Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Werden sie denn nie erwachsen?

Werden sie denn nie erwachsen?

Titel: Werden sie denn nie erwachsen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
Vom Netzwerk:
ihn zweimal aus weiter entfernt liegenden Gärten zurückholen mußte, wo er zum Entsetzen der Eigentümer die Blumenbeete durchgepflügt hatte, zäunten wir unseren Garten ein. Bisher hatte die Hecke genügt, jetzt genügte sie nicht mehr. Kostenpunkt: Mehrere hundert Mark. Kurze Zeit später schlossen wir eine Haftpflichtversicherung ab. Die Hose vom Briefträger war nicht ganz billig gewesen. Dann mußten Rolfs Schonbezüge in die Reinigung; Otto hatte das Autofahren nicht vertragen.
    Ich habe zwar nie herausbekommen, welchen Betrag die drei Mädchen für Otto hingeblättert haben, doch die Folgekosten hatten schon nach einem Vierteljahr mindestens die doppelte Höhe erreicht. Otto brauchte ein größeres Körbchen, Otto brauchte eine Wurmkur und Spritzen vom Tierarzt. Otto mußte Steuern zahlen, und vor allen Dingen mußte Otto fressen. Wie bei allen Noch-Teenies gehörte seinerzeit die Fernsehwerbung mit zum Lieblingsprogramm der Zwillinge, nur hatten sie sich bis dato mehr für Mode und Pickelbeseitigungsprodukte interessiert. Jetzt wandten sie ihre Aufmerksamkeit den Erzeugnissen der Hundefutterhersteller zu.
    »Hast du ihm schon mal die kleinen Lieblingsknochen gegeben?« wollte Katja wissen, während Nicole darauf bestand, ich müsse beim nächsten Einkauf unbedingt das neue Blechbüchsenfutter mitbringen und dürfe auch nicht vergessen, den Petersilienstengel an den Rand vom Freßnapf zu legen. Bald wußte ich genau, was Kauknochen kosten und Hundeschokolade, hatte aber nur noch eine ungefähre Vorstellung von den Preisen für Makkaroni und Filtertüten. Sogar Rolf beschwerte sich.
    Der Inhalt von Ottos Fach im Küchenschrank enthalte ein größeres Sortiment als die Süßigkeitenschublade im Wohnzimmer. Als ich mich wieder einmal mit dem Büchsenöffner herumquälte, meinte er nur kopfschüttelnd:
    »Unsere Dackel haben immer das gekriegt, was vom Mittagessen übriggeblieben war. Mir wäre im Traum nicht eingefallen, daß man mal eine Konservendose aufmachen muß, um einen Hund zu füttern.«
    Noch immer war Otto nicht zu bewegen, wie ein ordentlicher Hund an der Leine zu laufen. Zog ich nur das betreffende Schubfach auf, verschwand er unter irgendeinem Möbel, und hatte ich ihn dort endlich hervorgezerrt, ließ er sich auf den Bauch fallen, streckte alle viere von sich und sah mich mit herzerweichendem Blick an.
    »Setz ihn doch mal auf unser altes Skateboard und zieh ihn hinterher«, empfahl Katja. »Wenn ihm das zu albern wird, springt er von ganz allein runter.« Vielleicht hätte er das wirklich getan, aber ich kriegte ihn erst gar nicht auf das Ding rauf.
    Ich holte Max, der beim Anblick seiner eigenen Leine jedesmal vor Freude wie ein Gummiball auf und ab hüpfte, und hielt ihn meinem Angsthasen als lobendes Beispiel vor Augen. Otto hob nur den Kopf, beäugte seinen Kumpan und legte sich wieder platt.
    Vielleicht gefällt ihm die Farbe nicht, dachte ich im stillen, ich mag ja auch kein Grün, kaufte eine leuchtendrote Leine und erntete nur einen verachtungsvollen Blick. Auf Rot stand er also auch nicht.
    Schließlich rief ich Stefanie an. »Wie hast du deinen Hund an die Leine gekriegt?«
    Sie lachte laut los. »Will Otto nicht? Jojo wollte auch nicht, da habe ich ihn mit Wurstscheiben geködert. Alle fünf Meter eine.«
    Auf die Idee hätte ich wirklich selbst kommen können!
    Zuerst versuchte ich es mit Geflügelaufschnitt. Ich hielt ihm ein Stückchen als Anreiz vor die Nase, doch Otto schnupperte nur kurz und drehte den Kopf zur Seite.
    Verständlich, er brauchte ja noch nicht die Kalorien zu zählen.
    Vom nächsten Einkauf brachte ich Rindersalami mit.
    Damit kriegte ich ihn wenigstens auf die Beine. Unter den Arm geklemmt, die drei Stufen hinuntergetragen, auf den Boden gesetzt, Leine am Halsband befestigt. Sofort lag Otto da wie ein gestrandeter Seehund. Zwei Meter vor seine Nase legte ich eine Scheibe Wurst. Er schnüffelte, stellte sich auf seine Pfoten, spürte die Leine, ließ sich wieder fallen und – robbte bäuchlings vorwärts. Nach der fünften Wurstscheibe gab ich auf. Otto hatte tatsächlich die ganze Strecke kriechend zurückgelegt.
    Der Tierarzt schüttelte nur den Kopf, als ich ihm meinen Problemfall auf den Tisch setzte und seine genaue Untersuchung forderte. »Vielleicht hat er Rheuma oder Arthritis oder irgendein seelisches Trauma. Ich kenne mich doch mit Hunden nicht aus, das hier ist mein erster.«
    »Der Bursche ist kerngesund, dem fehlt überhaupt nichts«, sagte der

Weitere Kostenlose Bücher