Werden sie denn nie erwachsen?
keiner redet mir rein, klar?«
Aber bitte, gern. Schließlich hatte er das gelernt.
»Ich brauche nur noch ein paar kleine Accessoires, aber die muß ich selber aussuchen. Am Samstag habe ich Zeit, da fahren wir zusammen los, einverstanden?«
Was blieb mir anderes übrig? Wer A sagt, muß bekanntlich auch B sagen, doch wenn ich gewußt hätte, wie B aussieht, hätte ich wahrscheinlich sogar auf A verzichtet.
»Erst mal müssen wir eine graue Tischdecke haben«, sagte mein Sohn, als er sich hinter das Steuer klemmte, »ungefähr drei Meter lang und einsachtzig breit. So etwas hast du doch nicht, oder?«
Ich hatte überhaupt keine Tischdecken für unseren Eßtisch, weil wir Sets benutzen. Riesentücher schon gar nicht. »Bei Partys mit kaltem Büfett nehme ich immer ein Bettlaken, aber das ist dir wohl zu profan?«
Er antwortete überhaupt nicht. Erst nach einer Weile zählte er weiter auf: »Silbernes Deko-Band, ein bißchen was Weihnachtliches und dann natürlich Kerzenständer.«
»Die habe ich«, bremste ich sofort ab, »und zwar in genügender Menge.«
»Ja, ich weiß, deine Keramikleuchter, aber die passen nun wirklich nicht dazu.«
»Ach nein, und woran hast du gedacht?«
»Weiß ich noch nicht, das muß man sehen. Glas vielleicht, wenn dir Silber zu teuer ist.«
»Das ist mir zu teuer, und außerdem muß man es immer putzen. Mir reicht schon die blöde Messinglampe.«
Natürlich gab es in keinem Geschäft eine Tischdecke des von Sascha gewünschten Ausmaßes, und was uns an sogenannten Tafeltüchern vorgelegt wurde, war weiß, rosa und hellblau. Oder mit Blümchen.
»Dann mußt du eben eine nähen lassen!« Er steuerte die Stoffabteilung des Kaufhauses an. Die Länge hätte zwar gestimmt, nur die Breite nicht, das wäre lediglich bei hellgrauer Futterseide der Fall gewesen, und die wiederum wollte Sascha nicht.
»Also doch Bettlaken?«
»So weit sind wir noch lange nicht. Jetzt kaufen wir erst mal Leuchter.«
Die Geschäfte kannte ich alle schon, es waren die mit dem Goldrandporzellan und den Engelkörben. Bereits im dritten fanden wir das nach Saschas Ansicht »genau richtige«. Eine Art überdimensionaler Weingläser, deren lange Stiele hohl waren und mit Wasser gefüllt werden mußten. Wenn später die darin befindlichen Kerzen herunterbrannten, sollte das Wasser entsprechend steigen, so daß zum Schluß die Kerzenstummel immer noch in gleicher Höhe auf der Flüssigkeit schwimmen würden.
Den physikalisch bedingten Vorgang habe ich bis heute nicht kapiert, und geklappt hat die ganze Sache sowieso nicht.
Schon mehrmals hatte ich Sascha auf die Rollen mit silbernem Geschenkband aufmerksam gemacht, das er ja auch noch haben wollte, aber er hatte nur verächtlich abgewinkt. »Doch nicht so was, ich suche ganz etwas anderes.« Was genau, konnte er mir aber nicht sagen.
Wenigstens durfte ich einige künstliche Tannenzweige kaufen, die später in der Mülltonne landeten, weil sie nach Meinung unseres Serviermeisters zu kitschig ausgesehen hätten.
Eine Tischdecke hatten wir noch immer nicht. Nach kurzem Zögern schlug er den Weg zur Hauptpost ein und verzog sich in die Ecke mit den Telefonbüchern. Im Branchenverzeichnis fand er das, was er suchte. »Ich wußte doch, daß wir hier so was haben.«
»So was« entpuppte sich als Spezialgeschäft für Dekoration und Schaufenstergestaltung, irgendwo außerhalb gelegen, sehr groß und sehr voll.
(Weihnachtseinkäufe sind das beste Training für den Winterschlußverkauf!) Wir kämpften uns vorbei an riesigen Christbäumen von Gold bis Lila, Säcken voll versilberter Tannenzapfen, die man selber abwiegen mußte, an kilometerlangen Glitzerketten, alle auf Kabeltrommeln gewickelt (Metermaß daneben) bis hinten zur Stoffabteilung. Und da endlich leuchteten Saschas Augen auf. Er zog einen Ballen Graues aus dem Regal und legte ihn auf den Tisch. »Genau die Farbe, die wir brauchen.«
Als Bezugsstoff für Sitzkissen hätte ich den Stoff akzeptiert, notfalls auch als Übergardine, doch Sascha ließ mich gar nicht erst zu Wort kommen.»Ja, ich weiß, normalerweise hängt das irgendwo im Schaufenster, und davor steht eine Klosettschüssel oder ’ne Puppe im Neglige, aber das ist doch völlig wurscht. Die Farbe paßt, und darauf kommt es an.«
Mir war sowieso schon alles egal, sollte er doch machen, was er wollte. Die Silberfolie fanden wir auch noch. Sie war fünfzehn Zentimeter breit, hatte lauter kleine Löcher und fühlte sich an wie die Rollfilme für
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