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Werden sie denn nie erwachsen?

Werden sie denn nie erwachsen?

Titel: Werden sie denn nie erwachsen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Kaffeetropfen darauf sieht. Himbeermarmelade macht sich ebenfalls gut, und ganz besonders wirkungsvoll sind Tomatenflecken. Die kriegt man nur mit Scheuersand weg.
    Nun hatte ich also eine neue Überraschung zu erwarten und in meinem ungemütlichen Hotelzimmer Zeit genug, darüber nachzudenken.
    Er stand schon in der geöffneten Tür, als ich vor das Haus fuhr, um Koffer, Bücher und Blumenstrauß auszuladen. Aufgeregt trippelte er hin und her und versuchte immer wieder, die erste Treppenstufe hinunterzuspringen, scheute dann aber doch jämmerlich quiekend vor der unüberwindlichen Höhe. Die kleinen Schlappohren wedelten mit dem winzigen Schwänzchen um die Wette.
    »Was ist denn das?«
    »Ein Hund«, sagte Katja.
    »Das sehe ich auch, aber was wird das mal für einer, wenn er fertig ist?« Ich stand noch immer neben der offenen Autotür und starrte auf das Fellbündel. Jetzt hatten mir die Gören doch tatsächlich einen Wauwau aufgehalst.
    »Das ist ein echt bayrischer Rauhhaardackel.« Katja nahm den Kleinen auf den Arm und kam die Treppe herunter. »Ist der nicht süß?«
    Vorsichtig strich ich über sein Köpfchen, und sofort war eine winzige rosa Zunge da, die hingebungsvoll mein Handgelenk abschleckte.
    »Nun nimm ihn doch mal, es ist ja deiner!«
    Als Kind hatte ich mir immer einen Hund gewünscht, doch nie einen bekommen, weil nach Omis Ansicht ein Tier nicht in eine Mietwohnung gehörte. Sie duldete nicht mal einen Vogel. Folglich suchte ich mir einen Leihhund in Gestalt eines Foxterriers, der unserer Hauswartsfrau gehörte und von mir zweimal täglich zum Gassigehen abgeholt wurde. Drei Jahrzehnte später wollten meine eigenen Ableger einen Hund, und diesmal streikte ich
.
Wir besaßen bereits eine ständig wechselnde Anzahl von Goldhamstern (sie richtete sich danach, wie schnell Sven den jeweiligen Nachwuchs wieder los wurde, es fanden sich immer seltener Abnehmer), ferner zwei australische Springmäuse, eine heimatlose Katze, einen zugeflogenen Wellensittich, eine Schildkröte und einen Igel, der bei uns im Keller überwintert und sich später in der Hecke häuslich niedergelassen hatte. Einen Hund brauchten wir wirklich nicht mehr. Die Kinder hatten das eingesehen und sich nun ihrerseits Leihhunde geholt, wobei Steffi es nicht unter einer Dogge machte, während sich die Zwillinge mit einem Beagle begnügten, der immer das Katzenfutter auffraß.
    »Wie heißt er denn? Oder ist er eine Sie?« Das Hundebaby hatte sich inzwischen bis zu meiner Schulter vorgearbeitet und begann mein Ohr abzulecken.
    »Es ist ein Er und heißt Zorro.«
    »Blödsinn!«
    »Kein Blödsinn. Das steht im Stammbuch.«
    »Dann müssen wir ihn eben umtaufen.« Zorro war Tyrene Power, umschwärmter Filmheld der fünfziger Jahre, wie er mit wehendem Umhang und schwarzer Maske auf einem feurigen Rappen über die Leinwand preschte und alle Bösewichter erdolchte, die die armen mexikanischen Bauern drangsalierten. Der Dackelwelpe sah aber gar nicht mutig aus. »Wie alt ist er überhaupt?«
    »Drei Monate.«
    »Ist er wenigstens schon stubenr …«
    Nein, er war es nicht. Als ich die Autotür zuschlug, schreckte er zusammen, und dann lief es auch schon lauwarm über meine Hand. »Iiihhh …«
    »Nun hab dich nicht so!« Katja nahm mir den Hund ab und setzte ihn neben die Birke. »Wir arbeiten ja schon seit zwei Tagen daran.« Offenbar ohne nennenswerten Erfolg, oder wie sonst war der kleine Eimer mit Schwamm und Seifenwasser zu erklären, der direkt neben der Küchentür stand?
    »Wie seid ihr bloß auf die Idee gekommen?« fragte ich eine halbe Stunde später, nachdem die allgemeine Begrüßung beendet war und ich im Sessel vor einer Tasse Kaffee saß. Auf meinen Knien lag Zorro und schlief.
    »Freiwillig gehst du doch nie spazieren«, begann Nicole, »Dabei solltest du dich wirklich ein bißchen mehr bewegen. Immer bloß am Schreibtisch sitzen ist höchst ungesund. Jetzt mußt du laufen! Mindestens dreimal täglich.«
    »Außerdem ist nun immer jemand da, der sich freut, wenn du nach Hause kommst«, argumentierte Katja.
    »Und überhaupt sieht es neuerdings viel zu aufgeräumt bei dir aus. Seitdem wir weg sind, liegt gar nichts mehr rum.«
    »Stimmt!« bestätigte ihr Zwilling. »Hier herrscht eine richtig sterile Atmosphäre.«
    »Ihr spinnt doch alle beide! Ich genieße es nämlich, nicht mehr dauernd über abgestellte Schulmappen zu stolpern, nicht dauernd Kassetten, dreckige Socken, Kaugummipapier und angebissene Mohrrüben

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