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Wer Wind sät

Wer Wind sät

Titel: Wer Wind sät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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überflog ihn ohne großes Interesse.
    Â»Ja, allerdings«, bestätigte sein Vater. »Wir haben vertrauliche Informationen darüber, dass bei der Erteilung der Baugenehmigung nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Angeblich gehört diese Firma zu den Marktführern der Branche. Auf jeden Fall haben sie schon auf der ganzen Welt die Landschaften mit ihren monströsen Windrädern verschandelt, zum Beispiel die ganze spanische Mittelmeerküste.«
    Â»Aha. Und jetzt verschandeln sie bald den schönen Taunus bei Ehlhalten.« Bodenstein fand das Engagement seines Vaters amüsant. Eigentlich war er eher ein Eigenbrötler. Wahrscheinlich hatte ihn sein Freund Ludwig für die Bürgerinitiative geködert, denn ein Graf machte sich ja gut als Aushängeschild.
    Â»Sie verschandeln nicht nur die Gegend«, entgegnete Bodensteins Vater. »Sie sind auch völlig nutzlos an dieser Stelle, das beweisen mehrere Windgutachten.«
    Â»Wieso sollte eine Firma ein unrentables Objekt bauen?« Bodenstein würgte den letzten Bissen des Schwarzbrots herunter. Seine Gedanken wanderten zu der gestrigen Hochzeitsfeier, die er nach Pias Anruf gleich nach dem Essen verlassen hatte.
    Â»Es geht ums liebe Geld, worum sonst?«, sagte sein Vater nun, und Bodenstein schrak auf.
    Â»Wie bitte?«
    Â»Sie bauen den Windpark, weil sie damit viel Geld verdienen. Stadt, Kreis, Land und Bund schießen Steuergelder zu, die WindPro legt Fonds zur Finanzierung auf und …«
    Â»Entschuldige bitte«, unterbrach Bodenstein seinen Vater. » Wer legt Fonds auf?«
    Â»Die Firma, die den Windpark bauen will. Sie heißt WindPro, der Firmensitz ist in Kelkheim.«
    Â»Na, das ist ja ein Zufall.«
    Â»Wieso? Was für ein Zufall?« Graf Bodenstein legte irritiert die Stirn in Falten.
    Â»Wir hatten gestern …« Bodenstein brach ab, als ihm bewusst wurde, dass sein Vater zum erweiterten Kreis der Verdächtigen gehörte. Der tote Hamster auf dem Schreibtisch des WindPro-Chefs war ein mehr als deutlicher Hinweis auf die Windparkgegner. Pia hatte gestern Abend noch spät angerufen, nachdem sie einen Bericht über den Protest gegen den geplanten Windpark im Fernsehen gesehen hatte. Dem Sprecher der Bürgerinitiative zufolge hatte die WindPro, um die Baugenehmigung zu erlangen, eine artengeschützte Feldhamsterpopulation vernichten lassen.
    Â»Kennst du den Mann, der gestern im Fernsehen gesprochen hat?«, fragte Bodenstein stattdessen.
    Â»Ja, natürlich.« Sein Vater nickte. »Das war Jannis. Wieso fragst du?«
    Â»Nur so. Ich habe zufällig den Beitrag gesehen.« Das stimmte zwar nicht ganz, aber er wollte seinen Vater nicht misstrauisch machen. »Was hat dein Freund Ludwig mit der Sache zu tun?«
    Â»Er hat die Bürgerinitiative gegründet«, erwiderte Graf Bodenstein. »Und jetzt ist er wohl das Zünglein an der Waage, denn ihm gehört eine strategisch wichtige Wiese, über die der Windpark erschlossen werden soll. Die WindPro hat ihm eine gewaltige Summe geboten, aber er hat abgelehnt. Eine andere Möglichkeit der Zuwegung gibt es aber aus geographischen Gründen nicht.«
    Ein grimmiges Lächeln huschte über das faltige Gesicht des Grafen.
    Â»Das wird eine spannende Angelegenheit morgen Abend!« Er warf einen Blick auf die Küchenuhr und erhob sich von seinem Stuhl. »Oh, ich muss los. Ich habe Ludwig versprochen, um sieben Uhr bei ihm zu sein.«
    Â»Papa«, sagte Bodenstein, »bei der WindPro hat es gestern einen Toten gegeben.«
    Der alte Graf drehte sich um. Seine Miene war ausdruckslos, aber seine Augen blitzten.
    Â»Tatsächlich? Doch wohl nicht Theissen, oder?«
    Â»Das ist kein Spaß, Papa. Ein Mann wurde womöglich ermordet, und es gibt Hinweise …« Er zögerte, entschloss sich dann aber für die Wahrheit. »Ich verlasse mich drauf, dass das jetzt unter uns bleibt. Es gibt Hinweise, dass die Täter aus dem Kreis der Windparkgegner kommen.«
    Â»Unsinn, Oliver. Wir sind alle brave Bürger, keine Mörder. Ich muss los, wir sehen uns heute Abend.«
    Und damit verschwand er. Bodenstein faltete den gelben Flyer zusammen und steckte ihn ein. Die Sache schien seinem Vater wirklich am Herzen zu liegen. Vielleicht gab sie ihm das Gefühl, auf seine alten Tage noch gebraucht zu werden. Er hätte ihm diesen Zeitvertreib von Herzen gegönnt, befände

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