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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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reinem Stroh mit Linnendecken darüber – alle Fenster stehen offen, ein Luftmeer strömt aus und ein, er geht zu Hause in eben so losen, leinenen Kleidern, wie sein Freund, der kleine Doktor, der ihm den Rat wegen dem Bade gegeben hatte, und er verwaltet sein Besitztum wie ebenfalls der kleine Doktor.
    Dieser Doktor, der sich für sein Leben ein Rezept gemacht hatte, hauset nun schon mehrere Jahre in der Nähe von Tiburius, wohin er alle seine Pflanzen und Glashäuser wegen der bessern Luft und anderer gedeihlicherer Verhältnisse übergesiedelt hatte. Da ihm die Sache von Tiburius' Heirat zu Ohren gekommen war, soll er unbeschreiblich lustig gelacht haben. Er achtet und liebt seinen Nachbar ungemein, und obwohl er ihn damals gleich nach kurzer Bekanntschaft Tiburius genannt hatte, so tut er es jetzt nicht mehr, sondern sagt immer: »Mein Freund Theodor.«
    Auch seine Gattin, die dem Herrn Tiburius zur Zeit seiner Narrheit besonders gram gewesen war, schätzt und achtet ihn jetzt bedeutend: Maria aber wird von ihr auf das herzlichste und innigste geliebt, und liebt sie wieder.
    Mit dem treuen, reinen Verstande, der dem Erdbeermädchen eigen gewesen war, fand sie sich schnell in ihr Verhältnis, daß man sie in ihm geboren erachtete, und mit ihrer naiven, klaren Kraft, dem Erbteile des Waldes, ist ihr Hauswesen blank, lachend und heiter geworden, wie ein Werk aus einem einzigen, schönen und untadelhaften Gusse.
    Tiburius ist nicht der erste, der sein Weib aus dem Bauernstande genommen hatte, aber nicht alle mochten so gut gefahren sein wie er. Ich habe selbst einen gekannt, dem sein Weib alles auf ihren lieben, schönen, ländlichen Körper verschwendete.
    Der Vater Marias, weil es ihm in dem leeren Muldenhäuschen zu langweilig geworden war, lebt bei seinen Kindern, wo er in dem Stübchen die Uhr hat, welche sonst in der Stube seines Wohnhauses gehangen war.
    So wäre nun bis hieher die Geschichte von dem Waldsteige aus. – Zuletzt folgt eine Bitte: Herr Theodor Kneigt möge mir verzeihen, daß ich ihn immer schon wieder Tiburius geheißen habe; Theodor ist mir nicht so geläufig und gegenwärtig wie der gute, liebe Tiburius, der mich damals so furchtbar angeschnaubt hatte, als ich sagte: »Aber Tiburius, du bist ja der gründlichste Narr und Grillenreiter, den es je auf der Erde gegeben hat.«
    Habe ich nicht recht gehabt?
     
    Nachschrift.
In dem Augenblicke, da ich dieses schreibe, geht mir die Nachricht zu, daß der einzige Kummer, das einzige Übel, der einzige Harm, der die Ehe Marias und Tiburius' getrübt hat, gehoben ist – es wurde ihm nämlich sein erstes Kind, ein lustiger, schreiender Knabe, geboren.

Zwei Schwestern

1. Einleitung
    Wir legen in folgenden Blättern nicht sowohl eine einfache Geschichte, wie wir sie in diesen Büchern gerne er zählt haben, als vielmehr noch weniger dar, nämlich bloß den Zustand einer Familie, wie er aus mehreren uns unbekannten Veranlassungen, hauptsächlich aber aus der großen innern Grundverschiedenheit zweier Schwestern, der einzigen Kinder des Hauses, hervor gegangen ist.
    Wenn wir auch denjenigen, die gerne viel Tatsächliches und Geschehenes lesen, nicht genug tun können, so glauben wir doch, daß mancher Seelen- und Menschenforscher, wenn er am Ende dieser Blätter angekommen ist, sie nicht ohne eine kleine Teilnahme weglegen wird. Uns hat es einst ein sanftes, fast trauriges Gefühl erregt, als uns ein Freund die lückenhafte Tatsache, wie sie war, und ohne auf Verzierungen und Ausschmückungen auszugehen, erzählt hat. Die Teilnahme war um so größer, als dieser Freund selber in seiner Jugend eine einseitige Bildung seiner Geisteskräfte erhalten hatte, wodurch er in der Folge viel leiden mußte, als er ferner manchen unverdienten Schmerz und manche Täuschung erfuhr, und als er auch von dieser Familie eine Umdüsterung seiner Seele fort trug, die er wohl durch die Stärke und Heiterkeit seines Geistes, welche er sich in späteren Jahren erwarb, überwunden haben wird. Wir erzählen die Tatsache mit den Worten unseres Freundes, obgleich wir als Nacherzähler auf die Frische und Ursprünglichkeit verzichten müssen, die ihm, der die Sache erlebte, eigen war, und wir überhaupt nicht die Lebendigkeit der Darstellung besitzen wie unser Freund, der aber mit vielen sehr wohlbegabten Menschen die eigentümliche Sucht teilet, nie etwas Geschriebenes von sich geben zu wollen.
    Nach diesen einbegleitenden Worten folge die Sache.

2. Reisefreunde
    Wir fuhren

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