Wer zweimal stirbt, ist laenger tot
eines alleinstehenden (dämlichen) Mannes. »Und wo steckt der gute Jon?«
»Auf Lesereise. Danach fliegt er nach L . A., um die Dreharbeiten für eine Serie zu überwachen, die auf seinen Büchern basiert. Weil Vampire eben derzeit schwer angesagt sind.«
»Okay.« Ich wechselte einen Blick mit Sinclair. Struppi schnarchte. Puppi machte den Eindruck, als würde auch sie jeden Moment eindösen, zumindest hatte sie einen schrecklich glasigen Blick. Erleichtert sah ich, dass meine Verblüffung sich in Sinclairs Miene widerspiegelte. »Und das soll uns jetzt ganz furchtbar Angst einjagen, weil …«
Laura verschränkte die Arme vor ihrem schmutzigen Sweatshirt. Sie konnte wirklich bedrohlich wirken, selbst in abgerissenen Klamotten, und diese Fähigkeit nutzte sie weidlich aus. Ich wurde allmählich nervös, ohne zu wissen, warum, und das machte mich gereizt und nervös. »Weil Vampire nicht schwer angesagt waren, bevor wir mit dem Zeitstrom herumgespielt haben.«
»Ja, ich erinnere mich.« Besonders deutlich erinnerte ich mich daran, gedacht zu haben: Ich bin die Königin der Vampire? Vampire? Wie dämlich ist das denn?
»Aber jetzt sind sie’s.«
»Verstehe.«
»Und das ist ganz allein unsere Schuld.«
Wieder warf ich Sinclair einen Blick zu.
Ähm … könntest du mir vielleicht mal helfen?
Mein Herz, ich kann hier keine Gefahr erkennen …
Unsere telepathische Verbindung war schon für vieles gut gewesen: für Cooles, Schräges, Superheißes. Jetzt empfand ich sie als beruhigend. So begriffsstutzig ich auch sein mochte, es war beruhigend zu wissen, dass ich nicht die Einzige war, die überhaupt nicht durchblickte. Unser beider Nichtwissen war mir ein Trost.
Es ist schön, nicht die einzige Dumpfbacke in diesem Zimmer zu sein.
Ich weiß nicht, ob ich es unbedingt so ausgedrückt hätte …
»Betsy!« Lauras Hände schossen vor, und ich wusste, dass sie mich in ihrer Vorstellung an den Schultern gepackt hielt und wie eine Maraca schüttelte. »Denk nach! Aus reinem Zufall hast du Vampire zu einer Modeerscheinung gemacht! Sie sind jetzt schon schwer angesagt, und es kann nur noch schlimmer werden!«
»Schlimmer inwiefern?« Filmrechte und Merchandising? Vampir-Apps für den iPod? Strandlaken mit Vampir-Design? Stoffbeutel mit Vampir-Druck? Der halbe Barnes-and-Noble-Einkaufstempel mit Vampir-Fanartikeln bestückt: Kochbücher, Gruselbücher für Teens, Lesezeichen? »Was genau soll daran denn gefährlich sein?«
Wenn überhaupt, dann wäre unser Leben leichter, wenn Vampire cool und trendy sind …
So darfst du keinesfalls denken, mein Herz!
Sinclair, so begriff ich, verstand endlich. Damit waren es schon zwei Schlauberger, und keiner davon war ich.
»Ich fürchte, das ist der Anfang vom Ende.« Laura fuhr mit den Fingern durch ihren Pferdeschwanz und brachte ihn noch mehr durcheinander. Wie konnte sie ihr Haar nur so schlecht behandeln und trotzdem nie Spliss bekommen? »Ich fürchte, das könnte letzten Endes zu deiner Machtergreifung führen.«
»Nicht meine … meinst du etwa …« Es war schrecklich, daran zu denken, und noch schrecklicher, es auszusprechen, doch ich tat es trotzdem. »Die ältere Betsy? Wenn Vampire in Mode kommen, könnte das letzten Endes dazu führen, dass mein älteres Ich nach diesem nuklearen Winter die Herrschaft übernimmt?«
»Ja. Genau das meine ich.«
Ich schaute den Antichristen an, und sie schaute zurück. Wir schauten den Vampirkönig an, der Puppi und Struppi im Arm hielt und uns anschaute.
»Tja, so ein Scheiß!«, murmelte ich, denn mal ehrlich: Was gab es dazu noch zu sagen?
18
»Sinclair.«
Hartnäckiges Schweigen. Oh, ihr Götter! Der anziehendste, coolste aller Männer, ein Kerl, den ich mehr liebte als mein eigenes Leben, schmollte stur vor sich hin. Wegen Puppi und Struppi! Irrg, er roch sogar nach den kleinen Ungeheuern.
»Sinclair, du hättest diese Welpen nicht einfach mitnehmen können!«
Keine Reaktion. Argh, er wusste, wie sehr ich die Schweigebehandlung hasste! Lieber wäre ich auf einer Dichterlesung. Oder Klofrau am Flughafen. Sein strafendes Schweigen war so … schweigend. Es warf mich komplett auf meine eigenen Gedanken zurück. Und das war grässlich.
»Jetzt komm schon! Ich zähl dir mal sämtliche Gründe auf, warum das eine blöde Idee ist: Wir haben keine Hundeleinen, wir haben kein Welpenfutter, wir wissen nicht, welche Impfungen sie gekriegt haben und ob sie noch welche brauchen, wir sind nicht auf Welpen eingestellt, weil
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