfhaft. Sie saßen in seinem unauffälligen silbernen Volkswagen auf dem Parkplatz des Rasthofes Medenbach an der A 3 , wie bei jedem ihrer konspirativen Treffen zuvor. Der Verkehr rauschte an ihnen vorbei Richtung Wiesbadener Kreuz.
    Â»Ich wollte es dir nur sagen, falls du morgen selbst auf die Versammlung kommst.« Jannis griff nach dem Türöffner, doch Waldhausen packte seinen Arm und hielt ihn zurück.
    Â»Jannis! Das kannst du nicht machen.« Seine Stimme klang beschwörend. »Wenn das herauskommt, bin ich meinen Job los. Ich habe eine Frau und drei Kinder, wir haben vor drei Jahren gebaut! Diese Informationen habe ich dir nur gegeben, weil wir alte Freunde sind und ich fest darauf vertraut habe, dass ich anonym bleibe!«
    Nackte Angst stand in seinen Augen. Jannis musterte den Mann und fragte sich, weshalb er ihn einmal gemocht, ja sogar als Freund bezeichnet hatte. Er betrachtete angewidert das schweißglänzende Gesicht, die Wurstfinger, die seinen Unterarm umklammert hielten.
    Achim und er waren früher Kollegen im Umweltministerium gewesen, Fachabteilung erneuerbare Energien und Umweltschutz. Aber während er die sichere Beamtenlaufbahn zugunsten eines weitaus aufregenderen Jobs in der freien Wirtschaft aufgesteckt hatte, war Achim geblieben; er hatte Karriere gemacht, indem er Fehltritte und Fehlentscheidungen anderer ausgenutzt und sich auf ihre Sessel geschleimt hatte.
    Â»Hör mal, Achim«, sagte Jannis. »Du hast mir damals alles erzählt, weil du dich geärgert hast. Ich hatte dich nicht darum gebeten. Du wolltest auch, dass dieses Gemauschel ans Licht kommt. Und jetzt ziehst du den Schwanz ein.«
    Achim hatte sich über seinen damaligen Vorgesetzten aufgeregt, der sich unverfroren hatte bestechen lassen und inzwischen aus dem Staatsdienst ausgeschieden war, um einen lukrativen Vorstandsposten bei einem Energieunternehmen anzunehmen. Nun, da er selbst zum Staatssekretär aufgestiegen war, bekam Achim Angst, dieser jämmerliche Feigling. Der Schuss drohte nach hinten loszugehen, und das konnte ihn alles kosten. Aber Achim Waldhausen war aus härterem Holz geschnitzt, als man hinter seinem weichlichen Äußeren vermutete. Der Druck seiner Finger um Jannis’ Arm wurde stärker. Er schob sein teigiges Gesicht so nah heran, dass Jannis jede Pore sehen konnte.
    Â»Jetzt komm du mir bloß nicht mit hehren Absichten«, flüsterte er heiser. »Dir geht es doch nur um deine billige kleine Rache, um deine verletzte Eitelkeit! Dazu benutzt du andere Menschen, wie es dir gerade in den Kram passt. Ich hatte dir alle Informationen unter dem Siegel der Verschwiegenheit gegeben. Und wenn das nicht so bleibt, dann kannst du dein blaues Wunder erleben. Ich werde alles abstreiten. Du hast nämlich keinen einzigen Beweis dafür, dass du die Sachen wirklich von mir bekommen hast.«
    Â»Du drohst mir?« Jannis entwand seinen Arm Waldhausens Zugriff.
    Â»Wenn du es so verstehen willst«, erwiderte dieser frostig. »Ja.«
    Die beiden Männer sahen sich stumm an. Acht Jahre kollegiale Zusammenarbeit, gemeinsame Urlaube und Grillabende – alles war vergessen. Sie kämpften mit offenem Visier.
    Â»Ich habe Beweise«, sagte Jannis nach einer Weile. »Du warst nämlich so leichtsinnig, mir E-Mails zu schicken.«
    Â»Du bist wirklich ein mieses Schwein«, zischte Achim Waldhausen hasserfüllt. »Ich warne dich. Du wirst es bereuen, wenn du meinen Namen publik machst. Bitter bereuen. Das schwöre ich dir. Und jetzt steig aus! Verschwinde!«
    *
    Pia hatte wieder einmal den Berufsverkehr in der Frankfurter Innenstadt unterschätzt und traf eine Viertelstunde später als geplant am Gebäude der Frankfurter Rechtsmedizin ein. Alle Straßenränder waren hoffnungslos zugeparkt.

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