Werden sie denn nie erwachsen?
Kein Problem, die Zwillinge waren ja motorisiert. Das Haus war wirklich hübsch, nur lag die angepriesene Wohnung über dem ehemaligen Kuhstall und war vermutlich der Heuboden gewesen. Die Pumpe im Hof funktionierte noch, doch es war ohnehin eine Wasserleitung nach oben geplant.
Sollten wir uns zur Anmietung der zwei Zimmer nebst Kochgelegenheit im Flur entschließen können, würde man die Sache sofort in Angriff nehmen. Wir verzichteten dankend.
Danach besichtigten wir die Zweizimmerwohnung mit offenem Kamin, allerdings im Souterrain gelegen, dafür aber mit Blick in den Garten. Auch gut, Grün soll bekanntlich für ein ausgeglichenes Gemüt sorgen, was sich dann hoffentlich auch auf den Lerneifer der Mädchen auswirken würde.
Hinter dem mit einem großen Schlüsselbund bewaffneten Hauseigentümer stiegen wir in die Tiefen des Sechsfamilienhauses hinab. »Hier ist das eine Zimmer«, sagte er, eine stählerne Tür öffnend.
»Ach ja?« Mehr brachte ich nicht heraus. Lediglich das Metallgitter war von dem ganz normalen Kellerfenster entfernt worden, und die nackten Wände hatte man mit einer himbeerfarbenen Kalkschicht übertüncht. Trotzdem blieb dieser Raum, was er nun einmal war: ein Keller, wenn auch mit Zentralheizung. »Das sieht gleich ganz anders aus, sobald da erst mal ein Teppichboden liegt und Möbel drinstehen«, versicherte uns dieser Gemütsmensch, knipste die 25-Watt-Funzel aus und schloß die Tür. »Das Kaminzimmer liegt schräg gegenüber.«
Es unterschied sich von dem anderen nur durch den an der rechten Seite liegenden Kaminschacht. Dort, wo vermutlich das kleine Türchen für den Schornsteinfeger hingehört hatte, gähnte eine Öffnung. »Können Sie sich vorstellen, wie gemütlich es ist, wenn dort ein munteres Feuerchen prasselt?«
Nun habe ich von Schornsteinen herzlich wenig Ahnung, aber als sich unser Nachbar nachträglich einen Kamin ins Wohnzimmer bauen ließ, mußte das halbe Haus auseinandergenommen und ein zusätzliches kupfernes Ungetüm aufs Dach gesetzt werden. Bei dem Versuch, in diesem Loch hier ein Feuer zu entzünden, würde vermutlich die ganze Bude in die Luft fliegen.
»Und wo ist die Küche?« wollte Nicki wissen. Immerhin war die ja als besonders großzügig und sogar als Wohnküche geeignet angepriesen worden.
»KüBa bitte«, verbesserte Herr Weber, »die ist am Ende vom Gang.«
Bevor wir fragen konnten, was unter einer KüBa zu verstehen sei, wußten wir es. Die ehemalige Waschküche, dank eigener Waschmaschinen von den Mietern nicht mehr benutzt, verfügte über die notwendigen Installationen, um dieses Gemäuer als Küche auszuweisen.
Ein ausrangierter Elektroherd aus den frühen sechziger Jahren sollte wohl beweisen, daß man hier schon lange keine Wäsche mehr kochte. »Der Herd ist übrigens im Mietpreis inbegriffen, genau wie die ganz neu installierte Dusche.«
Die hatte ich noch gar nicht gesehen. Sie war hinter einer geriffelten Plastikwand verborgen, bestehend aus jenem Material, mit dem man einen Geräteschuppen abzudecken pflegt. Hinter dieser Wand verbargen sich ein Gestänge vom Typ Freibad (»Vor Benutzung des Beckens bitte gründlich abduschen!«) und zwei Meter daneben eine Toilette. An einem zehn Zentimeter langen Nagel hing eine Klopapierrolle. Das also war das Bad. Und das Ganze nannte sich Küche-Bad, also KüBa. Logisch.
»Schön groß sind die Räume ja wirklich«, sagte Katja mit todernster Miene, obwohl sie sich kaum noch das Lachen verkneifen konnte, »aber mich würde jetzt noch interessieren, wohin eigentlich die ganzen anderen Türen führen.« Sie deutete auf den Gang.
»Das sind die Keller der Mieter.«
»Wohnen die auch da drin?«
»Natürlich nicht, doch zu jeder Wohnung gehört selbstverständlich ein Abstellraum.«
»Aha. Wenn ich also von meinem Kaminzimmer die sechs oder acht Meter ins Bad will, muß ich ständig damit rechnen, daß mir jemand begegnet, der sein Eingemachtes holen will oder sein Rad in den Keller bringt.«
»Keine Sorge, Fräulein, das kommt bestimmt nicht oft vor. Ich treffe hier unten ganz selten mal jemanden.«
»Uns auch nicht!«
Auf die Besichtigung des Gartens, von dem wir durch die Fensterluke ein paar Grashalme gesehen hatten, verzichteten wir. Ebenso auf die Erkundung jener Dachgeschoßwohnung in unverbaubarer Hanglage mit Blick über die Stadt. Als Nicki die zirka neunzig Stufen bis zum tiefergelegenen Parkplatz sah, war sie bedient.
»Stellt euch das bloß mal im Winter bei Schnee und
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