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Wer Wind sät

Wer Wind sät

Titel: Wer Wind sät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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gemähten Rasenfläche hockte wie ein gestrandetes Raumschiff. Henning stellte seinen Kombi auf dem Parkplatz ab, der bis auf wenige Autos noch völlig leer war. Er nahm die beiden Alukoffer aus dem Kofferraum und brummte nur »Geht schon«, als Pia ihm einen abnehmen wollte. Seitdem sie Christoph vor einer Viertelstunde am Tor vor dem Birkenhof abgesetzt hatten, hatte er morgenmuffelig geschwiegen, aber da Pia sechzehn Jahre mit ihm verheiratet gewesen war und seine Eigenheiten bestens kannte, störte sie sich nicht daran. Manchmal schaffte Henning es, drei Tage lang überhaupt kein Wort von sich zu geben. Sie überquerten den gepflasterten Vorplatz mit üppig bepflanzten Blumenrabatten und einem Springbrunnen, neben dem zwei Streifenwagen parkten. Pias Blick streifte im Vorbeigehen das Firmenschild. WindPro GmbH. Das stilisierte Windrad daneben deutete an, womit sich die Firma beschäftigte. Ein Polizeibeamter stand gähnend auf der Treppe vor der Eingangstür und ließ sie mit einem Nicken passieren. Der unverwechselbar süßliche Geruch von verfaulendem Fleisch drang Pia in die Nase, kaum dass sie die imposante offene Eingangshalle betreten hatten.
    Â»Na, da lag wohl jemand übers ganze Wochenende in diesem Brutkasten«, bemerkte Henning neben ihr. Pia überhörte seinen Zynismus. Ihr Blick wanderte die drei Stockwerke hoch, die über geschwungene Freitreppen und einen gläsernen Aufzug zu erreichen waren. Vor dem langgestreckten Tresen aus Edelstahl auf der rechten Seite saß eine Frau vornübergebeugt auf einem Stuhl, die Ellbogen auf die Knie gestützt, das Gesicht in den Händen vergraben. Um sie herum standen ein paar uniformierte Beamte und ein Mann in Zivil. Das musste der neue Kollege sein, von dem Bodenstein gesprochen hatte.
    Â»Ach, schau an«, sagte Henning.
    Â»Was ist? Kennst du ihn?«
    Â»Ja. Cemalettin Altunay. Er war bis jetzt beim K 11 in Offenbach.«
    Als stellvertretender Direktor des Instituts für Rechtsmedizin in Frankfurt kannte Henning die meisten Mitarbeiter der Dezernate für Gewaltdelikte im Rhein-Main-Gebiet und ganz Südhessen.
    Pia musterte den Mann, der sich über die Frau gebeugt hatte und leise mit ihr sprach. Höchstens Ende dreißig, schätzte sie, und rein optisch eine deutliche Verbesserung zu seinem Vorgänger Frank Behnke. Schneeweißes Hemd, schwarze Jeans, blitzblanke Schuhe, das dichte, schwarze Haar militärisch kurz geschnitten – ein makelloses Erscheinungsbild. Sofort fühlte sie sich noch ein bisschen unwohler in ihrem zerknitterten grauen T-Shirt mit den Schweißrändern unter den Achseln und ihrer fleckigen Jeans. Vielleicht hätte sie sich doch noch duschen und umziehen sollen. Zu spät.
    Â»Hallo, Herr Dr. Kirchhoff«, sagte der Neue mit einer angenehmen, tiefen Stimme, dann wandte er sich Pia zu und reichte ihr die Hand.
    Â»Kriminaloberkommissar Cem Altunay. Ich freue mich, dich kennenzulernen, Pia. Kai und Kathrin haben schon eine Menge von dir erzählt. Hattest du einen schönen Urlaub?«
    Â»Ich … äh ja, da… danke«, stotterte sie. »Ich bin erst vor einer halben Stunde gelandet, der Flug hatte neun Stunden Verspätung …«
    Â»Und dann gleich eine Leiche. Tut mir leid.« Cem Altunay lächelte entschuldigend, als sei er dafür verantwortlich. Ein paar Sekunden sahen sie sich an, dann schlug Pia die Augen nieder. Sein Zartbitterschokoladenblick irritierte sie. Die Sekunden verstrichen, und ihr Schweigen wurde peinlich. Hinter ihnen stieß Henning ein kleines, spöttisches Schnauben aus, das Pia in die Realität zurückholte. Sie riss sich zusammen.
    Â»Was haben wir hier?«, erkundigte sie sich.
    Â»Der Tote heißt Rolf Grossmann und arbeitete seit ein paar Jahren hier als Nachtwächter. Sieht wie ein Unfall aus«, erwiderte Cem Altunay. »Eine Mitarbeiterin hat die Leiche heute Morgen gegen halb sieben gefunden. Kommt mit.«
    Der süßliche Geruch wurde stärker. Leichen, die schon so penetrant rochen, sahen meistens nicht mehr sehr appetitlich aus. Pia folgte ihm die Treppe hinauf und wappnete sich innerlich, dennoch verschlug ihr der Anblick für einen Moment den Atem. Der Tote, dessen aufgedunsenes und verfärbtes Gesicht kaum noch menschliche Züge hatte, lag mit grotesk verdrehten Gliedern auf dem Treppenabsatz zwischen dem zweiten und dem dritten Stock. Sie hatte in

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