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Wer zweimal stirbt, ist laenger tot

Wer zweimal stirbt, ist laenger tot

Titel: Wer zweimal stirbt, ist laenger tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Janice Davidson
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Schulterzucken wirkte. Ich überlegte, ob die unbeholfene Körpersprache ihrer Umarmung damit zu tun hatte, dass Marc knirschende Zombiegelenke bewegen musste, oder ob er allzu verlegen war und nicht wusste, wie er sie umarmen sollte. Oder ob überhaupt. Ich habe liebevollere und spontanere Umarmungen bei Menschen erlebt, die vor Gericht miteinander im Streit lagen. »Freust du dich denn auch, Marc?«
    Eine wirklich gute Frage, und ich schämte mich, dass ich sie nicht gestellt hatte.
    »Ob ich mich freue?« Marc hatte uns bei unserer Rückkehr die Tür geöffnet. Er hatte gewusst, dass wir Laura treffen und mit ihr zur Villa kommen würden. Er wusste, dass der Plan war, Laura mit … nun ja … ihm zu schocken. Ausstellungsstück A: Siehe, du wirst vor dir erblicken einen Zombie. Bereue, Sünder!
    Und es hatte geklappt: Laura war ziemlich geschockt. Aber meiner Einschätzung nach nicht geschockt genug, oder zumindest nicht aus den richtigen Gründen. Wir wussten nun nicht besser Bescheid als vorher, wo sie die Villa betreten hatte.
    »Äh«, konnte ich gerade noch sagen, bevor der Zombie explodierte.
    »Ich freue mich nicht! Ich bin wütend, okay? Okay? Ich habe mich umgebracht, um diese ganze Scheiße nicht erleben zu müssen! Und was geschieht? Noch mehr Scheiße! Ich bin himmelweit entfernt davon, mich zu freuen! Okay, Laura? Okay?«
    »Ja«, flüsterte sie und starrte zu Boden.
    »Ach, verdammt!«, stieß Marc hervor und rieb sich die Augen. Er trug jetzt einen frischen OP -Kittel, musste wohl ein glattes Dutzend beiseitegeschafft haben. Außerdem hatte er einen militärisch kurzen Haarschnitt. Da ich wusste, wie sehr Marc es liebte, seinen Look zu ändern – jetzt den Bürstenhaarschnitt, dann den Cäsar-Schnitt, ach nein, doch lieber den Hugh Jackman –, bedauerte ich ihn noch mehr. Wen kümmerte es, wie ein Zombie sein Haar trug? Und konnte er seine Frisur überhaupt noch ändern?
    »Stimmt’s, Betsy?«
    »Wie?«, murmelte ich.
    »Es tut mir so leid.«
    »Oh. Na ja, ist schon in Ordnung.« Was sollte Marc denn leidtun?
    »Laura, ich hab zuerst gedacht …«, stotterte er. »Ich kann dir ansehen, dass du’s nicht … Ich hatte mir noch nicht überlegt, was ich tun wollte, falls du nicht diejenige warst, die hinter alldem steckt. Und du steckst ja nicht dahinter, so viel ist klar.«
    Völlig klar. Die Tochter der Lady der Lügen war eine furchtbar schlechte Lügnerin. Selbst wenn sie beim Monopoly-Spiel schummeln wollte, konnte sie einem kaum in die Augen sehen (es ist schlechterdings unmöglich, so viele »Du kommst aus dem Gefängnis frei«-Karten in einem Spiel einzusacken … mit wem glaubte der Antichrist, es zu tun zu haben?).
    Außerdem: Wäre sie für Marcs Auferstehung verantwortlich gewesen, dann hätte sie es nicht vertuscht und auch nicht gelogen. Und es war ganz offensichtlich, dass sie nicht wusste, wer für Marcs Auferstehung verantwortlich war … oder was wir als Nächstes unternehmen sollten.
    »Marc, es hat mir so leidgetan, was mit dir passiert ist … mit deinem anderen Ich …«
    »Die Marc-Kreatur«, soufflierte ich.
    »Genau … das war so furchtbar. Und es hat mir auch leidgetan, dass du … dir etwas angetan hast.« Es war noch schlimmer gewesen. Laura war außer sich geraten, als sie sich vorgestellt hatte, dass Marc nun in den Klauen ihrer Mutter gefangen war, dass er in der Hölle brannte, weil er ein Selbstmörder war. Obwohl – nach allem, was ich im Laufe der letzten Jahre erlebt hatte, war ich mir nicht mehr so sicher, aus welchem Grund die Leute zur Hölle fuhren. Ich würde sogar bezweifeln, dass Marc bis in alle Ewigkeit hätte brennen müssen. Wenn Gott zufällig nicht da ist, um dir eine helfende Hand zu reichen, was ist dann falsch daran, über dein Leben selbst bestimmen zu wollen? Oder auch über deinen Tod?
    »Und ich … es ist schön, dich wiederzusehen«, fuhr Laura fort, und es klang, als stieße sie jedes Wort mühsam hervor, »doch ich … ich weiß nicht … Okay, das hört sich jetzt bestimmt schrecklich an: Aber jetzt bist du einfach nur grässlich.«
    »Du hast recht«, pflichtete ich meiner Schwester bei. »Es hört sich schrecklich an.«
    »Als Freund mag ich dich aber«, beeilte sie sich hinzuzufügen.
    »Und als Zombie!«, ergänzte ich frohgemut. »Ich liebe dich nämlich, auch wenn du grässlich bist. Und da wir gerade von ›grässlich‹ reden … findest du nicht, dass es hervorragend auf dich passt, Antichrist?«
    »Halt du dich da raus!«,

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