Wer zuletzt lacht, küsst am besten: Roman (German Edition)
gelernt. Sie wusste, dass sie noch jede Menge dazulernen musste, aber sie musste zugeben, dass ihr der geschäftliche Aspekt zusagte. All die Jahre, in denen sie nie in irgendwas einen Abschluss gemacht hatte, zahlten sich jetzt aus. Bis auf das Seminar über »Zombies in populären Medien«. Sie wusste nicht, inwiefern die Analyse von Zombiefilmen und ihren gesellschaftlichen Auswirkungen hilfreich sein könnte, aber wer wusste schon, welch apokalyptische Ereignisse sich in Zukunft noch zutragen würden? Dass sie eines Tages auf der Ranch würde leben wollen, hätte sie sich auch nicht träumen lassen. Das kam völlig unerwartet, aber sie freute sich darauf, Kreditgebern Honig um den Bart zu schmieren, wie sie es auch als Immobilienmaklerin getan hatte. Mit harten und weichen Deadlines zu arbeiten und alles am Laufen zu halten. Bei der Verwaltung der Ranch konnte sie so viel und so wenig mitmischen, wie sie wollte. Sie hatte sich noch nicht entschieden, wie viel sie übernehmen wollte, war aber zu dem Schluss gekommen, dass sie ihrem Vater sehr ähnlich war. Sie liebte die Ranch und hasste die Rinder. Hirnlose, stinkende Viecher, die nur für T-Bone-Steaks, Schuhe und richtig gute Handtaschen zu gebrauchen waren.
Sie bog vom Highway ab und fuhr durch die Tore der JH-Ranch. Anders als beim letzten Mal vor zwei Monaten war am Straßenrand kein schwarzer Truck liegen geblieben. Kein großer, starker Mann, der eine Mitfahrgelegenheit in die Stadt suchte.
Sie konnte nicht umhin, sich zu fragen, ob Vince schon aus Seattle zurück war. Auch wenn es keine Rolle mehr spielte. Ihre Freundschaft mit gewissen Vorzügen war vorbei. Erledigt. Tot und begraben. Seit jener Nacht in seinem Apartment hatte er nicht versucht, sie anzurufen oder auch nur eine SMS zu schicken, und sie wünschte, sie könnte die Worte zurücknehmen, die sie in jener Nacht gesagt hatte. Sie wünschte, sie wäre nicht damit herausgeplatzt, dass sie ihn liebte. Aber vor allem wünschte sie, dass es nicht die Wahrheit wäre.
Immer noch.
Die Spätnachmittagssonne knallte auf die Windschutzscheibe, und sie klappte die Sonnenblende herunter. Sie hatte sich in einen unnahbaren Mann verliebt. Einen Mann, der ihre Liebe nicht erwidern konnte. Einen Mann, der sie für sich eingenommen hatte, nur um sie wieder von sich wegzustoßen. Nachdem sie ihm ihre Liebe gestanden hatte. Am schlimmsten Tag ihres Lebens. Was ihn so ziemlich zum größten Arsch auf Erden machte.
Mit Ausnahme ihres Daddys hatte sie um ihn mehr Tränen vergossen als für jeden anderen Mann auf Erden. Ganz sicher mehr, als er verdiente. Sie war todunglücklich und konnte niemandem die Schuld geben außer sich selbst. Schließlich hatte er ihr klipp und klar gesagt, dass er für Beziehungen nicht geschaffen war. Er hatte sie gewarnt, dass ihm irgendwann langweilig werden und er weiterziehen würde. Sie wünschte, sie könnte Vince hassen, aber sie schaffte es nicht. Jedes Mal, wenn sie sich seinetwegen in eine Riesenwut steigerte, was ihr wahrhaftig nicht schwerfiel, stand ihr dieses Bild von ihm vor Augen, wie er nackt und um Luft ringend schreckliche Dinge gesehen hatte, die nur er sehen konnte, und ihr Herz brach aufs Neue. Für sie selbst und für ihn.
Wieder einmal hatte sie sich in einen seelischen Krüppel verliebt. Und diesmal war ihr Gefühl sogar noch stärker und tiefer, aber wie bei den anderen seelischen Krüppeln käme sie irgendwann über ihn hinweg.
Sie hielt den Saab vor dem Haupthaus an und schnappte sich ihre Reisetasche und ihre Handtasche vom Rücksitz. Die Parton-Schwestern werkelten immer noch irgendwo vor sich hin, doch im Haus herrschte Stille, als sie eintrat. Auf dem Tisch im Eingangsbereich, ganz oben auf einem Stapel aus Briefen und anderen Dokumenten, lag eine Kopie des Testaments ihres Vaters. Sie ließ ihre Taschen fallen und nahm den Stapel mit in die Küche. Dort nahm sie sich eine Cola light aus dem Kühlschrank und lief zu der Essecke, in der Vince einst gesessen und Carolynns Rancharbeiter-Menü gefuttert hatte.
Sie blätterte das Testament durch, das auch den Brief enthielt, den ihr Daddy ihr geschrieben hatte, und lächelte. Anders als die früheren Hollowells würde sie das Haus modernisieren. Die Schlafzimmermöbel ihres Vaters würde sie einlagern und mit ihren eigenen Sachen einziehen. Das Rindsledersofa und die Pferdebildersammlung ihres Vaters würden ebenfalls eingelagert. Wenn sie wirklich auf der Ranch leben wollte, musste sie ihr ihren eigenen
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