Wer zuletzt lacht, küsst am besten: Roman (German Edition)
her. In den vergangenen drei Monaten war er viel umhergereist, aber selbst nach monatelangem Grübeln wusste er immer noch nicht so recht, warum er sich mit einer ganzen Bar voll mit Bikern angelegt hatte. Er wusste nicht so recht, wer eigentlich angefangen hatte, nur dass er mit schmerzender Visage und geprellten Rippen und einer Anklage wegen Körperverletzung im Knast wieder aufgewacht war. Dank eines guten Anwalts und seiner glänzenden militärischen Vergangenheit waren die Anschuldigungen gegen ihn fallen gelassen worden, doch er war schuldig gewesen. Wie nur was. Er wusste, dass er den Streit nicht provoziert hatte, das tat er nie. Er suchte nie aktiv Streit, wusste aber immer, wo er ihn finden konnte.
Er griff nach dem Bier und hob es an den Mund. Seine Schwester hielt ihm gerne vor, dass er seine Wut nicht unter Kontrolle hätte, doch sie irrte sich. Er schluckte und stellte das Bier auf dem Schreibtisch ab. Er hatte kein Problem mit seiner Wut. Selbst wenn sie unter seiner Haut kribbelte und zu explodieren drohte, konnte er sie kontrollieren. Sogar mitten im Feuergefecht oder bei einer Kneipenschlägerei.
Nein, sein Problem war nicht die Wut. Sondern Langeweile. Er hatte einen Hang, in Schwierigkeiten zu geraten, wenn er kein Ziel vor Augen hatte, keine Mission. Nichts, womit er seinen Geist und seine Hände beschäftigen konnte, und obwohl er seinen Brotjob und den Waschsalon gehabt hatte, hatte er nichts mit sich anzufangen gewusst, seit seine Schwester beschlossen hatte, ihren Kotzbrocken von Ex ein zweites Mal zu ehelichen. Jetzt, wo der KB wieder in Erscheinung trat, war Vince eine seiner Aufgaben los.
Er biss ein Stück Wurst ab und kaute. In seinem tiefsten Inneren wusste er, dass es das Beste für den KB war, sich der Herausforderung zu stellen und ein guter Vater zu sein, und er hatte seine Schwester noch nie so glücklich erlebt wie bei seinem letzten Besuch. Ihre Stimme hatte noch nie so glücklich geklungen wie bei ihrem letzten Telefongespräch, aber ihr Glück hatte in Vinces Leben eine große Leere hinterlassen. Eine Leere, wie er sie seit seinem Ausscheiden aus den Teams nicht mehr verspürt hatte. Eine Leere, die er damals mit seiner Familie und seiner Arbeit ausgefüllt hatte. Die er diesmal damit auszufüllen versucht hatte, dass er durchs Land gegondelt war und Kumpels besucht hatte, die ihn verstanden.
Das Quietschen von Luraleens Schuhen und ihr Raucherhusten kündigten ihre Rückkehr ins Büro an. »Das war Bessy Cooper, Tally Lynns Mama. Die Hochzeit macht sie nervös wie eine Büchse Würmer.« Sie lief um den Schreibtisch herum und ließ sich wieder auf dem Bürostuhl nieder. »Ich hab ihr gesagt, dass Sadie in der Stadt ist.« Sie zündete sich die ausgedrückte Kippe wieder an und griff nach ihrer großen Tweety-Tasse. Als Vince noch klein war, hatte Luraleen ihm immer Kaugummi-Zigaretten mitgebracht, wenn sie zu Besuch kam. Seine Mutter hatte Anfälle gekriegt, was seine Tante vermutlich erst auf die Idee gebracht hatte, doch er hatte seine Schachtel Kings immer toll gefunden. »Sie wollte wissen, ob Sadie ein paar Pfund zugelegt hat wie alle ihre weiblichen Verwandten väterlicherseits.«
»Dick sah sie nicht aus. Aber ich hab sie nicht richtig sehen können.« Das Einprägsamste an Sadie war der verträumte Ausdruck in ihren großen blauen Augen gewesen, als sie angekündigt hatte, ihm mit dem imaginären Elektroschocker einen vor den Latz zu knallen.
Luraleen machte einen Zug und blies den Rauch zur Decke. »Bessie sagt, Sadie ist immer noch nicht verheiratet.«
Vince zuckte mit den Achseln und biss ein Stück ab. »Warum hast du mich vor einem Monat angerufen?«, fragte er, um das Thema zu wechseln. Gespräche über die Ehe führten meist zu Gesprächen darüber, wann er zu heiraten gedachte, und das war in absehbarer Zukunft einfach nicht der Fall. Er hatte zwar schon drüber nachgedacht, aber da er beim Militär gewesen war, wo die Scheidungsrate hoch war, von der Scheidung seiner Eltern ganz zu schweigen, hatte er einfach noch keine Frau getroffen, für die er das Risiko hätte eingehen wollen. Natürlich konnte das auch etwas mit seiner Vorliebe für anspruchslose Frauen zu tun haben. »Was hast du auf dem Herzen?«
»Dein Daddy hat mir erzählt, dass er dich angerufen hat.« Luraleen legte die Zigarette auf dem Aschenbecher ab, und ein Rauchkringel stieg nach oben.
»Allerdings. Ungefähr vor vier Monaten.« Nach sechsundzwanzig Jahren hatte sein Alter ihn aus
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