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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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sie.
    »Der Herr Roderer,« sagte ich, »der Herr Roderer? Nun Roderer heiße auch ich.«
    »Ihr heißt Roderer, lieber Herr?« entgegnete die Wirtin. »Nun, dann muß das ein anderer Roderer sein, und es gibt mehrere. Bei uns sind viele Meier, Bauer, Schmid.«
    »So, Meier, Bauer, Schmid,« sagte ich, »diese gemeinen Dinge; aber Roderer! Und wer ist er denn, wenn er der Herr Roderer ist?«
    »Der reiche Mann«, sagte sie.
    »Der reiche Mann,« entgegnete ich, »der mit seinem unbilligen Reichtum das Moor austrocknen will?«
    »Ja, der die Steine in das Moor wirft«, antwortete sie. »Seit er uns im vorvorigen Herbste nach dem großen Hagelschlage das Wintersaatkorn geschenkt hat, kommt er immer herauf. Wir nehmen aus Erkenntlichkeit das Bier aus seinem Bräuhause, das er in der oberen Lüpf an dem Hasenhange gebaut hat, und da scheint es mir, daß er heraufkommt, das Bier zu kosten, ob wir es nicht verfälschen. Nun, Gott sei Dank, wir haben keine Ursache, etwas zu verfälschen. Er trinkt immer nur ein einziges Glas, nicht mehr und nicht weniger, dann bezahlt er es und geht. Oft kommt er alle Tage herauf, er hat ein eigenes geschliffenes Deckelglas für sich herauf gestiftet. An dem Willigitter wartet sein Wagen, und er fährt dann nach Lüpfing und in sein Schloß Firnberg. Er sitzt in der Wärme immer an dem Apfelbaume, und wenn es kalt ist, kommt er gar nicht. Er hat Euch gewiß angeredet, er redet alle Leute an.«
    »Er hat mich angeredet – und woher ist dann der Herr Roderer gekommen?« sagte ich.
    »Er ist weit her gekommen,« antwortete die Wirtin, »mit seiner Frau und mit seinem Sohne und mit seiner Tochter ist er von Holland, oder von Spanien gekommen, und hat das Schloß gekauft, und hat einen Forstmeister, und hat einen Verwalter, und hat einen Braumeister, und hat einen Gärtner. Dem Zugerhäusler hat er gar kein Geld gegeben, als er abgebrannt ist, und hat sich dann in den Aufbau gemischt, und hat ihm dann einen Dachstuhl setzen lassen, um das Bauholz weg zu bringen, das er hinter dem Schlosse aufgehäuft hatte. Es liegt noch ein Teil da; aber es brennt jetzt niemand ab. Wir haben ihn Herr Baron heißen wollen, weil es sich so schickt, aber er hat es nicht geduldet. Im Frankwalde läßt er Fichtenbretter schneiden, und unten, wo der Letten ist, wirft er Gräben auf, damit Holz wachsen soll, wo nur Huflattig fortkommt und weiße Wasserblumen. Er kleidet sich nicht nach seinem Stande, und geht schlicht daher. In Lüpfing, will er, sollen alle kranken Armen in ein einziges Haus kommen, wohin er Suppe und Arzneien schicken will. In Kiring draußen hat er eine Mühle im Trocknen mit einem Kirchturme. Sein Sohn ist jetzt gar nicht da, er will die Maschinen lernen, und ist nach Engelland gefahren. Morgen wird es noch wärmer als heute, da kommt er gewiß wieder heraus, Ihr könnt mit ihm reden, vielleicht kauft er Euch die vielen Risse ab, die Ihr von dem Moore macht, er kann sie etwa gut brauchen.«
    »Es ist schon recht, Frau Wirtin,« sagte ich, »morgen bringt Ihr mir, ehe der Tag graut, meine warme Milch hinauf mit dem weißen Brote, und legt noch ein Stock Brod dazu, das ich mitnehme, ich komme den ganzen Tag nicht nach Hause. Auf Abend bratet Ihr mir zum Mittagmahle ein Huhn oder eine Ente.«
    »Ein Huhn ist nicht möglich,« sagte die Wirtin, »wir brauchen alle vorhandenen zum Eierlegen, aber eine Ente bekommt Ihr von der letzten Zucht, und weil die Rosenäpfel bis in den Frühling gedauert haben, stecke ich einen hinein.«
    »Es ist gut,« sagte ich, »und jetzt gehe ich schlafen.«
    »Glückliche Ruh'«, entgegnete die Wirtin und knixte.
    Ich ging die Treppe zu meiner Stube empor. Droben dachte ich: ›Es wäre doch entsetzlich närrisch, wenn dieser reiche Roderer – nun, wie reich, weiß man doch nicht – auch noch ein Roderer zu unserem Geschlechte wäre; wenn sein Herr Sohn mein Herr Vetter, und sein Fräulein Tochter mein Fräulein Muhme wäre! Dann wären ja doch‹, dachte ich, ›die Roderer ausgedehnt genug. Ich muß es der Großmutter hinterbringen, die hat Freude am Forschen.‹
    Der nächste Morgen stieg ohne ein Wölklein an dem Himmel herauf. Da kaum die Sterne erblaßt waren, kam meine gewissenhafte Wirtin mit der warmen Milch und den Broten herauf. Ich war schon angekleidet und aß schnell, was für den Morgen bestimmt war. Das Brod, die Nahrung des Tages, steckte ich in die Tasche, dann sah ich noch einmal die zwei Blätter an, die ich schon von Moorstellen entworfen und

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